Aristoteles' Philosophie: Realismus, Metaphysik und Ethik

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Aristotelischer Realismus: Eine Einführung

Aristoteles wurde 384 v. Chr. in Stagira, Makedonien, als Sohn eines Arztes geboren, was seine spätere experimentelle Herangehensweise beeinflusste. Er studierte an Platons Akademie in Athen, erkannte jedoch bald, dass seine eigenen Theorien nicht mit denen Platons übereinstimmten.

Aristoteles gründete später seine eigene Schule, das Lykeion. Er war auch der Lehrer Alexanders des Großen.

Aristoteles' Kritik an Platons Ideenlehre

  • Aristoteles argumentierte, dass Platons Theorien reine Spekulationen seien, da sie nicht empirisch bewiesen werden könnten.
  • Er vertrat die Ansicht, dass das Wesen der Dinge nicht von den Dingen selbst getrennt existieren dürfe, im Gegensatz zu Platons Annahme einer separaten Ideenwelt.
  • Platon versuchte, die Realität zu erklären, doch da er die ständige Veränderung der Wirklichkeit wahrnahm, suchte er nach unveränderlichen Modellen (Ideen).
  • Aristoteles kritisierte, dass Platons Ideenlehre eine unnötige Verdopplung der Welt darstelle, die die Dinge nur verwirre.

Die Hylemorphismus-Lehre: Materie und Form

Aristoteles formulierte eine Theorie, um zu erklären, wie die Dinge oder Substanzen in unserer Welt beschaffen sind.

Für Aristoteles bestehen die Dinge aus zwei konstitutiven Prinzipien: Materie und Form. Diese werden durch vier weitere Ursachen erklärt.

  • Materie: Das neutrale, undifferenzierte und nicht-rationale Element, das als Substrat der Dinge dient. Es ist vergleichbar mit dem, was Platon als die materielle Welt ansah.
  • Form: Die universelle Struktur, die Individuen derselben Art oder Klasse gemeinsam haben. Die Form ist die Grundlage jeder wissenschaftlichen Erkenntnis und entspricht in gewisser Weise Platons Ideen der idealen Welt.

Beispiel: Ein Tisch. Das Holz wäre die Materie, während die Form die Idee des Tisches ist, die ihn von einem Stuhl unterscheidet.

Potenz und Akt: Die Dynamik der Veränderung

Das Zusammenspiel von Potenz (Möglichkeit) und Akt (Wirklichkeit) ermöglicht Veränderung. Die Welt befindet sich in ständiger Dynamik, und jede Veränderung ist eine Verwirklichung von Potenz.

  • Potenz (Möglichkeit): Die Fähigkeit einer Substanz, eine bestimmte Form anzunehmen oder auf eine bestimmte Weise zu sein. Zum Beispiel ist Holz potenziell ein Tisch, eine Bank oder ein Stuhl.
  • Akt (Wirklichkeit): Der Zustand, den eine Substanz annimmt, wenn ihre Potenz verwirklicht wird. Es ist das Ergebnis einer Verwirklichung von Potenz.

Die Vier Ursachen der Dinge

Jede Veränderung oder Entstehung eines Dinges lässt sich auf vier verschiedene Ursachen zurückführen:

  • Materielle Ursache: Das, woraus etwas gemacht wird (der Rohstoff).
  • Formale Ursache: Die wesentlichen Eigenschaften oder die Struktur eines Dinges; seine Idee oder sein Modell.
  • Wirkursache (Effiziente Ursache): Das, was die Veränderung oder Entstehung bewirkt; der äußere Anstoß.
  • Zweckursache (Finale Ursache): Das Ziel oder der Zweck, zu dem etwas existiert oder verändert wird.

Beispiel: Eine Zeus-Skulptur.

  • Materielle Ursache: Der Marmor, aus dem sie gefertigt ist.
  • Formale Ursache: Die Idee oder das Modell des Zeus, nach dem der Künstler gearbeitet hat.
  • Wirkursache: Der Bildhauer, der die Skulptur erschafft.
  • Zweckursache: Das Ziel, den Gott Zeus zu ehren oder zu verehren.

Die Vier Arten der Veränderung

Nach Aristoteles lassen sich vier grundlegende Arten von Veränderungen unterscheiden:

  • Substanzielle Veränderung (Entstehung und Vergehen): Wenn eine Substanz entsteht oder vergeht. Beispiel: Eine Pflanze wird geboren oder zersetzt sich.
  • Qualitative Veränderung (Veränderung der Eigenschaft): Beispiel: Ein Blatt verfärbt sich von grün zu gelb.
  • Quantitative Veränderung (Veränderung der Größe): Beispiel: Eine Pflanze wächst.
  • Lokale Veränderung (Ortsveränderung): Beispiel: Ein Stein fällt zu Boden.

Ethik und Politik: Das Streben nach Glückseligkeit

Nach Aristoteles strebt der Mensch von Natur aus nach Glückseligkeit (Eudaimonia), die er als das höchste Gut ansieht. Wahre Glückseligkeit wird nicht durch materielle Güter erreicht, sondern durch die Entfaltung der Vernunft und die Verwirklichung der menschlichen Natur.

Die Tugendlehre

Aristoteles unterscheidet zwischen:

  • Dianoetischen Tugenden (Verstandestugenden): Diese beziehen sich auf die Fähigkeit, Dinge zu verstehen und zu erkennen. Die wichtigsten dianoetischen Tugenden sind Weisheit (Sophia) und Klugheit (Phronesis).
  • Ethischen Tugenden (Charaktertugenden): Diese betreffen das Handeln und den Charakter. Sie sind "Gewohnheiten des Handelns zur Stärkung der moralischen Tugend".

Die ethische Tugend ist nach Aristoteles stets ein Mittelweg zwischen zwei schlechten Extremen (Lastern). Beispiel: Mut ist der Mittelweg zwischen Feigheit und Tollkühnheit.

In manchen Situationen ist es jedoch schwierig, den richtigen Mittelweg zu finden, der nach Aristoteles der beste Weg ist.

Gerechtigkeit und der Staat

Gerechtigkeit: Der Staat sollte Gerechtigkeit als die höchste Form des sozialen Zusammenlebens fördern.

Der ideale Staat: Im Gegensatz zu Platon, der einen aristokratischen Idealstaat favorisierte, suchte Aristoteles nach einer praktikableren Staatsform.

Formen der Regierung: Aristoteles lehnte die Vorstellung eines einzigen idealen Staates ab und suchte stattdessen nach einem Mittelweg zwischen Demokratie und Oligarchie. Die Staatsgewalt muss zum Wohle der Bürger ausgeübt werden. Die Verfassung einer Polis sollte stets im Einklang mit dem historischen Charakter und den spezifischen Bedingungen der jeweiligen Stadt stehen.

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