David Hume: Erkenntnistheorie, Moral und die Grenzen des Wissens
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David Hume: Grundlagen seiner Philosophie
Humes radikaler Empirismus
David Hume argumentiert, dass die menschliche Erkenntnis ausnahmslos unmittelbar oder mittelbar aus der sinnlichen Erfahrung resultiert. Er ist ein Empiriker und folgt dem Grundsatz, den John Locke formulierte: „Es gibt nichts im Verstand, was nicht zuvor in den Sinnen war.“ Für Hume gibt es keine angeborenen Ideen. Er entwickelte eine radikale empiristische Philosophie.
Zwei Dimensionen menschlicher Erkenntnis
Hume unterscheidet beim Menschen zwei Dimensionen der Erkenntnis:
- Eine theoretische Dimension, die sich auf das Wissen bezieht.
- Eine praktische Dimension, die sich auf das Handeln konzentriert.
In der praktischen Dimension sind drei zentrale Anliegen Humes zu finden:
Das moralische Problem
Es fragt, wie wir die Normen von Recht und Unrecht festlegen, die wir für unser Handeln im Leben verwenden.
Lösung: Der moralische Emotivismus.
Das politische Problem
Es fragt nach der Grundlage der politischen Macht und der Notwendigkeit von Rechtsregeln, um ein Zusammenleben in der Gesellschaft zu ermöglichen.
Lösung: Der politische Utilitarismus.
Das Problem des religiösen Glaubens
Es hinterfragt die Natur der religiösen Überzeugung, ihre Ursachen und ihre rationale Gültigkeit.
Lösung: Der religiöse Agnostizismus.
Humes Theorie der Wahrnehmungen und Ideen
Nach Hume können wir Phänomene nur mit einem wahrscheinlichen Charakter erkennen. Unsere geistigen Inhalte, von Hume als Wahrnehmungen bezeichnet, stammen immer direkt oder indirekt aus der Erfahrung.
Arten von Wahrnehmungen: Impressionen und Ideen
Wahrnehmungen lassen sich unterteilen in:
Impressionen (Eindrücke)
Dies sind die direkten und unmittelbaren Folgen einer Erfahrung. Sie können zwei Arten sein:
- Externe Impressionen: Wenn sie von unseren Sinnen stammen.
- Interne Impressionen oder Reflexionsimpressionen: Die aus unseren eigenen Ideen entstehen. Hierzu gehören Leidenschaften, Wünsche und Gefühle.
Ideen
Ideen sind geschwächte Kopien der Impressionen in unserer Vorstellung. Sie unterscheiden sich von Impressionen dadurch, dass:
- Ideen schwächer sind.
- Ideen immer das letzte Abbild eines Eindrucks sind.
- Ideen eine indirekte Herkunft haben, da sie immer von einem Eindruck stammen.
- Die Idee etwas vermittelt.
- Die Idee auch nach dem Eindruck noch besteht.
Einfache und komplexe Wahrnehmungen
Hume unterscheidet auch zwischen einfachen und komplexen Wahrnehmungen:
- Einfache Impressionen sind solche, die keine Unterscheidung oder Trennung zulassen und zu einfachen Ideen führen. (Z. B. der Eindruck einer farbigen Oberfläche).
- Komplexe Impressionen sind solche, die eine Unterscheidung oder Trennung zulassen und zu komplexen Ideen führen. (Z. B. der Blick auf Paris vom Montmartre).
Die Assoziation von Ideen bei Hume
Die Einbildungskraft (Phantasie) besitzt die Fähigkeit, Ideen miteinander zu verbinden, sei es auf natürliche oder willkürliche Weise.
Die drei Gesetze der Ideenassoziation
Es gibt drei grundlegende Gesetze der Assoziation von Ideen:
- Gesetz der Ähnlichkeit: Die Einbildungskraft geht von einer Vorstellung zu einer anderen über, die ihr ähnelt.
- Gesetz der Kontiguität (räumliche und zeitliche Nähe): Die Einbildungskraft geht von der Idee eines Objekts zu einer anderen Idee über, die in der bisherigen Erfahrung normalerweise räumlich und zeitlich daneben lag.
- Gesetz der Kausalität (Ursache und Wirkung): Die Einbildungskraft geht von der Idee einer Wirkung zur Idee ihrer Ursache über, da beide Vorstellungen in der Erfahrung gewöhnlich miteinander verbunden sind, wobei die Ursache der Wirkung vorausgeht.
Auf diese Weise werden auch abstrakte Ideen von unserer Einbildungskraft abgeleitet.
Humes Kritik der Kausalität und die Grenzen des Wissens
Induktion und Kausalität
Die empirischen Wissenschaften nutzen die Methode der induktiven Verallgemeinerung zur Formulierung ihrer Gesetze. Induktive Argumentation basiert auf der Gewohnheit, zukünftige Informationen im Einklang mit der Vergangenheit zu beobachten, und auf der Überzeugung, dass diese Übereinstimmung immer beibehalten wird.
Der Begriff der Ursache wird oft als das Prinzip einer notwendigen Bedingung für die Existenz einer bestimmten Wirkung verstanden. Für Hume ist dieses Prinzip jedoch nicht aus der Erfahrung ableitbar.
Was wir bei einem Kausalzusammenhang wahrnehmen
Was wir tatsächlich erleben, wenn wir einen Kausalzusammenhang beobachten, ist lediglich:
- Eine zeitliche Priorität der einen Bewegung vor der anderen.
- Eine räumlich-zeitliche Nähe zwischen den beiden Bewegungen.
- Eine konstante Verbindung in der Vergangenheit zwischen den beiden Bewegungen, aber keine notwendige Verbindung für die Zukunft.
Unser Wissen über die Tatsachen der Realität ist daher kein absolut gesichertes Wissen, sondern allenfalls wahrscheinlich, basierend auf Gewohnheit und Glauben.
Arten von Urteilen und die Grenzen des Wissens
Zwei Arten von Urteilen nach Hume
Für Hume können wir nur zwei Arten von Urteilen oder wissenschaftlichen Aussagen bilden:
- Urteile über Ideenbeziehungen (Relations of Ideas): Hierbei handelt es sich um notwendige Beziehungen zwischen Subjekt und Prädikat (z. B. mathematische oder logische Aussagen).
- Urteile über Tatsachen (Matters of Fact): Die Wahrheit dieser Aussagen hängt von ihrer Übereinstimmung mit unseren empirischen Beobachtungen ab (z. B. Aussagen über die Welt).
Die Skepsis gegenüber Selbst, Welt und Gott
Wir können nicht wissen, ob das Selbst, die Welt oder Gott als eigenständige Entitäten hinter unseren Eindrücken existieren.
- Die Idee des Selbst ist für Hume lediglich die Assoziation von Ideen und deren Zuordnung zu einem einzigen Subjekt. Es gibt keinen konstanten Eindruck eines "Ichs".
- Die Idee der Welt besteht aus den Eindrücken, die wir erhalten, zusammenhängend in Raum und Zeit durch die Einbildungskraft. Eine angebliche Substanz, von der wir keinen entsprechenden Eindruck haben, kann nicht bewiesen werden.
- Die Idee von Gott ist die Idee eines Wesens, das per Definition nicht wahrnehmbar ist. Daher ist klar, dass es keine empirische Erkenntnis eines solchen Wesens geben kann. Wir wissen nicht, ob es existiert oder nicht.
Folgen von Humes Empirismus und seine praktische Philosophie
Wichtige Konsequenzen von Humes Empirismus
Drei wesentliche Konsequenzen ergeben sich aus Humes Empirismus:
- Phänomenalismus: Diese Position besagt, dass wir nur das erkennen können, was uns als Eindrücke erscheint. Die Realität reduziert sich auf die Erscheinungen.
- Idealismus: Eine Position, in der die einzige Realität die der Ideen oder Vorstellungen des Subjekts ist.
- Skeptizismus: Die Position, die die Möglichkeit leugnet, gesicherte Wahrheiten über die Wirklichkeit zu erlangen. Humes Skepsis ist jedoch primär theoretischer (philosophischer) Natur.
Humes Moralphilosophie: Der Emotivismus
Die moralische Beurteilung ist für Hume eher die Folge eines Gefühls der Zustimmung oder Ablehnung, das durch Lust oder Unlust hervorgerufen wird, die uns eine bestimmte Erfahrung bereitet. Die Unterscheidung von Gut und Böse entspringt dem Gefühl und nicht der Vernunft.
Humes politische Philosophie: Utilitarismus und Recht
Der Zweck der politischen Gesellschaft ist es, ein friedliches Zusammenleben der Bürger zu erreichen. Die Idee des Rechts muss als eine Vereinbarung zwischen den Bürgern verstanden werden, um Regeln für die Erfüllung von Verpflichtungen und Versprechen festzulegen.
Humes Religionsphilosophie: Agnostizismus und Zweifel
In Bezug auf die Religion kann man nach Hume nur Folgendes feststellen:
- Zweifel: Wir können die Wahrheit religiöser Aussagen nicht rational feststellen.
- Unsicherheit: Man kann dieser Situation des Zweifels nicht entkommen.
- Widerspruch: Wenn wir versuchen, die Wahrheiten der Religion, wie zum Beispiel die Existenz Gottes, mit der Vernunft zu begründen, geraten wir in fortwährende Widersprüche.