Descartes: Denken, Ideenlehre und Geist-Körper-Dualismus

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Descartes: Cogitatio und Ideenlehre

Die cartesianische Vorstellung der cogitatio (des Denkens) ist von zentraler Bedeutung für die Philosophie von René Descartes. Gedanken sind Akte, die vom unmittelbaren Bewusstsein getragen werden und Reflexionen über Handlungen ermöglichen können. Descartes unterscheidet zwei Arten von Denkakten: kognitive Leistungen (wie Wahrnehmung) und Willensakte. Das Denken ist das wichtigste Attribut der geistigen Substanz, weshalb Descartes die Seele als denkende Substanz (res cogitans) identifiziert. Es ist auch das Denken, das dem Individuum seine eigene Existenz bestätigt (cogito ergo sum).

Descartes unterscheidet drei Arten von Gedankeninhalten: Ideen (als Vorstellungen), Urteile und Willensakte. Ideen sind für Descartes Denkweisen, die durch unmittelbare Wahrnehmung und Bewusstsein des Denkens entstehen. Sie bestimmen den Gedanken, sodass dieser und nichts anderes wahrgenommen wird. Sie haben einen repräsentativen Wert, sind geistiger Natur und besitzen eine objektive Realität und Bedeutung, auf die sich die Gesetze des Denkens anwenden lassen.

Descartes' Konzept der Idee verändert die Auffassung der bisherigen scholastischen Philosophie. Für die Scholastiker war die Idee ein medium quod (ein Mittel, durch das gedacht wird): Der Gedanke richtete sich nicht direkt auf die Dinge, sondern auf die Ideen der Dinge. Descartes hingegen sieht Ideen als das, was direkt erfasst wird (id quod menti objicitur).

Descartes klassifiziert Ideen nach ihrem Ursprung:

  • Erworbene Ideen (ideae adventitiae): Jene, die aus der äußeren Erfahrung der Realität stammen und von außen an uns heranzutreten scheinen.
  • Erdichtete Ideen (ideae factitiae): Jene, die wir selbst aus anderen Ideen bilden oder konstruieren.
  • Angeborene Ideen (ideae innatae): Jene, die aus unserer eigenen Natur stammen und dem Geist inhärent sind, wie die Idee Gottes, des Selbst oder mathematische Prinzipien.

Als reine Denkakte oder subjektive Realität (realitas formalis) betrachtet, sind alle Ideen gleichwertig. Hinsichtlich ihrer objektiven Realität (realitas objectiva) jedoch, d.h. als Repräsentationen von Dingen, unterscheiden sie sich stark voneinander.

Descartes: Dualismus von Körper und Seele

Seele und Körper sind bei Descartes unterschiedliche Substanzen. In seinen Prinzipien der Philosophie definiert Descartes Substanz als etwas, das zu seiner Existenz nichts anderes benötigt. In diesem strengen Sinne ist nur Gott eine absolute Substanz; geschaffene Substanzen wie Seele und Körper benötigen nur Gott zu ihrer Existenz, sind aber voneinander unabhängig.

Die Seele ist für Descartes eine Substanz, deren wesentliches Attribut das Denken ist (res cogitans – die denkende Sache). Auf die Frage 'Was bin ich?' antwortet Descartes: Eine denkende Sache, eine denkende Substanz. Der Körper hingegen ist eine Substanz, deren wesentliches Attribut die Ausdehnung in drei Dimensionen ist (res extensa – die ausgedehnte Sache).

Die Existenz der ausgedehnten Substanz (der materiellen Welt) wird von Descartes nach dem Beweis der Existenz Gottes und dessen Wahrhaftigkeit etabliert. Größe, Form und Bewegung sind Eigenschaften der körperlichen Welt. Die res extensa wird als etwas rein Materielles und Mechanisches aufgefasst.

Diese radikale Unterscheidung zwischen denkender, nicht-ausgedehnter Seele und ausgedehntem, nicht-denkendem Körper führt zum bekannten Leib-Seele-Problem: Wie können zwei derart verschiedene Substanzen miteinander interagieren? Das Problem der Interaktion stellt sich insbesondere beim Menschen. Der menschliche Körper ist Teil der res extensa und funktioniert wie eine Maschine, ähnlich wie die Körper von Tieren. Descartes argumentiert jedoch, dass Tieren das kreative Denken (die res cogitans) fehlt, was sich beispielsweise in ihrer Unfähigkeit zu echter Sprache und komplexer Kognition zeige.

In seinen späteren Werken, insbesondere in Die Passionen der Seele, beschäftigt sich Descartes mit der Frage, wie Seele und Körper trotz ihrer Verschiedenheit eine enge Einheit bilden. Er betont, dass die Seele nicht nur wie ein Lotse in seinem Schiff im Körper wohnt, sondern tatsächlich mit dem gesamten Körper eng verbunden ist. Allerdings gibt es nach Descartes einen spezifischen Ort im Gehirn, an dem die Seele ihre Funktionen in besonderer Weise ausübt: die Zirbeldrüse (Epiphyse). Descartes wählte diese Drüse als hauptsächlichen Sitz der Seele und Schnittpunkt zwischen Körper und Geist, vermutlich aufgrund ihrer zentralen und – wie er annahm – unpaarigen Lage im Gehirn.

Der cartesianische Dualismus ermöglicht es Descartes, die Freiheit des Willens zu begründen. Die Freiheit der Seele offenbart sich beispielsweise im methodischen Zweifel: Das Zweifeln selbst ist ein Akt der Freiheit. Dieser Dualismus ermöglicht es ihm auch, die Unsterblichkeit der Seele zu postulieren, da die Seele als immaterielle, denkende Substanz nicht mit dem materiellen Körper stirbt. Descartes grenzte die Seele klar ab, indem er sie mit dem Bewusstsein gleichsetzte: Nur bewusste Aktivitäten rechnete er dem Seelenleben zu. Der Verstand bzw. die Vernunft wird als zentrale Fähigkeit der denkenden Seele betrachtet.

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