Bundesstaat und Verfassungskontrolle: Eine Übersicht

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**Bundesstaat: Definition und Funktionsweise**

Ein Bundesstaat ist eine besondere und sehr wichtige Staatsform. Er stellt einen Zusammenschluss von Einzelstaaten dar, die jeweils einen Teil ihrer Souveränität an eine zentrale Bundesgewalt abtreten. Jeder Einzelstaat behält jedoch eine beträchtliche verfassungsmäßige, rechtliche und administrative Autonomie und ist durch eine eigene Verfassung organisiert.

**Kompetenzverteilung im Bundesstaat**

  • Föderale Macht: Die zentrale Gewalt, der die Einzelstaaten unterliegen.
  • Staatliche Macht: Die den Einzelstaaten verbleibende Macht.

Der Bundesstaat überlagert alle Einzelstaaten, die ihn bilden. Die Beziehung zwischen Bund und Ländern ist durch zwei Aspekte gekennzeichnet:

**Außenbeziehung**

Nach außen tritt der Bundesstaat als einheitlicher, zentralisierter Staat mit einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit im internationalen Recht auf. Dies unterscheidet ihn grundlegend von einem Staatenbund, der kein einheitliches Bild abgibt.

Für die Außenwelt gibt es keine Unterscheidung zwischen einem Bundesstaat und einem Einheitsstaat.

**Innenbeziehung**

Im Inneren basiert der Bundesstaat auf zwei Prinzipien:

  • Prinzip der Autonomie: Die Einzelstaaten besitzen eigene Rechtspersönlichkeit und behalten weitreichende verfassungsmäßige Befugnisse (jeder Staat hat seine eigene Verfassung) sowie legislative, administrative und judikative Kompetenzen.

Die Aufteilung der Macht zwischen Bundes- und Landesebene kann auf verschiedene Weisen erfolgen:

  1. Auflistung der Kompetenzen der Bundesgewalt: Alle anderen Kompetenzen liegen bei den Einzelstaaten.
  2. Auflistung der Kompetenzen der Länder: Die übrigen Kompetenzen fallen der Bundesgewalt zu.
  3. Zwei Listen: Eine für die Kompetenzen der Länder und eine für die des Bundes. Eine Restkompetenzklausel in der Bundesverfassung regelt die Zuständigkeit für nicht explizit aufgeführte Bereiche.
  4. Drei Listen: Eine für die Bundeskompetenzen, eine für die Länderkompetenzen und eine für die geteilten Kompetenzen. Auch hier ist eine Restkompetenzklausel notwendig.

Zusätzlich zur Restkompetenzklausel ist eine Prävalenzklausel erforderlich, die im Konfliktfall klärt, welches Recht Vorrang hat.

  • Prinzip der Partizipation: Die Existenz der Einzelstaaten erfordert die Verankerung bestimmter Mechanismen in der Bundesverfassung, die sicherstellen, dass die Interessen der Länder bei der Ausübung der Bundesgewalt berücksichtigt werden.

**Fuzzy Control der Verfassung**

Das US-amerikanische System, basierend auf dem Common Law, führte die Idee einer schriftlichen und starren Verfassung ein. Marshall entwickelte dazu grundlegende Überlegungen:

  • Die starre, schriftliche Verfassung der USA übertrug eine Reihe von Befugnissen, darunter auch an den US Supreme Court, der in bestimmten Streitigkeiten interveniert.
  • Ein Gericht muss bei der Lösung eines Rechtsstreits zwischen bestehenden Regeln wählen.
  • Im Falle eines Widerspruchs muss die Regel mit größerer Gültigkeit oder höherem Rang angewendet werden.

Für Marshall ist die Verfassung die hierarchisch wichtigste Regel und daher im Konfliktfall vorrangig anzuwenden.

**Eigenschaften der Fuzzy-Kontrolle**

Die Fuzzy-Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit etablierte sich im 19. Jahrhundert und zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Sie wird als Fuzzy-Logik bezeichnet, da sie von jedem Richter oder Gericht ausgeübt werden kann.
  • Sie kommt zur Anwendung, wenn ein Gericht in einem konkreten Fall einen möglichen Konflikt zwischen der Verfassung und einer untergeordneten Norm feststellt.
  • Kläger und Beklagte sind notwendig, um das Verfahren durchzuführen. Eine der Parteien muss den Richter auf den möglichen Widerspruch hinweisen und die Anwendung der Verfassung fordern. Sie wird daher in einem konkreten Fall als Verteidigungsmittel eingesetzt.
  • Jede Person ist berechtigt, eine gezielte Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit zu initiieren (es gibt eine ständige Öffnung).
  • Das Gericht entscheidet, ob ein Widerspruch zwischen der Verfassung und der untergeordneten Norm besteht. Falls nicht, wird die Norm angewendet. Falls ja, wird die Norm nicht angewendet, als ob sie nie existiert hätte (ex-tunc-Wirkung).
  • Die Entscheidung bezieht sich jedoch nur auf den konkreten Fall (inter-partes-Wirkung). Die Norm wird in diesem Fall nicht angewendet, bleibt aber Teil des Rechtssystems.

Im Common-Law-System orientieren sich Gerichte und Richter an früheren Entscheidungen in ähnlichen Fällen. Obwohl die Urteile nur inter-partes-Wirkung haben, können sie sich indirekt auf ähnliche Fälle auswirken.

Dies kann zu widersprüchlichen Präzedenzfällen führen. Das angelsächsische Rechtssystem ist jedoch hierarchisch aufgebaut, mit dem Supreme Court an der Spitze. Hier gilt der Grundsatz des stare decisis (an dem bereits Festgelegten festhalten). Wenn der Supreme Court eine Norm in einem Fall für verfassungswidrig erklärt, müssen alle Gerichte dem folgen und die Norm nicht mehr anwenden.

Der Grundsatz des stare decisis bindet die unteren Gerichte, nicht aber den Supreme Court selbst. Da die Norm nicht formell aufgehoben wurde, kann sie in Zukunft wieder angewendet werden.

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