Analyse: Dieter Wellershoffs Kurzgeschichte "Die Frau des Lehrers"

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Inhaltszusammenfassung und thematischer Kern

Die 1986 von Dieter Wellershoff geschriebene Kurzgeschichte "Die Frau des Lehrers" handelt vom Besuch einer Lehrerin bei ihrem schwerkranken Mann im Krankenhaus, der nicht sprechen kann. Sie thematisiert die Herausforderungen einer Beziehung unter extremen Bedingungen und die Suche nach Hoffnung.

Struktur und Erzählweise

Die Kurzgeschichte ist in sieben Abschnitte unterteilt. Wie viele Kurzgeschichten beginnt sie mit einem direkten Einstieg, der die Aufmerksamkeit der Leser sofort auf das zentrale Problem lenkt, und endet mit einem offenen Schluss (Pointe).

Abschnittsgliederung (Beispiele)

  • Abschnitt 1 (Z. 1-24)
  • Abschnitt 2 (Z. 25-36)
  • Abschnitt 3 (Z. 37-56)
  • Abschnitt 4 (Z. 57-69)
  • Abschnitt 5 (Z. 70-80)

Erzählzeit, Erzähltempo und Schauplatz

Die Kurzgeschichte wird chronologisch erzählt. Die Handlung erstreckt sich über einige Stunden, und das Erzähltempo ist langsam und monoton, was die aussichtslose Situation des Mannes widerspiegelt. Zudem verfolgt der Leser die Gedanken der Hauptfiguren zeitgleich, wodurch er die Krankheit des Mannes quasi miterlebt.

Die gesamte Handlung spielt sich im Krankenhauszimmer ab. Dieser statische Schauplatz könnte den Alltagstrott des Mannes und seine unvermeidliche Zukunft im Krankenhaus symbolisieren, da er schwer krank ist.

Charakteranalyse: Der Kranke und die Lehrerin

Der schwerkranke Mann: Zustand und Symbolik

Der Kranke, eine der beiden Hauptfiguren, wird zuerst vorgestellt. Er leidet sichtlich unter den Folgen seiner schweren Krankheit – augenscheinlich eines Schlaganfalls. Starr und regungslos sitzt er im Krankenzimmer. Die Darstellung wirkt dabei nicht überzeichnet; der Leser gewinnt den Eindruck, dass sie realen Verhältnissen entspricht. Nur ein Wort dringt aus ihm hervor: Dieses Wort ist das Schlüsselwort des Textes. An dieses Wort klammert sich die Hoffnung der Frau, dass ihr Partner das Sprechen wieder erlernen könnte.

Auffällig ist, dass der Mann vor der Krankheit kein gutes Verhalten gegenüber seiner Frau zeigte. Er hatte sie immer verlassen und floh vor ihrer Liebe (Z. 30). Im Krankenhaus scheint er leblos und gefühllos zu sein, als ob er die Unglücklichkeit seiner Frau nicht bemerkt (Z. 25-30) und sich nicht bewegt.

Die Lehrerin: Hoffnung und Hingabe

Die Frau arbeitet als Lehrerin und wurde von ihrem Mann vor der Krankheit nicht beachtet. Trotzdem kümmert sie sich jetzt um ihren Mann, obwohl er krank ist. Als sie von ihrem Mann das Wort „bleibe“ hört, denkt sie, dass sie eine neue Chance hat, mit ihrem Mann zusammen zu sein. Deswegen ist sie sehr hoffnungsvoll dargestellt.

Die komplexe Beziehung des Paares

Die Beziehung zwischen beiden ist kalt, geprägt von Kommunikationsproblemen. Zudem hatten sie vor der Krankheit keine entsprechende Liebe. Trotzdem scheint es Hoffnung auf eine Verbesserung zu geben. Die Frau zeigt mehrmals ihre Liebe zu ihm, und ihr Mann zeigt zumindest eine Zuneigung. Sie lässt ihn zudem nicht im Stich.

Erzählperspektive und sprachliche Gestaltung

Erzählperspektive und Wirkung

Die Kurzgeschichte ist in der Er/Sie-Form verfasst. Die personale Erzählperspektive bindet den Leser in die Geschichte ein, sodass er die Gefühle und Gedanken der Hauptfiguren miterlebt, zum Beispiel, was die Frau über ihren Mann denkt. Durch die direkte Rede (z.B. Z. 70-80) werden die Handlungen realistischer dargestellt, wodurch der Leser Mitleid mit dem Mann empfinden könnte, da er sich die Situation bildlich vorstellen kann.

Sprachliche Gestaltung und Stilmittel

Die Sprache der Kurzgeschichte ist nüchtern und alltagssprachlich. Kurze, aneinandergereihte Sätze verfolgen die Handlungen der beiden Hauptfiguren. Der hypotaktische Satzbau ist dominant und hebt die Gedanken der Frau hervor, wodurch die Angespanntheit der Situation betont wird. Auffällig sind die vielen Adjektive, die den Mann sehr detailliert beschreiben, sodass der Leser erneut Mitleid empfinden könnte (Z. 5-24).

Fazit

Dieter Wellershoffs Kurzgeschichte "Die Frau des Lehrers" bietet eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Themen wie Krankheit, Hoffnung und der Komplexität menschlicher Beziehungen. Durch ihre präzise Erzählweise und den gezielten Einsatz sprachlicher Mittel ermöglicht sie dem Leser einen intensiven Einblick in die emotionale Welt der Protagonisten.

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