Analyse einer Romanszene: Humor und Kritik am DDR-Alltag

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Zusammenfassung der Romanszene

Der Roman von Thomas Brussig handelt vom Leben in der DDR. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Jungen namens Micha und seinen Bemühungen, ein schönes Mädchen zu erobern. Brussig flicht alltägliche Anekdoten aus der Zeit der DDR in die Handlung ein. In dem vorliegenden Szenenausschnitt wird die Anekdote beschrieben, in der Mario und seine Ex-Freundin unter schwierigen Umständen ein Kind bekommen.

Dieser Ausschnitt beginnt mit Michas Tagebuchgedanken darüber, wie sich die Intellektuellen damals fühlten. Der Autor erzählt, wie Mario, Michas Freund, und seine Ex-Freundin mehrere heikle Situationen erleben, bevor sie das Krankenhaus erreichen. Schließlich bekommen sie das Kind mit der Hilfe eines Russen im Auto. Am Ende dieses Szenenausschnitts, der auch dem Ende des Romans entspricht, macht sich der Erzähler Gedanken über die damalige Zeit und die Erinnerungen, die die Menschen behalten.

Einordnung in den Gesamtkontext

Für das Verständnis dieser Szene ist es wichtig, sie mit zuvor geschehenen Ereignissen zu verknüpfen. Der Grund, warum Micha schließlich ein Tagebuch führte, steht im Zusammenhang mit seinem Willen, Miriam zu erobern. Als Miriam sich apathisch fühlte, wollte Micha ihr mit einer Idee helfen. Er erfand, dass er sich manchmal auch so fühle und deshalb Tagebuch führe, damit sie sich vielleicht besser fühlen würde. Da es aber nicht stimmte, dass Micha Tagebuch führte, sah er sich gezwungen, während der Nacht eines zu schreiben. Weil ein einziges Tagebuch nicht überzeugend genug gewesen wäre, schrieb er gleich mehrere.

Auch das Ereignis, dass die Ex-Freundin und Mario ein Kind erwarteten, ist für diesen Ausschnitt wichtig. Denn Mario war von der Schule und aus seinem Elternhaus rausgeschmissen worden und musste sich daraufhin eine Arbeit suchen.

Literarische Analyse der Szene

Erzählperspektive und Stil

In diesem Extrakt verwendet der Autor einen auktorialen Erzähler in der dritten Person. Dieser kennt die Gedanken und Gefühle seiner Figuren: „Das Kind wurd'“ (S. 154), „Für solche“ (S. 154-155), „Mario fühlte“ (S. 155). Aus dieser Perspektive erhält der Leser mehr Informationen über die Figuren. Am Ende der Szene fügt der Erzähler eine kurze Reflexion hinzu.

Als der Erzähler jedoch zitiert, was Micha in sein Tagebuch schrieb, ändert sich die Erzählperspektive zu einer Ich-Perspektive, in der aus Michas Sicht erzählt wird. Auf Seite 153 („was nicht so“) nutzt der Autor zudem eine personale Erzählperspektive, indem er Marios Meinung zur Fahrschule wiedergibt.

Der Erzählstil ist oft identifizierend. Ein klares Beispiel hierfür ist, als der Erzähler den Russen auf Seite 156 als „Wunderrusse“ bezeichnet oder die Situation mit „Im Trabi“ (S. 154) kommentiert. Auf Seite 156 wechselt er jedoch zu einem distanzierten Erzählstil, um über Mario zu berichten.

Humor, Ironie und Gesellschaftskritik

In dieser Szene überwiegt ein humoristischer Ton. Die gesamte Situation der Geburt des Babys wird humorvoll beschrieben. In der direkten Rede werden Ironie und Sarkasmus verwendet, die den humoristischen und kritischen Ton verstärken:

  • „Nein.“ (S. 154)
  • „Wie kann“ (S. 153)
  • „Sogar der“ (S. 154)
  • „wenn deine“ (S. 155)

Auch Micha verwendet in seinem Tagebucheintrag einen humorvollen, ironischen Ton, wobei er umgangssprachliche Ausdrücke anwendet: „es war ... unterm Arsch“, „sowas von“, „Mein Gott“ (S. 153).

Auf indirekte Weise kritisiert der Autor die Missstände in der DDR, wie die schlechte Transportversorgung („Schwarztaxi“) und das niedrige Einkommen. Er kritisiert auch, dass es keine Telefone gab, als die werdende Mutter in den Wehen lag.

Satirische Mittel und Übertreibung

Der Autor verwendet verschiedene satirische Mittel, was zu einem humoristischen und ironischen Ton beiträgt. Es überwiegt die Übertreibung, zum Beispiel auf Seite 155, als er die Ex-Freundin während der Wehen beschreibt, wie sie in den „knatternden Infekt“ (den Trabi) einsteigen musste, wie elend sie im Auto lag und wie Mario andere überholte. Auch Vergleiche werden eingesetzt:

  • „es goss“ (um den starken Regen zu beschreiben)
  • „im Trabi“ (um zu verdeutlichen, wie unpassend ein Auto für eine Geburt ist)

Die Situation mit dem „Wunderrussen“ scheint fantasievoll zu sein: Er stoppte den Regen, als ob er Gott wäre, bringt das Neugeborene auf die Welt und repariert das Auto, als ob er Wunder vollbringen könnte. Diese Situationen scheinen erfunden zu sein, aber ihre Unechtheit macht sie humorvoll und vor allem satirisch. Außerdem beschreibt der Erzähler, dass der „Wunderrusse“ ein Muttermal auf der Stirn hatte, was den Lesern den Eindruck vermittelt, dass es sich um Gorbatschow handelte. Es könnte ein Zusammenhang bestehen zwischen dem Ereignis, in dem Gorbatschow bei der Geburt eines Kindes mithilft, und dem, was er in Russland tat, indem er ein neues politisches System einführte.

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