Die Aufklärung: Vernunft, Fortschritt & Gesellschaftswandel
Eingeordnet in Philosophie und Ethik
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 6,56 KB
Die Aufklärung: Eine Ära des Wandels
Das 18. Jahrhundert war eine Zeit tiefgreifender Veränderungen, die die traditionellen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen allmählich untergruben. Diese Entwicklungen kulminierten in großen revolutionären Ereignissen wie der Französischen und Amerikanischen Revolution, die neue landwirtschaftliche und industrielle Impulse setzten. Obwohl die Agrargesellschaft fundamental vorherrschend blieb und in weiten Teilen Osteuropas die Leibeigenschaft fortbestand, begann sich die städtische Industrie zu entwickeln, deren Reichtum jedoch noch auf handwerkliche Werkstätten und Zünfte beschränkt war. Der Überseehandel war eine der größten Quellen des Wohlstands.
Gesellschaftliche Strukturen und der Aufstieg der Bourgeoisie
Die Gesellschaft war weiterhin in Stände unterteilt: Geistlichkeit, Adel und Gemeine, deren Stellung durch Vererbung bestimmt war. Die zunehmende Bereicherung der fortschrittlichen Bourgeoisie und die gleichzeitige Verarmung eines Teils des Adels führten zu einer fortschreitenden Erosion der alten politischen Ansichten. Dies war das Jahrhundert des aufgeklärten Absolutismus, in dem absolute Monarchien von den Prinzipien der Aufklärung geleitet wurden.
Das Jahrhundert der Vernunft: Die Aufklärung
Die Aufklärung, auch bekannt als das Jahrhundert der Vernunft oder das Jahrhundert des Lichts, ist die prägende Bewegung dieser Epoche. Die Menschen waren überzeugt, in einer neuen Ära zu leben, die aus einer langen Dämmerung der Barbarei und Unwissenheit hervorgegangen war. Der Geist der Aufklärung und die damit verbundenen Revolutionen hatten ihren Ursprung in den wissenschaftlichen und intellektuellen Entwicklungen des vorangegangenen Jahrhunderts.
Einflüsse und Denker der Aufklärung
Trotz kritischer Stimmen, die eine Tradition der Aufklärung anerkennen, wurde sie direkt von Denkern wie John Locke und Isaac Newton inspiriert. Sie löste sich von Francis Bacon und setzte sich kritisch mit Baruch Spinoza auseinander. Die Aufklärung entwickelte einen autonomen Anspruch der Vernunft und widersetzte sich der Autorität dogmatischer Lehren, auch wenn sie kirchliche Dogmen kritisch hinterfragte und Newtons metaphysisches Gewicht relativierte. Newtons Doktrin legte den Grundstein für eine Philosophie, die auf Erfahrung basierte, während Lockes Ansätze auf Beobachtung und der Analyse des Geistes fußten. Diese Denkweisen führten zur Rechtfertigung von Freiheit und Toleranz als Leitprinzipien für individuelles und kollektives menschliches Handeln. Spinozas pantheistische Vorstellung beeinflusste ebenfalls, insbesondere seine Darstellung als materialistisch und antireligiös.
Die Bourgeoisie als treibende Kraft
Die Aufklärung ist somit Ausdruck einer neuen ideologischen Ära einer sozialen Gruppe: der Bourgeoisie. Diese hatte bereits einen hohen Grad an wirtschaftlicher Macht erreicht und forderte nun soziale und politische Protagonistenrollen ein, die ihr die Strukturen des Ancien Régime verweigerten. Die Aufklärung und die Französische Revolution sind Ausdruck des Triumphs dieser neuen herrschenden Klasse. Dennoch war die Aufklärung keine ausschließlich bürgerliche Erscheinung, da sie auch andere Sektoren der Bevölkerung beeinflusste und nicht alle Aspekte repräsentierte.
Das Konzept der Vernunft in der Aufklärung
Das zentrale Konzept, das die Aufklärung untermauert, ist das der Vernunft. Es verdichtet alle Hoffnungen, Möglichkeiten und Muster intellektueller Leistung der Aufklärung. Der Begriff der Vernunft in dieser Darstellung besitzt eine Spezifität, die ihm Sinn verleiht und das gesamte Jahrhundert rechtfertigt. Verstanden als eine vereinheitlichende Kraft, homogenisiert die Vernunft alle Menschen und gleicht sie an. Jeder Mensch besitzt Vernunft, und diese ist zu jeder Zeit und an jedem Ort gleich. Hierin liegt die Begründung des Prinzips der Gleichheit, das ein Abzeichen der Aufklärung ist.
Funktionsweise und Autonomie der Vernunft
Die Vernunft fungiert nicht als Speicher angeborener Wahrheiten. In diesem Sinne wirkt die Vernunft aus den Daten der Erfahrung, verweilt aber nicht in ihnen, sondern rekonstruiert aus ihrer Analyse die Gesetze, die die Phänomene erklären. Diese Vernunft kann autonom agieren, ohne äußere Einflüsse. Es ist diese Fähigkeit, die eigene autonome Vernunft zu nutzen, die Immanuel Kant als das Maximum der Aufklärung betrachtete. Die Behauptung, der Mensch könne für sich selbst ohne Anweisung oder Einschränkungen denken, leitete die Suche nach der Wahrheit in der Natur und nicht in den Lehren der Autoritäten.
Freiheit, Fortschritt und Glück
Diese Bekräftigung der Autonomie der Vernunft ist an die Bedingung der Freiheit als fundamental für rationales Handeln gebunden, durch aufgeklärte Meinungs- und Gedankenfreiheit. Die Ausübung dieser Vernunft führt unweigerlich zum Glück des Menschen in einer gerechten und friedlichen Gesellschaft. Dieser Optimismus spiegelt sich in der Idee des Fortschritts wider, die die Aufklärung kennzeichnete. Das Vertrauen, dass die Menschen ihre Geschichte zum Wohlergehen und zur Gerechtigkeit lenken können, allein nach dem Diktat der Vernunft, ist die größte Inspiration der gesamten Aufklärung.
Wissenschaftlicher Fortschritt und die Öffentliche Sphäre
Die Stärke der Aufklärung liegt in den technischen und wissenschaftlichen Fortschritten, die unweigerlich nicht nur die Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen, sondern auch eine moralische Besserung mit sich brachten. Als Werkzeug der Vernunft und der Werte, auf denen ihr Anspruch beruht – frei, egalitär, tolerant – versuchten die Aufklärer, einen öffentlichen Raum für alle Fragen zu schaffen, die in die Zuständigkeit des Menschen fallen. Hier taucht zum ersten Mal so etwas wie eine öffentliche Meinung und eine Zivilgesellschaft auf, die sich grob um die Bourgeoisie und außerhalb der alten Ordnung bildete.
Die Republik der Gelehrten
Diese Ideen zirkulierten durch Diskussionsgruppen, Zeitschriften, Broschüren usw., aus denen sich eine ganze Republik der Gelehrten (Republik der Buchstaben) entwickelte. Ihre Treiber waren Intellektuelle und Philosophen, Menschen, die in dieser europäischen Republik vereint waren, insbesondere unter einer bestimmten Idee der Vernunft.