Arzneimittelkunde: Weg, Formen, Regeln und Wirkmechanismen
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Der Weg der Tablette im Körper: Pharmakokinetik verstehen
- Tablette schlucken: Die Tablette wird mit viel Flüssigkeit geschluckt und gelangt über die Speiseröhre in den Magen.
- Magen: Im Magen zerfällt die Tablette und setzt den Wirkstoff frei (*Liberation*).
- Dünndarm: Die Wirkstofflösung wird im Magen- oder Darmsaft aufgenommen. Der Wirkstoff gelangt durch die Blutgefäße der Dünndarmwand in den Blutkreislauf (*Absorption*).
- Pfortader: Über die Blutgefäße des Magens und Darms wird der Wirkstoff zur Leber transportiert.
- Leber: In der Leber erfolgt die Umwandlung durch Leberenzyme (*First-Pass-Effekt*). Manche Wirkstoffe werden hier erst aktiviert, andere abgebaut (*Metabolisierung*).
- Blutkreislauf: Der Wirkstoff wird im Blutkreislauf transportiert, entweder frei oder an Blutproteine gebunden (*Distribution*).
- Wirkort (Organe, Gewebe): Der Wirkstoff tritt an den Kapillaren aus und koppelt an Zellrezeptoren, um seine Wirkung zu entfalten.
- Zurück zur Leber: Der Wirkstoff wird zur Leber zurücktransportiert, um für die Ausscheidung vorbereitet zu werden.
- Niere: Die Niere ermöglicht den Übergang der Metaboliten in den Primärharn zur Ausscheidung (*Elimination*).
Arzneimittel-Applikationsformen im Überblick
- Bukkal: In die Wangentasche (z.B. Schmerzmittel)
- Inhalativ: Durch Einatmen (z.B. Asthmaspray)
- Intraartikulär (i.a.): In ein Gelenk (z.B. Kortisoninjektion)
- Intrakutan (i.c.): In die Haut
- Intramuskulär (i.m.): In einen Muskel (z.B. Impfungen)
- Intraossär (i.o.): In den Knochen (z.B. Notfallmedikamente)
- Intravenös (i.v.): In eine Vene (z.B. Infusionen)
- Konjunktival: Auf die Augenbindehaut (z.B. Augentropfen)
- Kutan, perkutan, transdermal: Auf oder durch die Haut (z.B. Schmerzpflaster)
- Nasal: In die Nase (z.B. Nasenspray)
- Oral, peroral (p.o.): Zum Schlucken
- Otal, aural: In den Gehörgang (z.B. Ohrentropfen)
- Peridural: In den Periduralraum (z.B. Schmerzmittel)
- Rektal: In den After (z.B. Zäpfchen)
- Subkutan (s.c.): Unter die Haut (z.B. Impfungen, Thromboseprophylaxe)
- Sublingual: Unter die Zunge (z.B. Schmerzmittel)
- Vaginal: In die Scheide (z.B. Cremes)
Die 5-R-Regel der Arzneimittelverabreichung
Die korrekte Verabreichung von Arzneimitteln ist entscheidend für die Patientensicherheit. Die 5-R-Regel dient als wichtige Leitlinie:
- Richtiger Patient
- Richtiges Arzneimittel
- Richtige Dosierung
- Richtige Applikationsart
- Richtiger Zeitpunkt
Arzneimittelformen: Fest, Flüssig, Gasförmig, Halbfest
Feste Arzneimittelformen
- Pulver (z.B. Puder)
- Granulat: Körnchenförmig
- Tablette:
- Filmtablette (nicht aus Zucker)
- Dragee (Lacktablette mit Zuckerüberzug)
- Retardtablette (verzögerte Wirkstofffreisetzung)
- Schmelztablette
- Brausetablette
- Kapsel
- Zerbeißkapseln
- Tee
- Zäpfchen
- Ovula (Vaginalzäpfchen)
Flüssige Arzneimittelformen
- Lösungen
- Tinkturen
- Suspensionen
- Emulsionen
Gasförmige Arzneimittelformen
- Gase (z.B. Sauerstoff)
- Aerosole (z.B. Asthmaspray)
Halbfeste Arzneimittelformen
- Salbe
- Creme
- Paste
- Gel
Arzneimittelklassifizierung: Verschreibung und Abgabe
Frei verkäufliche Arzneimittel
Dies sind Arzneimittel, die von jedermann ohne Rezept gekauft werden können.
Frei verkäufliche und apothekenpflichtige Arzneimittel (OTC)
Diese Art von Arzneimitteln wird auch als OTC (*Over The Counter*) bezeichnet. Sie sind Mittel zur Selbstmedikation, und die entstandenen Kosten sind in der Regel nicht erstattungsfähig.
Apothekenpflichtige Arzneimittel (Ap)
Diese Arzneimittel dürfen ausschließlich in Apotheken verkauft werden. Sie unterliegen ansonsten keinen weiteren Abgabekontrollen.
Verschreibungspflichtige Arzneimittel (Rp)
Die Abgabe erfolgt nur unter Vorlage eines Rezepts, da diese Medikamente bei unkontrollierter Einnahme relativ häufig zu Schäden führen können.
Verschreibungspflichtige Betäubungsmittel (BTM)
Dies sind bewusstseins- und stimmungsverändernde Substanzen, die zur Abhängigkeit führen können. Betäubungsmittel dürfen nur verabreicht werden, wenn andere Substanzen, die nicht zu dieser Kategorie gehören, keine ausreichende Wirkung erzielen.
Pharmakokinetik: Was der Körper mit dem Wirkstoff macht
Die Pharmakokinetik beschreibt die Gesamtheit aller Prozesse, denen ein Arzneistoff im Körper unterliegt. Sie wird oft mit der ADME-Formel zusammengefasst:
- Absorption (Aufnahme des Arzneistoffs)
- Distribution (Verteilung im Körper)
- Metabolisierung (biochemischer Um- und Abbau)
- Elimination/Exkretion (Ausscheidung)
Pharmakodynamik: Was der Wirkstoff mit dem Körper macht
Die Pharmakodynamik ist die Lehre von der Wirkung von Arzneistoffen im Organismus. Sie beschreibt die erwünschten Wirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen auf den Körper.
Interaktion von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik
Pharmakokinetik und Pharmakodynamik laufen nicht bei jedem Menschen gleich ab. Sie werden beeinflusst durch:
- Alter
- Grunderkrankungen
- Andere Arzneimittel
Die Ausscheidung ist insbesondere bei älteren Menschen sowie bei Leber- und Nierenkranken beeinträchtigt. Dies birgt die Gefahr der Anreicherung des Wirkstoffs im Körper (*Kumulierung*), was zu Nebenwirkungen bis hin zu Vergiftungserscheinungen führen kann.
Biotransformation und Pharmakodynamik im Alter
Im Alter nimmt die Leberfunktion ab, wodurch sich die Halbwertszeit von Arzneimitteln verlängert. Das bedeutet, die Arzneimittel haben eine längere Wirkung.
Resorption: Aufnahme von Wirkstoffen
Resorption ist die Aufnahme von Stoffen über Haut oder Schleimhaut, Muskulatur oder Unterhautfettgewebe in den Blutkreislauf.
Faktoren, die die orale Resorption beeinflussen
- pH-Wert des Magen- und Darmsaftes
- Magen- und Darmmotilität (Beweglichkeit von Magen und Darm)
- Magenfüllung
- Nahrungsbestandteile
Altersbedingte Änderungen der oralen Resorption
Im Alter können folgende Faktoren die orale Resorption beeinflussen:
- pH-Wert des Magen- und Darmsaftes
- Magen- und Darmmotilität
- Magensaftproduktion
Die Aufnahme des Arzneimittels erfolgt ins Blut und wird dann im Körperkreislauf durch den gesamten Körper verteilt.
Halbwertszeit von Arzneimitteln
Die Halbwertszeit ist die Zeitspanne, in welcher die Konzentration eines zugeführten Arzneimittels im Blut durch Elimination oder Metabolismus um die Hälfte abgenommen hat.
Konsequenzen einer kurzen Halbwertszeit
- Schnelle Wirkung
- Eventuell muss nachdosiert werden.
Ausscheidungswege von Arzneimitteln (Elimination)
Arzneimittel werden hauptsächlich ausgeschieden über:
- Renal (Niere)
- Biliär (Leber)
- Pulmonal (Lunge)
Weniger über Haut und Schleimhaut.
Therapeutische Breite
Die therapeutische Breite ist der Bereich zwischen der zur Erzielung der therapeutischen Wirkung erforderlichen minimalen Dosis und derjenigen Dosis, die gefährliche Überdosierungserscheinungen nach sich zieht.
Biotransformation: Umwandlung von Wirkstoffen
Arzneimittel werden nach ihrer Aufnahme chemisch durch Enzyme, hauptsächlich in der Leber, verändert, damit sie wirken können.
Applikationsformen von Arzneimitteln
Enterale Verabreichungsform (über den Darm)
Beispiele: Tabletten, Tropfen, Kapseln
Parenterale Verabreichungsform (unter Umgehung des Darms)
Beispiele: Injektionen, Salben, Aerosole