Augustinus' Philosophie und Theologie: Glaube, Geschichte, Existenz
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Augustinus: Geschichte und "De civitate Dei"
Augustinus schrieb "De civitate Dei" (Die Stadt Gottes) über 15 Jahre nach der Plünderung Roms durch Alarich (410 n. Chr.), um das Christentum gegen den Vorwurf zu verteidigen, für den Fall Roms verantwortlich zu sein. Dieses Werk ist eine Verteidigung der Geschichte aus christlicher Sicht als Heilsgeschichte Gottes.
Die Geschichte teilt sich in drei Zeiten: die Vergangenheit (vor Christus), die Gegenwart (in Christus) und die Zukunft (von Christus bis zur Vollendung des Reiches Gottes). Während die Griechen einen zyklischen, ewigen Geschichtsbegriff hatten, brachte das Christentum eine lineare Zeitvision hervor.
Von Anbeginn der Geschichte existieren zwei Städte: die Gottesstadt (Civitas Dei) und die irdische Stadt (Civitas Terrena). Jede Person gehört zu einer dieser Städte, je nachdem, ob sie Gott liebt oder nicht. Diese Städte werden jedoch nicht durch Institutionen repräsentiert und sind nicht bis zum Jüngsten Tag, dem Ende der Geschichte, vereint, an dem Gott gefunden wird.
Nur ein wahrer Christ kann Gerechtigkeit erkennen. Augustinus wendet sich gegen den Donatismus, der die Einmischung der Kirche in die Gesellschaft ablehnt, was zu jener Zeit, als Augustinus politische und gesellschaftliche Debatten führte, umstritten war.
Glaube und Vernunft: Augustinus' Erkenntnistheorie
Die umstrittene Beziehung zwischen Glaube und Vernunft ist das Hauptthema seiner Reflexionen in der Mitte seines Lebens. Augustinus verteidigt die Einzigartigkeit der Wahrheit, die der Mensch durch Glaube und Vernunft erreichen muss.
Zuerst sollte die Vernunft dem Glauben helfen. Danach erleuchtet der Glaube die Vernunft, um Wahrheiten zu erkennen, die sie nicht von selbst sehen würde. Letztendlich erleuchtet die Vernunft die Wahrheiten des Glaubens.
Augustinus verurteilt den Fideismus, der den Glauben über die Intelligenz stellt, und betont, dass der Glaube die Vernunft nicht tötet, sondern sie unterstützt und ermutigt. Alles ist in Augustinus' berühmtem Satz zusammengefasst: „Glaube, um zu verstehen; verstehe, um zu glauben.“
Augustinus' Theologie: Gottesbeweise und Schöpfung
Augustinus entwickelte a posteriori Argumente für die Existenz Gottes:
- Noetischer Beweis (aus der Verinnerlichung): Die menschliche Natur empfängt Anregungen von Gott.
- Konsensbeweis: Alle Gesellschaften hatten eine Religion; der Mensch ist ein religiöses Wesen.
- Kosmologischer Beweis: Die Ursache für die Ordnung des Universums ist Gott.
- Beweis aus den Seinsgraden (Gradus perfectionis): Die Existenz von Güte in unterschiedlichem Maße in der empirischen Welt führt zur Annahme eines höchsten Gutes, Gott.
Wir wissen, dass Gott existiert, aber sein Wesen ist unfassbar. Er kann durch seine Taten wie die Schöpfung ausgedrückt, aber nicht vollständig erfasst werden. Die Schöpfung hat zwei Eigenschaften:
- Zeitlosigkeit: Die Zeit beginnt mit der Schöpfung; Zeit existierte vorher nicht, da Gott ewig und zeitlos ist.
- Einzigartigkeit und Vollständigkeit: Alles existiert von Anfang an in der Schöpfung. Es gibt Dinge, die in Aktion existieren, und andere potenziell. Dies ist die Lehre von den Keimgründen (rationes seminales).
Augustinus' Anthropologie: Seele, Körper und Erkenntnis
Augustinus verteidigte einen Dualismus ähnlich dem Platons, jedoch nicht in dem Sinne, dass der Mensch eine Seele ist, die lediglich einem Körper dient. Er verlieh dem Körper einen höheren Wert, indem er die platonische Idee einer zufälligen Vereinigung von Körper und Geist verwarf. Dies widerspricht dem Christentum aus zwei Gründen: die Inkarnation des Sohnes Gottes in Jesus Christus verherrlichte den Körper, und das von Gott geschaffene Material verdient Respekt.
In der Seele unterscheidet die Vernunft zwischen überlegenem Wissen (den Ideen Gottes, durch Illumination) und geringerem Wissen (dem empirischen Wissen).
Freiheit und das Problem des Bösen bei Augustinus
Das Christentum als Heilsreligion stellt das Problem der Freiheit in den Mittelpunkt. Augustinus diskutiert die Nutzung der menschlichen Natur (insbesondere im Kontext der Erbsünde) und die Notwendigkeit der göttlichen Gnade, um zum Guten zu gelangen. Er setzt sich mit der Frage der Freiheit auseinander, insbesondere mit der Freiheit des Willens. Das Böse definiert er nicht als eigenständige Substanz, sondern als Mangel an Gutem (privatio boni). Er unterscheidet dabei zwischen metaphysischem, moralischem und körperlichem Bösen.