Ehenichtigkeitsverfahren im Kirchenrecht: Zuständigkeit, Parteien & Rechtshilfe

Eingeordnet in Rechtswissenschaft

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 7,18 KB

Gerichtsbarkeit und Zuständigkeit im Ehenichtigkeitsverfahren

Die Gerichtsbarkeit (Jurisdiktion) ist die Befugnis eines Richters, einen Fall zu beurteilen. Die Ehe zwischen Getauften wird vom kirchlichen Gericht beurteilt. In Madrid gibt es zwei kirchliche Gerichte: das Gericht erster Instanz und das Gericht zweiter Instanz der Rota, das die Befugnis hat, Fälle der Ehenichtigkeit zu verhandeln. Die Zuständigkeit (Kompetenz) legt fest, welches Gericht den Nichtigkeitsgrund kennt und welche Kriterien dafür maßgeblich sind.

In kirchlichen Gerichten werden Kriterien für die Zuständigkeit festgelegt, insbesondere wenn es um die Würde der Ehe (Connubii Dignitas) bei Nichtigkeitsverfahren geht. Gemäß Canon 1673, Artikel 10, gibt es vier Gründe für die Einreichung eines Antrags auf Feststellung der Ehenichtigkeit, die die Gerichtsbarkeit abdecken. Der Antrag kann gestellt werden:

  • a) Vor dem kirchlichen Gericht der Diözese, in der die Ehe geschlossen wurde.
  • b) Vor dem kirchlichen Gericht des Wohnsitzes oder Quasi-Wohnsitzes (Registrierung nach drei Monaten Aufenthalt an einem Ort) des Beklagten.
  • c) Vor dem kirchlichen Gericht des Wohnsitzes des Antragstellers, solange beide Parteien (Antragsteller und Beklagter) ihren Wohnsitz in derselben Bischofskonferenz haben und der Gerichtsherr des Wohnortes des Beklagten dies genehmigt.
  • d) Vor dem kirchlichen Gericht des Ortes, an dem die Beklagten die meisten Beweise vorlegen können, vorausgesetzt, die Kontrolle des Gerichtsherrn des Wohnsitzes wird eingeholt.

Der Gerichtsherr (Gerichtsvikar): In jeder Diözese gibt es einen Bischof, der im kanonischen Recht wie ein Richter ist. Der Diözesanbischof kann seine richterlichen Pflichten an einen Gerichtsherrn delegieren. Dieser Gerichtsherr wiederum delegiert an weitere Gerichtsherren, die bestimmte Anforderungen erfüllen müssen: Sie müssen Priester, Doktor oder zumindest Lizentiat im kanonischen Recht sein, einen guten Ruf haben und über 30 Jahre alt sein.

Erscheint der Beklagte nicht vor Gericht, wird die Zuständigkeit automatisch dem Gericht des Klägers zugesprochen. Auch wenn die Klagebegründung fehlt, wird das Gericht den Kläger zur Verantwortung ziehen.

Parteien und Legitimation im Ehenichtigkeitsverfahren

Wer kann am Verfahren teilnehmen? Grundsätzlich jeder Getaufte. Nach Art. 95 des Kirchenrechts (CIC) wird die Beteiligung der Parteien (z.B. der Ehegatten) empfohlen. Als Partei gelten diejenigen, die über die gesetzlich erforderliche Intelligenz und den Willen verfügen. Verfahrensrechtlich unerfahrene Personen (z.B. Geisteskranke, Wahnsinnige etc.) müssen durch einen Vormund vertreten werden. Die Legitimation betrifft diejenigen, die nach dem Gesetz zur Intervention im Prozess berechtigt sind. Sie kann von zwei Arten sein:

  • Aktive Legitimation: Wer die verfahrensrechtlichen Maßnahmen zur Förderung der Ehenichtigkeit ergreifen kann, d.h. der Kläger oder der klagende Ehegatte.

Der Promotor der Gerechtigkeit kann die Ungültigkeit der Ehe nicht fordern, wenn die Ungültigkeit nicht öffentlich bekannt ist oder kein öffentliches Interesse besteht.

Wichtige Parteien im Verfahren:

  • Der Promotor der Gerechtigkeit: Ein vom Bischof ernannter Priester, der in der gesamten Diözese bekannt ist und Ehenichtigkeitsverfahren begleitet. Er entspricht der Staatsanwaltschaft und überwacht das öffentliche Wohl.
  • Der Kläger: Derjenige, der die Aufhebung der Ehe beabsichtigt und die Nichtigkeitserklärung beantragt.
  • Die Erben: Wenn einer oder beide Ehepartner sterben, können die Erben die Aufhebung der Ehe anfechten, insbesondere wenn es um die Fortführung eines bereits begonnenen kanonischen oder zivilen Verfahrens geht.
  • Passive Legitimation: Die Person, die gesetzlich befugt ist, die Nichtigkeit der Ehe zu bestreiten. Dazu gehören:
    • Der beklagte Ehegatte: Er kann und wird Partei sein. Eine Nichtigkeitsklage wird ihm zur Kenntnis gebracht.
    • Der Bandverteidiger (Defensor Vinculi): Er ist nach kanonischem Recht immer gegen die Erklärung der Ehenichtigkeit. Er muss kein Priester sein und kann auch eine Frau sein. Seine Aufgabe ist es, die Gültigkeit der Ehe zu verteidigen. Im Verfahren muss er alle Mittel einsetzen, um zu demonstrieren, dass die Ehe eine gültige Ehe ist, und darauf achten, dass die Verfahrensstandards eingehalten werden. Er darf niemals unbegründete oder falsche Argumente vor Gericht vorbringen, um eine Irreführung zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Ehe nur nach Treu und Glauben für nichtig erklärt wird. Seine Aufgabe ist es, auf Konflikte und die Forderung der Nichtigkeit zu reagieren und immer eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen. Er legt seine eigenen Argumente (Kommentare) vor und kann gegen das Urteil der Nichtigkeit Berufung einlegen. Die Rollen des Promotors der Gerechtigkeit und des Bandverteidigers sind unterschiedlich. Der Bandverteidiger wird vom Gericht zur Verteidigung des Ehebandes eingesetzt, während der Promotor der Gerechtigkeit nur dann beteiligt ist, wenn ein öffentliches Interesse besteht. Wenn die Auflösung der Ehe nicht öffentlich gemacht wird, ist der Promotor nicht beteiligt. Beide Rollen können von einer Person wahrgenommen werden, jedoch nicht gleichzeitig im selben Fall.

Rechtliche Unterstützung im Ehenichtigkeitsverfahren

Wer kann die Verteidigung und Vertretung der Parteien im Prozess übernehmen:

  • Rechtsanwalt (Prokurator): Dies ist eine gesetzliche Berufsbezeichnung für Personen, die Parteien vertreten. Ehegatten können im Antragsverfahren nicht selbst erscheinen. Im kanonischen Recht ist es erforderlich, ein Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen zu haben, eine kirchliche Bestätigung für die religiöse Praxis zu besitzen und im Kollegium der Prokuratoren registriert zu sein. Der Prokurator kann auch als Advokat tätig sein.
  • Advokat (Verteidiger): Wer sich für die Parteien des Prozesses einsetzt. Voraussetzungen: Abschluss in Rechtswissenschaften, Zulassung als Rechtsanwalt (z.B. als Konsultor am Gerichtshof der Rota) und Experte im kanonischen Recht.
  • Für den Bandverteidiger ist ein Rota-Diplom erforderlich, oder zumindest ein Lizentiat im kanonischen Recht, wie es beispielsweise an der Universität Comillas angeboten wird.

In einigen kirchlichen Gerichten dürfen auch Staatsanwälte die Parteien im Prozess vertreten, ohne selbst Anwälte zu sein. In den kirchlichen Gerichten ist der Gerichtsherr (oder die Gerichtsverwaltung) eine stabile Figur mit eigenen Regeln, vergleichbar mit gerichtlich bestellten Anwälten und Priestern im Allgemeinen. Sie müssen die Nichtigkeitsverfahren unterstützen.

Verwandte Einträge: