Bécquers Legenden: Zusammenfassungen und Analysen
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Monte de las Ánimas
Die Legende spielt am Monte de las Ánimas (Berg der Seelen), am Rande von Soria am Ufer des Flusses Duero. Sie erzählt die Geschichte des jungen Alonso, der seiner Cousine Beatrice einen Gefallen tun möchte. Die Handlung ist im Mittelalter angesiedelt und wird aus der Perspektive von Alonso erzählt.
Die Erzählung beginnt mit einer Einleitung, in der der Erzähler von Fakten berichtet, die er selbst miterlebt hat. Darauf folgt eine Rückblende, in der eine Geschichte aus der Vergangenheit erinnert wird. Die Haupthandlung erstreckt sich über 24 Stunden, von einem Morgen bis zum Morgengrauen des nächsten Tages.
Charaktere
- Alonso: Erbe des Landes, auf dem die Geschichte spielt. Er ist ein unschuldiger junger Mann, der in die schöne Beatrice verliebt ist. Um ihr zu gefallen, macht er sich auf die Suche nach einem verlorenen Gegenstand.
- Beatrice: Sie ist die Cousine von Alonso und Tochter des Grafen von Borges. Sie ist eine wunderschöne, aber kalte und berechnende junge Frau, die Alonso manipuliert.
- Andere Charaktere: Grafen, Diener, Jäger, Tempelritter und Edelmänner.
Rayo de luna (Mondstrahl)
Diese Legende spielt ebenfalls in Soria. Die zentralen Themen sind Liebe, Traum und Fantasie, verbunden mit der Unerreichbarkeit der idealisierten Frau.
Manrique ist ein einsamkeitsliebender Dichter. Er zieht sich an abgelegene Orte zurück, um zu schreiben oder zu lesen, wo seine Fantasie ihm Feen und andere Wesen vorspielt. Auf diese Weise entdeckt er seine vermeintliche „Geliebte“. Im Verlauf der Geschichte steigert er sich in einen Wahn, der schließlich in Enttäuschung endet.
Handlung
- Beginn: In einer mondhellen Nacht folgt Manrique einer schönen Frau zu einem Kreuzgang. Er glaubt, in ihr die Frau seiner Träume gefunden zu haben, doch sie ist nicht da.
- Höhepunkt: Er verlässt den Ort und eilt zu einer Allee, wo er das Spiegelbild seiner Angebeteten zu sehen glaubt. Er rennt ihr nach, bleibt aber plötzlich stehen.
- Auflösung: Er entdeckt, dass das, was er verfolgt hat, nur ein Mondstrahl war.
Der Kuss
Während des Spanischen Unabhängigkeitskrieges (1808–1814) wird ein junger Offizier der französischen Dragoner mit seinen Truppen in einem ehemaligen Kloster in Toledo einquartiert. In der ersten Nacht entdeckt der Offizier in der Kapelle des verfallenen Gebäudes eine kniende Marmorstatue einer Dame namens Doña Elvira de Castañeda. Er ist sofort von ihrer Schönheit hingerissen. Neben ihr befindet sich die Statue ihres Ehemannes in derselben Gebetshaltung, was im Offizier Eifersucht weckt.
Am nächsten Tag erzählt er seinen Kameraden von seiner seltsamen Schwärmerei. Bei einer Abendgesellschaft, bei der reichlich Champagner fließt, lädt er sie ein, seine „Marmor-Dame“ kennenzulernen. Nachts versammeln sie sich im Kloster und machen ein Feuer, um sich zu wärmen. Der Offizier zeigt ihnen die Statue, und alle bewundern ihre Schönheit. Sie beginnen zu trinken und zu singen. Als der Alkohol seine Wirkung zeigt, tritt der junge Mann an die Statue des Ehemannes und schleudert ihm provokant sein Glas ins Gesicht.
Anschließend nähert er sich der Statue der Dame mit der Absicht, sie zu küssen. Entsetzt müssen seine Kameraden zusehen, wie der steinerne Ritter dem Offizier mit seiner behandschuhten Hand den Todesstoß versetzt.
Maese Pérez, der Organist
Die Handlung spielt in Sevilla im Kloster von Santa Inés. Der Protagonist ist der Organist Maese Pérez, der von Geburt an blind war, was ihn jedoch nicht daran hinderte, meisterhaft Orgel zu spielen. Seine einzigen Freunde waren die Menschen, die ihm zuhörten, und seine einzige Familie war seine Tochter. Die Menschen strömten herbei, um sein himmlisches Orgelspiel zu hören.
Sein Spiel war so außergewöhnlich, dass der Erzbischof von Sevilla ihm vorschlug, die Mitternachtsmesse in der Kathedrale zu spielen. Doch Maese Pérez wurde schwer krank und lag kurz vor Weihnachten im Sterben. Sein letzter Wunsch war es, in seine Kirche gebracht zu werden, um ein letztes Mal spielen zu können.
Der Erzbischof ernannte einen eifersüchtigen Ersatzorganisten. An Heiligabend spielte dieser in der Kathedrale, doch sein Spiel war mittelmäßig und nicht mit dem des blinden Meisters zu vergleichen. Zur selben Zeit erklang zur allgemeinen Überraschung eine wunderschöne Melodie im Kloster, in dem der alte Mann gespielt hatte – doch niemand saß an der Orgel. Es war der Geist von Maese Pérez, der an diesem Tag spielte. Dieses Wunder wiederholte sich, auch nachdem sein Körper längst verfallen war.
Grüne Augen
Gold Armreif
Der weiße Hirsch
Die Legende spielt im mittelalterlichen Aragon. Der aragonesische Adlige Don Dionis hat eine Tochter namens Constanza, die von einem Pagen namens Garcés begleitet wird. Eines Tages, nach der Jagd, versammeln sie sich unter Bäumen. Ein Jäger erzählt, dass er im Wald eine Herde Hirsche gesehen habe, die von einer weißen Hirschkuh angeführt wurde, woraufhin er in Panik geflohen sei. Alle lachen über ihn, nur Garcés denkt unentwegt über die Geschichte nach.
Garcés ist in Constanza verliebt und glaubt, dass sie sich ihm hingeben würde, wenn er ihr die weiße Hirschkuh fangen könnte. Er verlässt bewaffnet die Burg, um seine Beute zu jagen. Nachdem er allen Widrigkeiten getrotzt hat, erspäht er die Herde, und die weiße Hirschkuh verfängt sich im Dickicht. Garcés schießt einen Pfeil und trifft sein Ziel – doch die Hirschkuh war in Wahrheit Constanza selbst, die tödlich getroffen zusammenbricht.
Thema
„Die durch Liebe verursachte Verwandlung führt zum Tod.“
Der Christus mit dem Schädel
Die Legende spielt zur Zeit der Reconquista in Toledo. Die Hauptfiguren sind Doña Inés sowie die beiden Ritter Alonso Carrillo und Lope de Sandoval.
Alonso und Lope sind seit ihrer Kindheit Freunde, doch beide sind in dieselbe Frau verliebt: die schöne Doña Inés. Sie konkurrieren darum, ihre Gunst zu erlangen. Als Inés bei einer Gelegenheit einen Handschuh fallen lässt, heben ihn beide gleichzeitig auf. Um einen Kampf zu verhindern, greift der König ein und gibt den Handschuh selbst an Inés zurück.
Am Abend vor dem Aufbruch der Truppen in den Krieg wird ein Fest gefeiert. Nach dessen Ende verabreden sich Alonso und Lope zu einem Duell auf Leben und Tod. Sie suchen einen beleuchteten Ort und finden eine Gasse, die von einer Laterne erhellt wird, welche eine Christusstatue mit einem Schädel zu ihren Füßen beleuchtet. Als sie den Kampf beginnen wollen, erlischt das Licht. Sie beschließen zu warten, doch das Licht geht wieder an – und erlischt erneut, sobald sie die Schwerter kreuzen. Sie erkennen darin ein göttliches Zeichen, das sie vom Kampf abhalten will. Sie beschließen, zum Palast zu gehen, damit Inés selbst entscheidet, wen von beiden sie wählt. Dort erwartet sie jedoch eine Überraschung: Sie finden Inés mit einem anderen Liebhaber vor. Alonso und Lope reagieren mit Gelächter und ziehen gemeinsam mit den anderen Soldaten in den Krieg.
Das Miserere
Ein Mann findet in einer Abtei ein altes Buch. Am Rand einer Seite entdeckt er ein Wort, dessen Bedeutung er nicht kennt, und fragt einen alten Mann danach. Der Alte erkennt das Wort und erzählt dem „Forscher“ eine alte Legende.
Vor langer Zeit suchte ein Mann in der Abtei Zuflucht und bat um ein Stück Brot. Die Mönche gewährten ihm dies ohne Zögern. Beim Abendessen fragten sie den Neuankömmling nach seiner Geschichte. Er offenbarte, dass er ein Musiker sei und versuche, ein vollkommenes Miserere zu komponieren, um Vergebung für seine Sünden zu erlangen. Daraufhin erzählte ihm einer der Mönche, dass in den Bergen ein zerstörtes Kloster stehe, in dem jede Nacht die toten Mönche das Miserere sängen.
Der Musiker beschloss, zum Kloster hinaufzusteigen und sich Notizen zu machen, um sein Werk zu vollenden. Im Inneren der Ruine sah er, wie sich die Skelette der Mönche erhoben, sich in einer Reihe aufstellten und zu singen begannen. Der fassungslose Mann versuchte, wach zu bleiben, um die Musik seines Lebenswerks festzuhalten. Doch als die Mönche den zehnten Vers erreichten, überkam ihn ein Schock, der ihn das Bewusstsein verlieren ließ.
Als er am nächsten Tag erwachte, stieg er zur Abtei hinab und suchte dort Zuflucht, um das Miserere niederzuschreiben. Er notierte alles, was er gehört hatte, doch als er versuchte, das Ende zu komponieren, war es ihm unmöglich. Er schrieb unzählige Entwürfe, aber keiner wurde dem Gehörten gerecht. Seine Enttäuschung war so groß, dass er darüber den Verstand verlor und starb.
Literarische Merkmale
Die Werke sind von Gesellschaftskritik geprägt und vermitteln oft ein Gefühl des Absurden. Es handelt sich um realistische Erzählungen, die sich durch die detaillierte Beschreibung von Charakteren und Gesellschaft auszeichnen.
Merkmale der Romantik
- Betonung von Gefühl über Vernunft.
- Freier Ausdruck intimster Gefühle, insbesondere Melancholie und Verzweiflung.
- Introspektion und Ausdruck der Gefühle des Autors (Lyrik).
- Erfordert Interpretationsleistung des Lesers.
- Lyrische Gedichte sind oft durch ihre Kürze gekennzeichnet.
- Subjektive Perspektive, häufig in der 1. Person ausgedrückt.
- Verwendung von rhetorischen Figuren zur Verschönerung der Sprache.
Merkmale des Realismus
- Hauptthema: Der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft.
- Untersuchung der Gründe für die Ausgrenzung des Protagonisten.
- Der Charakter steht im Zentrum und repräsentiert eine soziale Gruppe.
- Darstellung zahlreicher gesellschaftlicher Schauplätze (Casinos, Feste etc.).
- Vollständige Darstellung des Lebens unter Ausschluss des Fantastischen.
- Der Autor zeigt Elend und menschliche Interessen kritisch auf, um die Gesellschaft zu verbessern.
- Themen: Macht, Geld, sozialer Einfluss, bürgerliche Mentalität, politische Fragen.
- Charaktere: Spiegeln soziale Veränderungen und Spannungen wider (Arbeiter, Bettler, Politiker, Mittelschicht).
Bécquers Leben und historischer Kontext
Gustavo Adolfo Bécquer war:
- Dichter
- Autor von Erzählungen und Legenden
- Journalist
- Biograf
- Dramatiker
- Historiker
- Literatur- und Theaterkritiker
Er war ein sentimentaler Autor, der für die zweite Periode der Romantik, auch Spätromantik genannt, charakteristisch ist. Das 19. Jahrhundert war eine unruhige Zeit, was sich in den Werken der romantischen Autoren widerspiegelt. Die Romantik kann als Gegenbewegung zum Neoklassizismus definiert werden, die den Gefühlen den Vorrang gibt.
Bécquer wurde 1836 in Sevilla geboren und starb 1870 in Madrid, kurz nach dem Tod seines Bruders Valeriano. Sein Leben erstreckte sich von der Regentschaft von Königin Maria Christina bis in die Mitte des Sexenio Democrático (1868–1874), einer revolutionären Periode, die zum Sturz von Isabella II. führte.
Bécquer gilt als Wegbereiter der modernen Poesie und vollzog eine bedeutende Wende weg von der typischen barocken Dichtung. Seine Poesie zeichnet sich durch eine scheinbare Einfachheit aus, die im Gegensatz zur opulenten Sprache früherer Romantiker steht. Er verinnerlichte den Geist der Romantik, in dem Poesie ein Ausdruck von Fantasie und Innerlichkeit war. Seine Kunst bricht mit klassischen Formen und spiegelt die Kämpfe der Gesellschaft wider, indem sie Gegensätze und verschiedene Erzählebenen miteinander verbindet.
Trotz seines kurzen Lebens hinterließ Bécquer ein bedeutendes Erbe und wurde zu einem der wichtigsten Vertreter der spanischen Romantik, vielleicht sogar zu einem der letzten dieser literarischen Bewegung.