Der Denker von Rodin: Analyse und Kontext

Eingeordnet in Philosophie und Ethik

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 4,3 KB

Der Denker von Auguste Rodin

Titel: Der Denker (Le Penseur)
Autor: Auguste Rodin
Entstehungszeit: 1880-1900
Schule/Land: Frankreich
Stil: Impressionismus

Technische Merkmale

Sitzende Bronze-Skulptur, gegossen im Rodin-Museum in Paris. Die Technik, die sie von anderen Werken Rodins unterscheidet, ist die Bearbeitung der Oberfläche mit den Händen und Werkzeugen, wodurch eine gewollte Unvollkommenheit und Rauheit entsteht, die den manuellen Prozess sichtbar macht. Die Rauheit der Skulptur verleiht ihr formale Kraft und Stärke.

Formale Elemente

  • Die Ansicht ist multifazial.
  • Die geschlossene Form des Denkers offenbart die Spannung eines kräftigen Körpers, der in sich gekehrt ist. Dies symbolisiert das geistige Leben, in dem sich innere Stärke und Volumen entfalten.
  • Die Statue Rodins folgt der Diagonale des nach vorne geneigten Kopfes. Beine und Arme verlaufen in entgegengesetzte Richtungen.
  • Die Verdrehung des Körpers, bei der der rechte Ellenbogen auf dem linken Knie ruht, ermöglicht vielfältige Blickwinkel für den Betrachter, der die Statue umrunden kann.
  • Der Denker wurde zu einem Symbol der Moderne und verkörpert die Komplexität und Intensität menschlicher Gefühle und Emotionen.

Beziehungen zu ähnlichen Werken

Andere Werke des Autors:

  • 1. Der Kuss (Le Baiser)

    Diese Gruppe, ebenfalls Teil der 'Pforten der Hölle', bezieht sich auf die tragische Geschichte von Paolo und Francesca, erzählt in Dantes 'Göttlicher Komödie'. Rodin entwickelte hier das Thema welliger Oberflächen und Sinnlichkeit. Dieser Aspekt erinnert an Bernini.

  • 2. Die Bürger von Calais

Bedeutung und Funktion des Werkes

Der Denker sollte ursprünglich das Zentrum der 'Pforten der Hölle' bilden. Das Werk wurde 1880 von der französischen Regierung für ein geplantes Museum für dekorative Künste in Auftrag gegeben. Das Gebäude wurde jedoch nie realisiert, und die 'Pforten der Hölle' verblieben in Rodins Atelier.

Das Werk stellt einen Mann in nachdenklicher, geistiger Aktivität dar, die sich in der körperlichen Anspannung jedes Körperteils manifestiert. Der Denker, der in sich versunken meditiert, wirkt robust und kraftvoll. Seine Stärke liegt in der Fähigkeit, über die Welt nachzudenken. Es wird oft angenommen, dass die Figur den Dichter Dante darstellt, der über die Hölle nachdenkt, die sich unter ihm erstreckt. Andere sehen darin Rodin selbst oder einfach den universellen Denker. Darüber hinaus verkörpert die Skulptur ein universelles Symbol: den Akt des Denkens.

Historischer und künstlerischer Kontext

Die Dritte Französische Republik. Die liberale Bourgeoisie, die sich gegen den Despotismus des Zweiten Kaiserreichs stellte, übernahm nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg von 1870 und der Erfahrung der Pariser Kommune die Macht. Geprägt von der Industriellen Revolution und wirtschaftlicher/finanzieller Spekulation, blickte diese Bourgeoisie in die Zukunft und hatte wenig Interesse an den Spuren der Vergangenheit.

Historische oder mythologische Themen, die von offiziellen französischen Akademiekünstlern bevorzugt wurden, entsprachen nicht mehr der Ästhetik dieser aufstrebenden sozialen Klasse. Diese neue Bourgeoisie vertrat Prinzipien und Werte, die sich in Ideen wie Unabhängigkeit, Aufrichtigkeit und Individualismus widerspiegelten.

Rodin griff diese Ideen auf und entwickelte eine neue künstlerische Sprache, die im Gegensatz zur akademischen Schule stand. Rodin begann mit dem Realismus, wandte sich dann dem Impressionismus und Symbolismus zu und brach schließlich mit der traditionellen Skulptur.

Einfluss von Michelangelo

Der wichtigste Einfluss auf Rodins Arbeit war Michelangelo, den er auf seiner Reise nach Italien im Jahr 1875 entdeckte. Der italienische Meister beeinflusste Rodin nicht nur durch die 'terribilità' (geistige Größe und Intensität) seiner Statuen, sondern inspirierte auch Posen und Haltungen, die von den berühmtesten Künstlern der Renaissance verwendet wurden. Das Projekt der 'Pforten der Hölle' erinnert in der Anordnung der Figuren stark an Michelangelos 'Jüngstes Gericht'.

Verwandte Einträge: