Bildung im Wandel: Mapuche-Tradition und Kolonialzeit
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Mapuche-Lehrprozess: Wissen & Werte
Der Kimeltuwun-Lehrprozess umfasst pädagogische Kenntnisse und die Vermittlung von Werten, die eine harmonische Beziehung zur Natur und zum Menschen fördern.
Die Mapuche gehen von einer systematischen Konzeption und Gestaltung aus: Jeder Teil der Natur spielt eine Rolle. Auswirkungen auf einen Teil haben globale Folgen für die gesamte Gemeinschaft. Systemveränderungen können weitreichende Konsequenzen haben, ähnlich wie Naturkatastrophen.
Der Mensch (nge) ist Teil der Natur. Eine kooperative Haltung fördert eine harmonische Beziehung. Es ist wichtig, dass alle den Gesetzen der Natur folgen. Das Brechen dieser Gesetze, selbst aus Unwissenheit, hat weitreichende Konsequenzen.
Kernkonzepte der Mapuche-Bildung
Das Kernkonzept ist Ekuwun: Respekt vor der Natur. Dies ist der grundlegende Pfeiler. Der Mensch ist, wie alle Elemente der Erde, Teil der Natur. Handlungen eines Einzelnen haben Auswirkungen auf andere (systemischer Ansatz). Dieser Respekt vor der Natur wird in drei Ausbildungsbereichen vermittelt:
Drei Bereiche der Ausbildung
- Konzeptionelles Wissen (Kimun): Umfasst Wissen über soziale, kulturelle, pflanzliche und tierische Aspekte. Es beinhaltet das Verständnis des Weltbildes, einschließlich der Konzepte von Zeit und Raum.
- Prozedurales Wissen: Bezieht sich auf die Kultivierung von Haltungen und praktischem Wissen.
- Zapino: Das Leben wird als ein ewiger Prozess der Vervollkommnung verstanden, der über den Tod hinausgeht. Durch dieses prozedurale Wissen lernen die Mapuche, mit ihren Vorfahren zu kommunizieren. Die Kommunikation endet nie.
- Inatuzugu: Die Suche nach familiären Wurzeln und die Bedeutung des 'Mapuche-Seins'.
- Gulam: Die Fähigkeit, die Natur zu interpretieren und zu verstehen – ihre 'Sprache'.
- Die Haltung: Dieser Bereich umfasst die Bewertung aller Aspekte (Mensch, Umwelt, Kultur), woraus sich der Respekt unter den Menschen sowie zwischen Mensch und Umwelt entwickelt. Eine dauerhafte Haltung des Dankes gegenüber den Vorfahren und der Natur ist zentral. Die Mapuche glauben, dass die Natur ihnen alles zum Leben Notwendige bietet. Dies beinhaltet drei Wege, wie Menschen miteinander umgehen (Mapuche-kindzentriert):
- Yamuwun: Respekt / Ehrerbietung
- Azmawun: Achtung / Würde
- Mañummawun: Dankbarkeit
Das Mapuche-Volk glaubt, dass Wissen kumulativ ist. Ältere Menschen, die am meisten gelernt haben, werden daher von der Gemeinschaft besonders respektiert.
Die Rolle der Machi in der Mapuche-Kultur
Die Mapuche-Bildung ist stark auf die Unsterblichkeit ausgerichtet, und das religiöse Leben ist von grundlegender Bedeutung. Das Mapuche-Volk versteht die Welt auf magische Weise durch Naturkräfte und Götter. Eine Person, die diese Kräfte interpretieren kann, wird als Machi (oft eine Frau, die eine matriarchale Rolle einnimmt) ausgewählt. Eine Machi wird oft schon als Kind für diese Rolle auserwählt.
Die Machi dient als Kommunikationskanal zwischen der natürlichen Welt, den Göttern, den Ahnen und den Menschen. Sie ist für Medizin und Heilung zuständig und wird umfassend in der Naturkunde ausgebildet. In ihr konzentriert sich das Wesen der Mapuche-Bildung.
Die Mapuche-Gemeinschaft ist von zentraler Bedeutung für die indigene Kultur und Bildung.
Die Kolonialzeit: Eroberung & Evangelisierung
Spanien stärkte Allianzen, um interne Kriege der Monarchie zu schwächen. Im Jahr 1440 begann die Vertreibung der Mauren.
Europas Aufstieg und Spaniens Lage
Spanien war zu dieser Zeit ein sehr religiöses Land mit einer mittelalterlichen Mentalität, in der das Seelenheil im Vordergrund stand. Es stand im Kontrast zu einem sich entwickelnden Europa, das durch wissenschaftliche Fortschritte, neue Erfindungen und Forschungsbereiche immer reicher wurde und den Handel vorantrieb. Spanien war geschwächt und stark von der Kirche beeinflusst, die die Vernunft oft ablehnte.
Kolumbus' Suche nach einer neuen Handelsroute
- Kapitulationen von Santa Fe: Ein Vertrag mit der Krone, der Kolumbus Rechte und Pflichten gegenüber den Königen auferlegte.
- Er erhielt den Titel des Vizekönigs und Gouverneurs der von ihm entdeckten Ländereien.
Kolumbus stach am 3. August 1492 ohne ein klares Ziel in See. Er reiste mit drei Schiffen – der Niña, der Pinta und der Santa María – und einer Besatzung von 120 Mann. Kolumbus erreichte die Inselgruppe Kubas, in dem Glauben, Indien erreicht zu haben. Die Reise von den Kanarischen Inseln zur Insel San Salvador im Archipel Zentralamerikas dauerte 35 Tage.
Zwischen Spanien und Portugal brach ein Streit um die neuen Länder aus, was die spanische Krone dazu veranlasste, päpstliche Intervention zu suchen.
Zuvor hatte Portugal den Frieden von Toledo mit Spanien geschlossen, der Spanien die Eroberungsabenteuer in Afrika (portugiesisches Hoheitsgebiet) untersagte.
Päpstliche Bullen von 1493
- 3. Mai 1493: Bulle Inter caetera (Gewährung von Rechten)
- 3. Mai 1493: Bulle Eximiae devotionis (Befreiung von Abgaben)
Diese Bullen gewährten geistliche Rechte und übertrugen die Verantwortung für die Evangelisierung und das Seelenheil der indigenen Bevölkerung. Die Bulle Inter caetera war besonders wichtig, da sie die zukünftige Ausbildung maßgeblich beeinflusste.
- 4. Mai 1493: Bulle Dudum siquidem (oft als zweite Inter caetera bezeichnet)
Diese definierte die territoriale Abgrenzung zwischen der spanischen und portugiesischen Krone.
Die Krone übertrug die Bildungsverantwortung auf die Siedler.
Das Encomienda-System
Die Encomienda war ein von der spanischen Krone geschaffenes System, bei dem einem Encomenderos (Siedler) eine bestimmte Anzahl indigener Menschen zugewiesen wurde. Der Encomendero war für deren Pflege und Evangelisierung verantwortlich. Im Gegenzug konnten die indigenen Arbeitskräfte für den spanischen Arbeitsmarkt genutzt werden. Diese Form der 'Ausbildung' war obligatorisch. Die Encomienda war ein Instrument der Evangelisierung in privater Hand, nicht direkt der Krone.
Frühe Evangelisierungsbemühungen
Zu den Aufgaben der Spanier gehörte es, 'gute Manieren' zu lehren. Dies implizierte das Recht der Spanier, in das Leben der indigenen Bevölkerung einzugreifen und deren ursprüngliche kulturelle Grundlagen zu zerstören.
Die Krone erklärte die Indigenen zwar für frei von Sklaverei und mit Rechten ausgestattet, doch in der Praxis wurden diese Rechte oft missachtet und sie mussten unter spanischer Aufsicht arbeiten.
Kulturelle Anpassung und Widerstand
Die indigene Bevölkerung passte ihre Lebensweise an. Obwohl ihre Kultur angeblich 'entfernt' wurde, blieb sie in Wirklichkeit intakt und wurde im Verborgenen weitergeführt. Dies war eine 'Fortsetzung der Kultur ihrer Praxis'.