Barock: Kunst, Literatur und Theater

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Der Barock: Eine umfassende Übersicht

Kultureller und künstlerischer Kontext des Barock

Der Barock, der sich mit der Renaissance überschneidet, durchdrang zwischen dem Ende des 16. und dem Ende des 17. Jahrhunderts alle kulturellen und künstlerischen Bereiche in Europa und breitete sich bis nach Südamerika aus. Ein Schlüsselbegriff der Barockkultur ist die "Desillusionierung". Der Barock steht für Misstrauen gegenüber der Welt und eine düstere Auffassung der menschlichen Existenz.

Wichtige Aspekte:

  • Trügerische Erscheinung der Dinge
  • Kürze und Vergänglichkeit des Lebens
  • Angst vor dem Tod

Hauptmerkmale der Barockkunst:

  • Dynamik
  • Theatralik
  • Dekorativer Stil und Opulenz
  • Kontrast

Barocke Literatur: Künstlerische und literarische Ideale

Die Barockliteratur zeichnet sich durch Künstlichkeit und Komplexität aus, mit dem Ziel, zu überraschen. Der Begriff der "Angemessenheit" wird verachtet, da er als vulgär gilt, während Schwierigkeit und Künstlichkeit gelobt werden. Es ist eine Literatur der Kontraste: Antithese und Paradoxon sind zentrale Stilmittel.

Zwei Hauptströmungen (nicht immer trennscharf):

  • Conceptismo: Fokus auf die Gedankenebene (Quevedo als Hauptvertreter, Gracián als Theoretiker)
  • Culteranismo: Fokus auf den Ausdruck (Góngora als Hauptvertreter)

Themen der Barockliteratur:

  • Liebe
  • Die Eitelkeiten des Lebens
  • Das flüchtige und inkonsistente Leben
  • Der Kampf ums Leben
  • Literatur und reflektierende Kunst (Lehrprosa)
  • Satirisch-burleske Literatur

Die Barockoper

Zwei wichtige Strömungen: Conceptismo (Quevedo) und Culteranismo (Góngora).

Luis de Góngora y Argote (1561-1627)

Zwei unterschiedliche Themenkomplexe in seiner Dichtung:

  • Populärer, realistischer Stil
  • "Culto"-Stil: hermetische Sprache, voller Raffinesse und Schönheit

Góngoras Werk ist rein lyrisch. Klassifizierung:

  • Jugendgedichte: Letrillas, Balladen und Sonette
  • Gedichte des Erwachsenenalters:
    • Fabel von Pyramus und Thisbe
    • Einsamkeiten (unvollendet; Erzählung eines Pilgers in vier Lebensabschnitten: Kindheit, Jugend, Reife und Alter; in Silvas geschrieben)
    • Fabel von Polyphem und Galatea (64 Oktaven; erzählt die Geschichte des Zyklopen Polyphem, der sich in die Nymphe Galatea verliebt, die ihn verschmäht; Polyphems Liebe führt zur Zerstörung von Acis)

Lope de Vega

Drei wichtigste poetische Werke:

  • Reime
  • Heilige Reime
  • Menschliche und göttliche Reime des Anwalts Tomé de Burguillos

Sein Werk ist klassisch, mit einem Gleichgewicht zwischen Form und Inhalt. Einige Werke weisen Improvisation auf.

Quevedo

Scheinbar spöttischer, kritischer und rücksichtsloser Dichter. Sein Charakter ist von Gegensätzen geprägt. Werke:

  • Das Leben des Buscón namens Pablos
  • Träume
  • Die Wiege und das Grab
  • Der spanische Parnass

Seine Gedichte zeigen Quevedos Misstrauen gegenüber dem Menschen, seine universelle Skepsis – eine sehr barocke Haltung.

Thematische Einteilung seiner Gedichte:

  • Metaphysische Gedichte
  • Politische Gedichte
  • Liebesgedichte
  • Burleske Gedichte

Prosa in der Barockzeit

Zwei Varianten:

1. Didaktische Prosa

Dient der Verbreitung von politischem Denken, philosophischen, moralischen und literarischen Ideen der Zeit. Wichtige Vertreter: Quevedo und Gracián.

Quevedos Prosa:

  • Moralisch-politische Fragen, Satire
  • Burlesk-moralische Werke (allegorisch): *Die ganze Zeit* und *Das Glück mit Verstand*
  • Moralisch-philosophische Werke: *Die Wiege und das Grab* (asketisch inspiriert; Pessimismus und Enttäuschung über die menschliche Existenz, geprägt vom Tod)
  • Kurzgeschichten zu verschiedenen Themen
  • Politische Schriften: *Politik Gottes, Regierung Christi* und *Die Tyrannei des Satans*
  • Biografien: *Das Leben des Marcus Brutus*
  • Literaturkritik (gegen den Culteranismo): *Die kultivierte Latiniparla* und *Die gebildete Ebene die Nadel*

Baltasar Gracián:

  • Pessimistischer Autor
  • Werke, die Leitlinien für das Verhalten in der Gesellschaft entfalten: *Der Held*, *Der Diskrete*, *Handorakel und Kunst der Klugheit*, *Der Politiker Don Fernando*
  • Kritische Analyse der Gesellschaft: *El Criticón*
  • *Scharfsinn und Kunst des Ingeniums* (diskutiert die Ästhetik des Conceptismo)

Charaktere in *El Criticón* (Auswahl): Critilo, Andrenio (der natürliche Mensch), Felisinda (Glück), Honora (Ehre), Hipocrinda (Heuchelei), Sofisbella ("Sophia", Weisheit), Vejecia (Alter), Artemia (Kunst).

2. Erzählende Prosa

Niedergang der Ritter-, Hirten- und Maurenromane. Entwicklung des Schelmenromans als Gegengewicht zur höfischen Romanze (realitätsferne Literatur). Neue Romanform: der allegorisch-philosophische Roman.

2.1. Der Schelmenroman

Beginnt in der Renaissance mit *Lazarillo de Tormes*, konsolidiert sich im Barock. Didaktisch-lehrhafte Tendenz.

  • Mateo Alemán: *Guzmán de Alfarache* (folgt der Struktur von *Lazarillo*, variiert aber die Psychologie der Hauptfigur; didaktisch-moralisierend)
  • Quevedo: *Das Leben des Don Pablos Buscón* (einfache Handlung; Fokus auf die Selbstgefälligkeit des Autors und die Darstellung einer feindlichen Welt)

Das barocke Thema des Romans ist der Dualismus zwischen Vorherbestimmung/Determinismus und freiem Willen.

2.2. Ritterromane

Teil der mittelalterlichen epischen Tradition. Der Held ist feiner, abenteuerlicher und individualistischer als der Held des mittelalterlichen Epos.

Miguel de Cervantes: *Der sinnreiche Hidalgo Don Quijote de la Mancha*

  • Handlung und Struktur: Einfache Geschichte: Don Quijote, durch das Lesen von Ritterromanen zum Wahnsinn getrieben, glaubt, ein Ritter zu sein, und unternimmt drei Ausritte von seinem Dorf aus, auf der Suche nach Abenteuern. Er kehrt schließlich krank nach Hause zurück und erlangt seine Vernunft wieder. Grundstruktur: Auszug aus dem Dorf, Abenteuer, Rückkehr ins Dorf.
  • Absicht und Bedeutung: Parodie auf die Ritterromane. Letzte Lektion: Jeder ist der Sohn seiner Werke.
  • Erzähler: Fiktiver Erzähler und Autor.
  • Charaktere: Don Quijote (gebildeter Mensch mit großer Kultur), Sancho (natürlicher, einfacher Mensch, aber mit Lebensweisheit ausgestattet). Die Charaktere gehören zur realen Welt (Realismus).
  • Sprache und Stil: Archaische Sprache und Sprechweise des Rittertums (Don Quijote), natürliche und populäre Sprache (Sprüche von Sancho).
2.3. Byzantinische Romane

Geschichten von Liebe und Abenteuern, in denen das Liebespaar das Unglück der Trennung erleidet und am Ende wieder vereint wird.

Miguel de Cervantes: *Persiles und Sigismunda*

2.4. Hirtenromane

Idyllische Naturliteratur. Beginnt 1504 mit *L'Arcadia*. *La Galatea*. In der Ideologie der Hirtenromane sind Liebe, Schönheit und Wahrheit dasselbe, aber das Verlangen begleitet immer die Liebe. Die Liebe ist spirituell.

2.5. Die Kurzgeschichte

Cervantes: *Exemplarische Novellen*

Einteilung:

  • Romane der "ersten Epoche": Nachahmung des italienischen Modells, ohne große psychologische Tiefe; fantastische und unterhaltsame Elemente: *Der freigiebige Liebhaber*, *Die beiden Mädchen*, *Frau Cornelia*.
  • Übergangsromane: Cervantes beginnt mit der psychologischen Studie der Charaktere: *Die Zigeunerin*, *Die englisch-spanische Frau*, *Die Macht des Blutes*, *Der eifersüchtige Extremaduraner*, *Die berühmte Küchenmagd*, *Die betrügerische Heirat*.
  • Romane der Fülle: Cervantes wird zum privilegierten Beobachter und Analytiker des gesellschaftlichen Lebens: *Rinconete und Cortadillo*, *Der Lizentiat* und *Der Dialog der Hunde*.

Weitere Autoren:

  • María de Zayas: Romane und romantische Stücke (*Novelas amorosas y ejemplares*)
  • Lope de Vega: *Novelas a Marcia Leonarda*
2.6. Der allegorisch-philosophische Roman

Baltasar Gracián: *El Criticón*. Der Autor verwendet allegorische Figuren für seine Vision des Lebens, des Menschen und der Welt. Der Geist der Kritik ist im ganzen Roman präsent. Der erste Teil entspricht dem Frühling von Kindheit und Jugend, der zweite dem Sommer der Männlichkeit, der dritte dem Winter des Alters.

Theater im Barock

Im 17. Jahrhundert erlebt das Theater in Europa einen großen Aufschwung: In Spanien (Lope de Vega, Tirso de Molina, Calderón de la Barca), in Frankreich (Molière, Corneille, Racine), in England (William Shakespeare).

Das von Lope de Vega implementierte Theatermodell hat folgende Merkmale:

1. Dramatischer Text

  • Aufteilung in drei Akte (Exposition-Knoten-Auflösung). Jeder Akt besteht aus Bildern mit eigener Zeit und eigenem Raum.
  • Verwendung von Versen, Anpassung der Metrik an die dramatische Situation.
  • Ablehnung der Regeln der drei Einheiten (Zeit, Ort und Handlung).
  • Mischung von Komik und Tragik.
  • Stereotype Charaktere:
    • Der Liebhaber sucht die Liebe der Dame, deren Ehre von den Eltern, dem Bruder oder dem Ehemann geschützt wird.
    • Der Vater (ein Gentleman, aber auch ein Bösewicht (Bauer)).
    • Der "Gracioso" (Witzbold).
    • Der Diener des Hauptdarstellers und das Mädchen (parallele Liebeshandlung).
    • Der Mächtige (Herr oder Adliger) repräsentiert den Bösen.
    • Der König ist für die Rechtsprechung zuständig.
    • Der Bösewicht oder Bauer verteidigt traditionelle Werte und die Ehre (gegen die Mächtigen).
  • Themen:
    • Verteidigung von Ehre und Ansehen.
    • Liebe als zentrales Thema.
    • Katholische Religion und christliche Moral.
  • Einbeziehung von Letrillas (gesungenen Tänzen).

2. Theatralische Darstellung

Drei Typen:

  • Volkstheater (im Freien)
  • Hoftheater (in königlichen Palästen)
  • Religiöses Drama (während des Fronleichnamsfestes; Aufführung von Mysterienspielen)

Die Aufführungen hatten einen rituellen Charakter.

A. Volkstheater: Los Corrales de Comedias

Anfangs in Gärten oder auf Plätzen. Nach 1560 Gründung von Theatergruppen in großen Städten Spaniens. Bau von Freilichtbühnen (z.B. Corral de la Pacheca). In Madrid: El Corral de la Cruz und El Corral del Príncipe.

Aufbau der Corrales de Comedias:

  • Innenhöfe eines Häuserblocks; auf einer Seite die Bühne.
  • Holzbänke im Hof (Lunetas).
  • Männer ohne Bänke im hinteren Bereich (die Musketiere).
  • Obere Etagen: "Topf" (Frauen).
  • Fenster und Balkone der Seitenwände und Dachböden: Räume für Adlige und reiche Familien.
  • Seiten unterhalb der Wohnungen: Stände.
  • Weitere Bereiche: Umkleideräume, Chaträume, "Alojera" (Getränkeausschank).

Spielzeit: Ostern bis Karneval des Folgejahres. Die Vorstellung bestand aus mehreren Teilen:

  • Loa (Verse; der Autor präsentiert das "Thema").
  • Erster Akt der Komödie.
  • Entremés (kurzes humorvolles Stück).
  • Zweiter Akt der Komödie.
  • Ein Tanz (gesungener Text mit Musik).
  • Dritter Akt der Komödie.
  • Abschluss mit einer Maskerade (Comic-Verse).

Dichter verkauften ihre Werke an Autoren (oder Manager) von Theatergruppen. Es gab kein Urheberrecht; die Werke wurden gestohlen oder kopiert (auch durch "Memoriones", Personen, die ein Werk auswendig lernen konnten). Dramatiker begannen, ihre Werke in Teilen zu veröffentlichen (12 Stücke pro Teil).

B. Hoftheater

Gekennzeichnet durch visuelles und klangliches Schauspiel, sehr teuer, im Einklang mit den Themen und der Verschönerung des Worttheaters.

C. Religiöses Theater: Die Autos Sacramentales

Einakter mit allegorischen Figuren, die ein religiöses Thema mit didaktischer Absicht entwickeln und mit der Feier der Eucharistie enden.

Lope de Vega (1562-1635)

Stücke (Auswahl):

  • Religiöse Themen: *Das wirklich Gefälschte*, *Der Diebstahl von Diana*, *Die Werke Jakobs*, *Der rustikale Himmel*, *Die schöne Esther*, *Die Geburt Christi*
  • Mythologische Themen: *Frauen ohne Männer*, *Der Ehemann fester*, *Das kretische Labyrinth*, *Liebe zu lieben*
  • Historische Themen: *Der spanische Rost*, *Der Bastard Mudarra*, *Der beste Bürgermeister, der König*, *La Estrella de Sevilla*, *Fuenteovejuna*, *Peribáñez und der Kommandeur von Ocaña*
  • Liebeskomödien und verschiedene Umgebungen: *Der Hund in der Krippe*, *Der Bösewicht in seiner Ecke*, *Die dumme Dame*, *Die Zierlichkeit der Belisa*, *Das Mädchen aus dem Krug*, *Stahl in Madrid*

Tirso de Molina (1579-1648)

Fortsetzung der dramatischen Formel von Lope de Vega. Scharfe Beobachtungsgabe der menschlichen und politischen Realität, ironische und satirische Züge, solide intellektuelle und theologische Ausbildung. Hervorragende Charakterisierung weiblicher Figuren. *Vorsicht bei Frauen*.

Komödien:

  • *Don Gil von den grünen Trikots*
  • *Die fromme Marta*
  • *Die Scham im Palast*

Dramen:

  • *Der Trickster von Sevilla und der steinerne Gast*: Erste Theateraufführung des Mythos Don Juan. Juan Tenorio, Spötter von vier Frauen und Mörder von Don Gonzalo de Ulloa, erhält die ewige Strafe für seine Schlechtigkeit.
  • *Der Verurteilte*: Ein religiöses Drama, in dem Paulo Bandit ist und seine Seele verliert, während Enrico, der in letzter Minute bereut, gerettet wird.

Calderón de la Barca

Stücke:

Erstes bekanntes Stück: *Liebe, Ehre und Macht*. Vier Schlüssel zum Theater von Calderón:

  • Liebe: *La dama duende*, *Der Astrologe*, *Haus mit zwei Türen ist schlecht zu halten*, *Die Verborgenen und die Versteckten*, *Nr. necken mit der Liebe*. Liebe überwindet alle Hindernisse; freudiger Triumph der Hochzeit.
  • Komödien: *Kein Glaube an sein Geheimnis*, *Der Phantomliebhaber*, *Die Band und die Blume*, *Männlich ruft*, *Entscheiden*.
  • Fragen von Macht, Religion und Ehre: *Der standhafte Prinz*, *Absaloms Haar*, *Das Schisma von England*, *Die Tochter der Luft*, *Der Arzt seiner Ehre*, *Der Bürgermeister von Zalamea*, *Das Leben ist ein Traum*.
  • Autos Sacramentales: Calderón dramatisiert abstrakte Konzepte der katholischen Theologie, indem er sie in Figuren verwandelt: *Das große Theater der Welt*, *Die Ordnung des Lebens ist ein Traum*.

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