Die Desamortisation in Spanien: Landreform und ihre Folgen

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Im Ancien Régime (AR) spielte Land eine zentrale Rolle. Die Änderung der Eigentumsverhältnisse war entscheidend für den Übergang zum Neuen Regime (NR), da Konfiskationen maßgeblich zu dieser Transformation beitrugen. Betroffen waren vor allem die Formen des Landbesitzes, wenngleich technische Aspekte und Anbauarten in geringerem Maße ebenfalls eine Rolle spielten.

Zweck der Desamortisation

Der Hauptzweck der Desamortisation war die Enteignung von Land, um Platz für Privateigentum und eine Marktwirtschaft zu schaffen. Dieses Land, das im Falle der Kirche als „tote Hand“ galt, wurde von verschiedenen Institutionen und Personen gehalten: der Kirche, dem Adel (Fideikommissen, Erstgeburtsrechte), städtischen Räten und dem Staat selbst. Diese Güter, die weder verkauft noch vererbt werden konnten, sollten in das neue kapitalistische System des NR integriert werden.

Gesetzliche Grundlagen und Phasen

Die Desamortisation umfasste eine Reihe von Gesetzen, die institutionelles Eigentum in marktfähiges Privateigentum umwandelten. Dieser Prozess war von großer Bedeutung, da er das Ende der Eigentümerstruktur des AR markierte. Diese Gesetze wurden erlassen, als Liberale an der Macht waren. Neben der Abschaffung feudaler und gerichtlicher Rechte zielten sie auch auf die Aufhebung des Erstgeburtsrechts und der Mesta ab.

Der Desamortisationsprozess lässt sich in zwei Hauptphasen unterteilen:

  • Phase 1: Nationalisierung – Entkopplung des Eigentums von Adel und Kirche von ihren traditionellen Bindungen und dessen Umwandlung in verkäufliches Staats- oder Gemeindeeigentum.
  • Phase 2: Verkauf – Veräußerung dieser Ländereien an private Hände. Der Staat generierte Einnahmen aus diesen Verkäufen (entweder als Barzahlung oder als Schuldentilgung, wobei der Käufer den Betrag über eine feste Laufzeit mit Zinsen zahlen musste).

Ziele der Desamortisation

Die Einnahmen aus den Verkäufen sollten hauptsächlich zur Lösung der Probleme der Staatsfinanzen (Hacienda Pública) dienen. Auf politischer Ebene sollte eine Gruppe von Eigentümern geschaffen werden, die den elisabethanischen Liberalismus verteidigten. Wirtschaftlich zielte man darauf ab, die Landwirtschaft von einem reinen Besitzmodell zu einem profitableren System zu transformieren. Gesellschaftlich hoffte man, die Mittelschicht und die Bauernschaft würden Land erwerben, doch dieses Ziel scheiterte offensichtlich, da hauptsächlich wohlhabende Personen und Großgrundbesitzer Land kauften, während Tagelöhner benachteiligt wurden.

Historischer Verlauf und wichtige Desamortisationen

Die Desamortisation war ein Prozess, der sich über das gesamte 19. Jahrhundert erstreckte und mit den Regierungen der Progressisten zusammenfiel. Vor den großen Desamortisationen von Mendizábal und Madoz gab es bereits Vorläufer, wie die von Godoy zur Finanzierung des Ersten Koalitionskrieges und die in den Cortes von Cádiz (1811), wo territoriale Herrschaften in Privateigentum umgewandelt wurden (obwohl dies im Dreijahreszeitraum rückgängig gemacht wurde).

Die Desamortisation von Mendizábal (1836)

Die Desamortisationen von Mendizábal (1836) und Madoz waren die bedeutendsten. Die von Mendizábal war irreversibel, schnell und von großem Umfang. Sie betraf ausschließlich kirchliches Eigentum durch zwei Bestimmungen:

  1. Auflösung der religiösen Orden und Verstaatlichung ihres Eigentums.
  2. Versteigerung der Güter.

Anfangs war nur der reguläre Klerus betroffen, doch ab 1837 auch der weltliche Klerus. Der Liberalismus strebte damit an, die Staatsschulden zu reduzieren und die Staatskasse zu entlasten.

Die Desamortisation von Madoz (1855)

Die zweite große Desamortisation von Madoz im Jahr 1855 enteignete Land von Gemeinden, dem Staat und anderen Institutionen gegen eine geringe Entschädigung. Dies geschah durch das „Gesetz der allgemeinen Desamortisation“ (Ley de Desamortización General). Mit den Einnahmen sollten Investitionen, insbesondere in den Eisenbahnbau, finanziert werden (die erste Eisenbahnlinie auf der Halbinsel, Barcelona-Mataró, wurde 1848 eröffnet). Die Desamortisation von Madoz war die längste und wurde erst 1924 abgeschlossen.

Folgen der Desamortisation

Als Ergebnis der Desamortisation festigte sich das Privateigentum. Die Landkonzentration nahm zu, was die Agrarfrage verschärfte. Es entstanden sowohl Großgrundbesitze (Latifundien) als auch Kleinbetriebe (Minifundien).

Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen

  • Begünstigte: Der Adel und das Bürgertum.
  • Benachteiligte: Die Kirche (obwohl dies durch das moderate Jahrzehnt unter Narváez mit Unterstützung des Klerus teilweise ausgeglichen wurde), Gemeinden und Kleinbauern, was zur Entstehung einer Arbeiterklasse führte.

Politische und kulturelle Auswirkungen

  • Politisch: Eine starke Zunahme der Anhänger des Liberalismus war zu verzeichnen. Es kam zu einer Trennung zwischen Kirche und Staat, die von 1836 bis zu ihrer vollständigen Auflösung im Jahr 1951 andauerte.
  • Sozial: Die Bedeutung der neuen bürgerlichen Klasse, der Arbeiter, stieg.
  • Kulturell: Das Verschwinden religiöser Orden führte zur Verschlechterung historischer Bauten und anderer künstlerischer Kulturgüter.

Fazit und Bewertung

Zusammenfassend kann diese Periode nicht als vollständiger Misserfolg betrachtet werden, da bestimmte Ziele erreicht wurden, wie die Finanzierung der Karlistenkriege, die Tilgung von Staatsschulden, Eisenbahninvestitionen und strukturelle Veränderungen des Landes. Allerdings wurden nicht alle Ziele erfüllt: Es gab kein Wachstum in der landwirtschaftlichen Produktion, es wurde weniger Geld als erwartet eingenommen (aufgrund vieler Schulden und Korruption), das Problem des Landbesitzes verschärfte sich, und die Industrialisierung wurde nicht wie erhofft vorangetrieben.

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