Biblische Grundlagen: Schöpfung, Mensch und Exegese

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Die Bibel: Gotteswort und Interpretation

Die Bibel wird als Gotteswort durch Menschenhand verstanden. Sie erzählt davon, wie Menschen Gott begegnen oder wie Gott am Menschen handelt. Diese Taten finden ihren Abschluss in Jesus Christus – nun ist alles gesagt und alles getan! Im Gegensatz zum Islam, wo Diskussionen oft die Übersetzung betreffen, benötigt die Bibel die Interpretation.

Der Mensch in der Schöpfung

Der Mensch als herausragendes Schöpfungswesen

Der Mensch zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  1. Ebenbildlichkeit Gottes (Imago Dei) und Freiheit
  2. Schöpfungsfreifähigkeit (Fähigkeit, die Schöpfung zu gestalten)
  3. Zerstörungspotenzial

Diese Eigenschaften resultieren aus der Freiheit des Menschen.

Die Erschaffung der Welt (Sieben Tage)

  1. Himmel und Erde; Licht und Finsternis (Tag 1)
  2. Der Himmel (Tag 2)
  3. Das Wasser wird zum Meer; das Land wird grün mit Pflanzen, Bäumen und Früchten (Tag 3)
  4. Tag und Nacht, Tage und Jahre (durch die Sterne) (Tag 4)
  5. Lebendige Wesen: Seetiere im Wasser und Vögel; sie vermehren sich (Tag 5)
  6. Alle lebendigen Wesen und der Mensch: Mann und Frau (Tag 6)
  7. Gott erklärt den Tag für heilig (Ruhetag) (Tag 7)

Biblische Interpretation und Wissenschaft

Es ist Vorsicht geboten, wenn naturwissenschaftliche oder biologische Phänomene religiös erklärt oder interpretiert werden. Religion gibt den Dingen einen Sinn, aber sie erklärt sie nicht im naturwissenschaftlichen Sinne.

Der Mensch als Geschöpf: Irdische und Göttliche Anteile

So wie die Welt zerfällt, zerfällt auch der Mensch in diese beiden Anteile:

  • Der irdische Anteil: Sterblichkeit und menschliche Gestalt. Dieser Anteil kommuniziert mit dem Alltag.
  • Der göttliche Anteil: Die Seele, die dazu bestimmt ist, ein Spiegel Gottes zu sein.

Die Entwicklung der Seele

Die Seele im Judentum

Im Judentum war der Anteil der Seele ursprünglich ausgeglichen, wobei es im frühen Judentum kaum Überlegungen über das Leben nach dem Tod gab. Im 16. Jahrhundert v. Chr. entstand die Vorstellung, dass der Schmerz des Todeszeitpunktes in die Ewigkeit verlängert wird. Zukunftsbilder und Vorstellungen von einem Weltgericht entwickelten sich ab etwa dem 4. Jahrhundert v. Chr.

Die Seele im Christentum

In der griechischen Philosophie entwickelte sich ein relativ freier Dualismus: eine unsterbliche Seele, die in einem Körper gefangen ist. Im Neuen Testament verschmelzen die griechische Philosophie und die jüdische Glaubenswirklichkeit.

Imago Dei und Similitudo

Die Unterscheidung im Mittelalter

  • Similitudo (Gleichheit mit Gott): Geht im Sonderfall verloren.
  • Imago (Bild Gottes sein): Ist der Weg zur Wiederherstellung, um die Similitudo wiederzugewinnen.

Die Erbsünde bleibt bestehen. Obwohl wir in der Taufe den Namen Gottes annehmen, wird uns dadurch lediglich die Möglichkeit gegeben, den Weg zur Erreichung der Similitudo zu beschreiten.

Luthers Sichtweise

Mit Luther wird die Gleichsetzung von Imago und Similitudo überwunden. Der Mensch ist im Besonderen das Ebenbild Gottes.

Der Glaube ist nicht beweisbar

  • Funktionaler Glaube: Im Leben in seinen Auswirkungen beweisbar.
  • Glaubender Glaube: Kommt aus der Gnade (führt zurück zum funktionalen Aspekt).

Vom Wort zur Schrift: Die Entstehung des Neuen Testaments

Jesus verkündet seine Botschaft, dass das Reich Gottes nahe ist, und viele Menschen folgen ihm. Sie sehen in ihm eine göttliche Sendung. Nach der Kreuzigung Jesu gründen die Apostel Gemeinden und reden über Jesus (Veränderung). Diese Erzählungen werden weitergegeben (Veränderung).

Anfangs herrschte die Erwartung, dass die Welt beim Tod der Gläubigen untergehen und sie so zu Jesus kommen würden. Als diese Theorie angezweifelt wurde, schrieb Paulus ab 34 n. Chr. Briefe, um den Menschen diese Angst zu nehmen. Diese Briefe enthalten theologische Ausführungen und behandeln die Ängste der Menschen.

Die Zerstörung Jerusalems erfolgte 70 n. Chr. Von der Zerstörung Jerusalems gibt es Nachschreibungen. Diese Verschriftlichungen verschwanden, verbrannten, wurden dupliziert und übersetzt.

Die Evangelien

Die Verschriftlichungen der Evangelien datieren etwa von 80–150 n. Chr.:

  • Markus: Das älteste Evangelium.
  • Matthäus und Lukas: Sie schreiben bei Markus ab und nutzen zusätzlich das sogenannte Sondergut (Q-Quelle).
  • Johannes: Schreibt um 140 n. Chr.

Umgang mit der Bibel: Die Historisch-Kritische Methode

Wenn wir die Bibel lesen, nehmen wir die historischen Informationen aus der Entwicklung und dem Ereignis gleichsam in einem Rucksack mit. Die Historisch-Kritische Methode versucht, den Weg Stufe für Stufe zurückzugehen, um zu differenzierten Urteilen zu gelangen.

Die Stufen der Überlieferung

  1. Historisches Ereignis: Was ist die Ausgangslage? Wer sind die Adressaten?
  2. Mündliche Überlieferung: Wie ist die Situation jetzt? Wo ändert sich etwas? Wo soll gelehrt werden und mit welcher Autorität?
  3. Verschriftlichungen: Wem will ich es weitergeben?
  4. Redaktion: Der theologische Entwurf.

Exegese biblischer Texte

Die Bibel ist ein Buch, das die Erfahrungen von Menschen mit Gott erzählt.

Schritte der Exegese

  1. Gattungen bestimmen: Brief, Sendschreiben, Apokalypse, Vision, Predigt, Mahnwort, Geschichtserzählung, Seligpreisung.
  2. Zeithistorische Einordnung: Ort und Zeitangaben (z. B. Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr., erste Verschriftlichung 40 n. Chr., Paulus 70 n. Chr. – Wann lebte Jesus?).
  3. Sender-Adressat-Verhältnis.
  4. Themen: Welche Themen werden wiederholt oder sind wichtig in der Bibel?
  5. Redaktion: Wurde eine Redaktion vorgenommen? Ist der Text glaubwürdig oder wurde etwas geändert?
  6. Historische Bedeutung festlegen: Wird außerhalb der Bibel davon berichtet? Kultureller Kontext?
  7. Textinterpretation: Was wollte der Text historisch sagen und was sagt er uns heute?

Beispiel für den Beginn einer Exegese: Im vorliegenden biblischen Text handelt es sich um eine Predigt.

Biblische Gattungen

Predigt

Zweck: Verkündigung des göttlichen Wortes, Rede, Wort Gottes aus der Schrift verkündigt. Findet sich vor allem in den Briefen des Paulus.

Mahnwort

Ein Imperativ (oft in verneinter, prohibitiver Form), der sich direkt an den Leser wendet und ihn zum Handeln auffordert (advertencia o exhortación). Es richtet sich an eine Einzelperson und zeigt auf, wie sie sich am besten zu verhalten hat.

Vision

Wird dem Propheten im Wachzustand vor seinem inneren Auge gezeigt. Der Visionär kann in die geschauten Welt eintreten. Der Visionsbericht erfolgt immer in verständlicher Sprache. Visionen zielen oft auf das Ende Israels, den Abbruch des Gotteskontakts im Jerusalemer Tempel oder auf die Wiederherstellung des zerstörten Jerusalems ab (z. B. Sacharja 2,5-9).

Geschichtserzählung

Erzählungen über Geschehnisse, die von der Beziehung zwischen Menschen und Gott oder Menschen untereinander berichten. Meist handelt es sich um Erlebnisse von Menschen, die mit einer Gotteserfahrung oder einem Eingreifen Gottes verbunden sind.

Seligpreisung

Bringt die Freude über das Glück einer Person zum Ausdruck (glorificación). Meist eingeleitet mit dem Wort: „Wohl dem...“

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