Arten des radioaktiven Zerfalls
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Alpha-Zerfall (α)
Bei radioaktiven Nukliden mit sehr großer Ordnungszahl (> 82) tritt oft ein Zerfall unter Emission eines Alpha-Teilchens (α) auf. Durch die hohe Anzahl an Protonen übersteigt die Coulomb-Abstoßung die nuklearen Kräfte. Der instabile Atomkern emittiert daher ein Teilchen, das aus zwei Protonen und zwei Neutronen besteht (ein Heliumkern). Die Ordnungszahl (Z = Anzahl der Protonen) sinkt dabei um zwei und die Massenzahl um vier.
Die Zerfallsenergie (Q) ist die Energie, die bei diesem Prozess freigesetzt wird. Q entspricht der Massendifferenz zwischen dem Mutterkern und dem Tochterkern plus dem Alpha-Teilchen. Diese Energie Q erscheint als kinetische Energie des Alpha-Teilchens und des Tochterkerns. Alpha-Teilchen haben typischerweise Energien im Bereich von 5 bis 10 MeV.
Aufgrund ihrer hohen Masse und der hohen Geschwindigkeit (ca. 107 m/s) verlieren Alpha-Teilchen beim Auftreffen auf Materie sehr schnell ihre Energie, indem sie Atome ionisieren. Sie werden daher sehr schnell abgebremst und bereits nach wenigen Zentern in Luft oder Wasser (wenige Tausendstel Millimeter) gestoppt. Im menschlichen Körper dringen sie nicht durch die Haut. Sie werden vollständig von einem 0,1 mm dicken Aluminiumblatt oder einem einzelnen Blatt Papier absorbiert.
Beta-Minus-Zerfall (ß⁻)
Radionuklide mit einem Überschuss an Neutronen oder einem zu hohen N/P-Verhältnis (Neutronen zu Protonen) zerfallen oft, um dieses Verhältnis zu reduzieren und Stabilität zu erreichen. Beim Beta-Minus-Zerfall wandelt sich ein Neutron im Kern in ein Proton um, wobei ein Elektron (ß⁻-Teilchen) und ein Antineutrino emittiert werden.
Die Zerfallsenergie (Q) stammt aus der Massendifferenz zwischen dem Mutterkern und den Produkten (Tochterkern, Elektron, Antineutrino). Q wird zwischen dem emittierten Elektron und dem Antineutrino aufgeteilt, was zu einem kontinuierlichen Energiespektrum für die Beta-Teilchen führt. Die Energie des Tochterkerns ist aufgrund seiner viel größeren Masse vernachlässigbar. Das Antineutrino hat keine Ladung und fast keine Masse, ist schwer nachzuweisen und seine Existenz wurde ursprünglich nur indirekt über den Energieerhaltungssatz postuliert.
Beta-Plus-Zerfall (ß⁺)
Wenn das N/P-Verhältnis kleiner ist als das der stabilen Kerne (d.h., ein Überschuss an Protonen), kann der Kern Stabilität durch Erhöhung des N/P-Verhältnisses erreichen. Beim Beta-Plus-Zerfall wandelt sich ein Proton im Kern in ein Neutron um, wobei ein Positron (ß⁺-Teilchen) und ein Neutrino emittiert werden.
Ähnlich wie beim Beta-Minus-Zerfall wird die Zerfallsenergie (Q) hauptsächlich vom emittierten Positron und dem Neutrino getragen, was ebenfalls zu einem kontinuierlichen Energiespektrum führt. Beta-Plus-Zerfall tritt nur auf, wenn die Massendifferenz zwischen Mutter- und Tochterkern größer als 1,02 MeV ist (entspricht der Ruhemasse von Elektron und Positron zusammen).
Das emittierte Positron ist instabil und kombiniert sich schnell mit einem Elektron aus der Umgebung. Bei dieser Annihilation werden die Massen beider Teilchen vollständig in Energie umgewandelt, was zur Emission von zwei Gamma-Photonen mit jeweils 0,51 MeV Energie führt, die in entgegengesetzte Richtungen fliegen.
Beta-Teilchen (sowohl ß⁻ als auch ß⁺) haben eine geringere Masse als Alpha-Teilchen und dringen daher weiter in Materie ein. Sie werden typischerweise von einer 0,5 mm dicken Aluminiumfolie absorbiert und haben eine Reichweite von mehreren Metern in Luft oder etwa 1 cm in Wasser. Im menschlichen Körper durchdringen sie die Haut, erreichen aber normalerweise nicht das Unterhautgewebe.
Elektroneneinfang
Der Elektroneneinfang ist ein alternativer Zerfallsprozess zum Beta-Plus-Zerfall, der ebenfalls bei Kernen mit Protonenüberschuss auftritt. Dabei fängt der Kern ein Orbital-Elektron (meist aus der innersten K-Schale, aber auch aus L- oder M-Schalen) ein. Dieses Elektron kombiniert sich mit einem Proton im Kern, wodurch dieses in ein Neutron umgewandelt wird.
Der leere Platz in der Elektronenhülle wird von einem äußeren Elektron aufgefüllt, was zur Emission von charakteristischer Röntgenstrahlung führt. Zusätzlich können auch Auger-Elektronen emittiert werden. Dies sind Elektronen, die durch die Absorption der charakteristischen Röntgenstrahlung aus der Atomhülle gestoßen werden (ein Effekt ähnlich dem inneren Photoeffekt).
Isomerenübergang
Bei einigen Nukliden kann der Kern nach einem Zerfall oder einer Anregung für eine messbare Zeit in einem angeregten Zustand verharren. In diesem Fall spricht man von einem metastabilen Zustand. Ein solcher Kern wird als metastabiles Isomer bezeichnet. Isomere haben die gleiche Massenzahl und Ordnungszahl wie der Grundzustandskern, unterscheiden sich aber in ihrem energetischen Zustand.
Der Übergang vom metastabilen angeregten Zustand in einen Zustand niedrigerer Energie (oft der Grundzustand) erfolgt durch Emission von Gamma-Strahlung oder durch interne Konversion (wobei die Energie auf ein Hüllenelektron übertragen wird, das dann emittiert wird). Dieser Prozess wird als Isomerenübergang bezeichnet.