Diskursanalyse: Typologie, Überzeugung und Manipulation

Eingeordnet in Lehre und Ausbildung

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 9,71 KB

Grundlagen: Diskurs und Text

Diskurs und Text: Definition und Abgrenzung

Der Diskurs ist im Text konkretisiert, unterscheidet sich jedoch dadurch, dass er dessen Grenzen überschreitet. Der Text ist das Regelwerk, das nach den Regeln der Sprache organisiert und strukturiert ist. Die Rede (oder Äußerung) bezieht sich auf die Idee des Sprechers, die ausgegeben und als Text veröffentlicht wird, um den Lesern zu ermöglichen, sich auf einen bestimmten Zeitpunkt oder ein Ereignis zu beziehen und diesen einen Sinn zu geben.

Arten des Diskurses und ihre Merkmale

  • Dominanter Diskurs: Der dominante Diskurs verbalisiert die Prinzipien, Wünsche und Diktate der Oligarchie, die in einem bestimmten Kontext die Macht besitzt. Jede Rede eines Präsidenten, Monarchen, Diktators oder Ministers wäre ein Beispiel für den dominanten Diskurs (nicht notwendigerweise autoritär, gewalttätig oder gerecht).
  • Autorisierter Diskurs: Dies ist die Rede, die von jemandem mit einer institutionellen Autorität oder als Sprecher einer bestimmten sozialen Gruppe gehalten wird. Beispiele hierfür sind die Äußerungen eines Arztes, eines Dekans oder eines Geschäftsführers.
  • Autoritativer Diskurs: Hierbei zwingt der Sprecher dem Zuhörer seinen Willen auf, meist ohne ihm Gelegenheit zur Antwort oder Frage zu geben. Er repräsentiert den Willen zur Macht, um Verhalten zu beeinflussen und Vorteile zu erlangen.
  • Polemischer Diskurs: Ein Diskurs, in dem zwei oder mehr Personen oder Gruppierungen gegensätzliche Meinungen äußern, von einer banalen Diskussion bis hin zu philosophischen und existenziellen Gesprächen.
  • Spielerischer Diskurs: Überzeugungsarbeit, die aus reiner Freude geleistet wird, in der Regel ohne Druck, mit dem Ziel der zwischenmenschlichen Kommunikation und des Dialogs. Viele Gedichte und Lieder können als Beispiele für den spielerischen Diskurs zitiert werden.

Überzeugungskraft (Persuasion)

Der Begriff Überzeugungsarbeit wird täglich verwendet (besonders im Kontext des Werbediskurses), in Anspielung auf eine Art diskursiven Verhaltens, dessen Ziel es ist, "Ideen durchzusetzen". Wissenschaftler definieren Überredung als ein Verfahren, das aus sprachlichen Übungen besteht, mit dem Ziel, Einstellungen, Verhaltensweisen und Ideen zu formen.

Textuelle Typologie nach Grad der Überzeugung

  • Spielerischer Diskurs: Minimaler Grad an Überzeugungskraft

    Der Empfänger nimmt die dargestellte Realität auf, die zufälligen Faktoren oder den Bedürfnissen der Sprache selbst unterliegt. Der Diskurs neigt zur Polysemie (Mehrdeutigkeit). Der künstlerische Diskurs (Literatur, Filme, Musik etc.) dient als Beispiel in dieser Kategorie.

  • Polemischer Diskurs: Durchschnittlicher Grad an Überzeugungskraft

    Die Bedeutung wird durch die dialogische Reversibilität zwischen den Polen der Sprache und den Gesprächspartnern konstruiert. In diesem Fall zeigt die Rede eine Spannung zwischen Paraphrase und Polysemie, zwischen Identität und Vielfalt. Diese Spannung neigt zur Reorganisation der Sprache. Die diskursive Auseinandersetzung kann in der Konfrontation zweier autoritärer Positionen enden. Beispiel: Gerichtsverfahren, Klassendiskussionen und alle Situationen, in denen unterschiedliche Positionen in Konflikt stehen.

  • Autoritativer Diskurs: Höchstmaß an Überzeugungskraft

    Der Sender verlangt, dass die übermittelte Botschaft der Realität der Sprache entspricht – er reduziert (und neutralisiert in einigen Fällen) den Interpretationsspielraum des Empfängers. Der Diskurs neigt zur "Paraphrase", d.h. zur Wiederholung des Sinns und der zugrunde liegenden Ordnung seiner Übertragung. Beispiel: Predigten, Gebete und Werbediskurse.

Der Werbediskurs

Werbung ist eine bezahlte Botschaft in den Medien, um ein Produkt oder eine Dienstleistung in Form einer Marke an ein Publikum (Verbraucher) zu verkaufen. Sie nutzt sprachliche und stilistische Mittel zur Überredung und Verführung durch rationale und emotionale Appelle. Anders als andere Nachrichten organisiert, setzt Werbung in Reihen und Folgen Werte, Mythen, Ideen und andere symbolische Ausarbeitungen durch sprachliche Mittel ein, die als Vehikel dienen, sei es phonetisch, lexikalisch-semantisch oder morphosyntaktisch.

Die Struktur der überzeugenden Werbebotschaft

Die Struktur der überzeugenden Werbebotschaft basiert auf drei Prinzipien:

  1. Der Appell an Emotionen: Dies ist ein Plädoyer für Werte, die den Verbrauchern wichtig sind und nach denen sie in Produkten suchen.
  2. Das Angebot des Beweises: Dies ist eine Begründung oder ein Beweis dafür, dass das Produkt die versprochenen Vorteile bietet; es ist eine Erklärung der Merkmale des Produkts.
  3. Die Berufung auf die Glaubwürdigkeit des Kommunikators: Dies ist ein Appell an die Ehrlichkeit und Integrität des Werbenden. Dies beinhaltet Verweise auf die Langlebigkeit des Werbenden und den Einsatz von persönlichen Erfahrungsberichten und Empfehlungen von Experten.

Die Werbung konstruiert Repräsentationen durch die Integration von verbalen und nonverbalen Elementen, die kombiniert Sinn erzeugen. Sie legitimiert das aktuelle Lebensmodell der herrschenden Gesellschaft, das unter den Konsumenten als Sprache der sozialen Eingliederung fungiert.

Warenfetischismus

Das Wort Fetisch kommt von "Hexerei", etwas, das eine übernatürliche Macht über jemanden hat. In der Freudschen Psychoanalyse kann ein Fetisch als Ersatz für ein Objekt der Begierde verstanden werden. Der Fetisch der Ware bedeutet, dass die erworbenen Güter eine andere Bedeutung erhalten, als die, für die sie ursprünglich bezahlt wurden (ihr Gebrauchswert).

Warenfetischismus ist die Art und Weise, wie Karl Marx das soziale und psychologische Phänomen nannte, bei dem Waren einen Willen unabhängig von ihren Herstellern zu haben scheinen. Nach Marx ist der Fetischismus eine soziale Beziehung unter den Menschen, die durch Dinge vermittelt wird. Das Ergebnis ist das Auftreten einer direkten Beziehung zwischen Dingen und nicht zwischen Menschen. Die Menschen verhalten sich wie Dinge und die Dinge wie Menschen. Der Fetisch ist der Wunsch des Verbrauchers nach einer bestimmten Ware oder Dienstleistung, geleitet durch seine Sehnsüchte und Bestrebungen.

Intentionalität und Manipulation in der Rede

Die Intentionalität der Rede

Eine der wichtigsten Fragen bei der Texterstellung ist, unsere Gesprächspartner zu kennen und somit die diskursiven Strategien zu wählen, um die Ziele zu erreichen. Im Falle des literarischen oder narrativen Diskurses ist dieser Faktor nicht so wichtig, da in diesem Fall die Form und die ästhetische Schöpfung im Vordergrund stehen. Wenn es jedoch um die Werbesprache geht, ist es entscheidend, das Ziel und den Gesprächspartner zu identifizieren, um den Text entsprechend zu produzieren.

Intentionalität und Handhabung (Manipulation)

Jeder Text, unabhängig von seiner Art, hat immer eine Absicht hinter seiner Konstruktion. Es gibt keine naive Rede ohne Absicht. Somit sind alle Texte intentional und zielen immer auf ein bestimmtes Ziel ab. Jede Rede will verführen, überzeugen, mobilisieren und transformieren. Wenn jeder Text gewollt ist, dann setzt jeder Text Manipulation voraus. Wer einen Text produziert, muss in erster Linie glauben machen oder den Hörer dazu bringen, das zu glauben, was der Text suggeriert. Daher muss ein Vertrauensverhältnis mit der Öffentlichkeit geschaffen werden, damit das Kommunizierte als wahr akzeptiert wird.

Arten der Manipulation

  • Versuchung (Temptation): Ich versuche meinen Gesprächspartner mit einem positiven Versprechen zu locken, wenn er das tut, was ich will. Beispiel: Wenn Sie diesen Duft tragen, werden alle Menschen Sie begehren.
  • Einschüchterung: Ich bedrohe meinen Gesprächspartner mit einem negativen Versprechen, wenn er nicht tut, was ich will. Dies ist eine deutlichere, krassere Form der Manipulation. Beispiel: Wenn Sie dieses Auto nicht haben, kümmert sich niemand um Sie.
  • Verführung (Seduction): Eine der subtilsten und anspruchsvollsten Formen der Manipulation, da sie nicht klar ist und sich hinter einer Kooptation verbirgt. Beispiel: Sie wissen, dass Sie klug, cool und auf dem neuesten Stand sind, also lesen Sie die Washington Post.
  • Provokation: Arbeitet mit dem Selbstwertgefühl der Öffentlichkeit, um zu provozieren. Beispiel: Bezweifeln Sie, dass Sie in diesem Rennen so gut sein können wie er?

Diskursmodi

  • Neuheit (Novelty): Der offenste und demokratischste Diskurs, der ein geringeres Maß an Überzeugungskraft trägt. Es ist ein offener Dialog zwischen Produzent und Rezipient, in dem mehrere Interpretationen möglich sind. Beispiel: Künstlerische Produktionen – Gedichte, Lieder, etc.
  • Umstritten (Kontrovers): Hier erhöht sich der Grad des Anreizes. Es gibt eine Debatte zwischen Produzent und Empfänger. Die Ideen werden präsentiert, um Kritik und Diskussion zu provozieren. Beispiel: Wissenschaftliche Lektionen, journalistische Texte.
  • Autoritär: Die überzeugendste diskursive Form. Zielt darauf ab zu manipulieren, zu verführen und zu überzeugen. Der Empfänger wird zum bloßen Rezipienten, ohne die Möglichkeit, etwas zu ändern. Der maßgebliche Diskurs ist die wirksamste Werbung.

Verwandte Einträge: