Einführung in die Ethik: Ursprünge, Systeme und Theorien
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Punkt 13
Die Ursprünge der Ethik
Ethik in der archaischen Zeit
Die Ordnung der archaischen griechischen Welt bedeutet, dass die menschliche Ordnung der des Kosmos in einer regelmäßigen und parallelen Entwicklung folgt. Es existiert ein Mindestmaß an Respekt gegenüber den Menschen, dessen Verletzung den Zorn der Götter heraufbeschwört und den Untergang der Polis verursacht. Gerechtigkeit wird zum Wert (Tugend), den es zu suchen und zu befolgen gilt.
Solon, Anaximander, Parmenides und Heraklit glauben, dass Gerechtigkeit im Kosmos und in der menschlichen Wirklichkeit ein und dasselbe ist. Diese Denker sprechen von einem ethischen Sinn des Wortes Arete (Tugend, Vortrefflichkeit). Der Mensch strebt nach Weisheit, jenem obersten Wissen der Weltvernunft, das alles umfasst, um zu lernen, wie er sein eigenes Leben umsichtig regeln und nach Ordnung und Harmonie streben kann. Die menschliche Seele unterliegt diesem erhabenen Gesetz und muss den Blick nach innen richten, um sich diesem Wissen zu nähern und entsprechend zu handeln. Heraklit und spätere griechische Denker weisen darauf hin, dass das Begehen von Ungerechtigkeit oder die Missachtung von (göttlichen) Ordnungen Strafe verdient. Die Menschen müssen dem Lauf der kosmischen Evolution (Logos) folgen und den Exzess (Hybris) sowie das Chaos meiden, das sie zu irrationalem Verhalten treibt.
Die erste Sophistik
Im demokratischen Athen des Perikles gibt es eine bedeutende Entwicklung: die Ankunft der Sophisten aus verschiedenen Teilen Griechenlands. Sie sind professionelle Vermittler von Wissen, die gegen Geld nützliche Disziplinen für junge Menschen lehren, die am politischen Leben teilnehmen wollen. Die ersten Sophisten, wie Protagoras, teilen die gemeinsame Vision einer Gesellschaft, die auf dem Vertrauen in die Menschen und ihre Vernunft basiert. Protagoras war ein Relativist: "Der Mensch ist das Maß aller Dinge". Er interpretierte dies so, dass Wissen subjektiv ist und jeder Einzelne die Realität auf seine Weise wahrnimmt. Die Tugend der Sophisten ist die politische Tugend: Gut in einer Stadt zu handeln bedeutet, als Bürger erfolgreich zu sein.
Die zweite Sophistik
Andere Sophisten verteidigen das Recht des Stärkeren. Die Gesetze der Stadt werden von diesen Sophisten als ein Schild betrachtet, das die Schwachen geschaffen haben, um sich gegen die Starken zu wehren – ein Hindernis für die Freiheit und die Machtentfaltung der Starken. Nach Nietzsche werden diese Lehren in einer Krise der Demokratie des Perikles eingeführt, der im Peloponnesischen Krieg starb. Der Konflikt zwischen Athen und Sparta förderte undemokratische Ideen; die Bevölkerung klammerte sich an die von Perikles eingeleitete imperialistische Politik.
Sokrates
Sokrates bot eine Alternative zum sophistischen Denken in Athen. Eines seiner größten Verdienste auf dem Gebiet der Ethik war es, die Tugend (Arete) als den inneren Wert des Menschen zu etablieren. Der Begriff erhält dadurch moralische Konnotationen. Tugend ist eine Haltung, die eng mit der Pflicht verbunden ist. Sokrates stellte die Maxime "Erkenne dich selbst" in den Mittelpunkt seiner Methode, der Mäeutik. Sokrates postulierte auch die Universalität der Gesetze und moralischen Werte und begründete damit einen ethischen Intellektualismus: Wahrheit, Tugend und Glück sind für ihn untrennbar verbunden. Wer nicht richtig handelt, tut dies aus Unwissenheit, ohne zu wissen, wie man Gutes von Schlechtem unterscheidet.
Ethische Problemstellungen
Der Zweck sittlichen Handelns
Hinsichtlich des Zwecks sittlichen Handelns gibt es zwei Hauptrichtungen:
- Materiale Ethik: Handlungen haben einen externen Zweck (z.B. Glückseligkeit, Nutzen).
- Formale Ethik: Handlungen werden ausgeführt, weil es eine Pflicht ist, sie auszuführen (aus dem Gebot selbst). Kants Ethik folgt diesem Muster.
Der Ursprung der moralischen Norm
Bezüglich des Ursprungs der moralischen Norm unterscheidet man:
- Heteronome Ethik: Geht davon aus, dass die moralische Norm von einer externen Quelle auferlegt wird (a posteriori). Diese Position wird von materialen Ethiken vertreten.
- Autonome Ethik: Vertritt die Auffassung, dass die moralische Norm vom Subjekt selbst verinnerlicht wurde und aus seinem eigenen Gewissen oder seiner Vernunft (wie von Kant dargelegt) stammt. Der moralische Standard existiert in der Person a priori und wird von formalen Ethiken vertreten.
Materiale ethische Systeme
Eudämonismus: Das Gute und das Glück
Für Aristoteles ist das höchste Gut des Menschen das Glück (Eudaimonia). Aristoteles stellt fest, dass zwar jeder zustimmt, dass Glück das höchste Gut sei, jedoch Uneinigkeit darüber besteht, was unter Glück zu verstehen ist. Manche verwechseln Glück mit Vergnügen, Reichtum oder Ehre. Glück ist das höchste Gut des Menschen, weil es um seiner selbst willen gewählt wird und nicht als Mittel zu einem anderen Zweck, und es muss autark sein (sich selbst genügen). Es besteht darin, gut zu handeln und gut zu leben.
Tugend (Arete)
Sie ist ein wesentliches Element des glücklichen Lebens. Aristoteles definiert sie als die Mitte (Mesotes) zwischen zwei Extremen (Übermaß und Mangel). Die tugendhafte Wahl liegt in der Mitte und vermeidet die Laster des Übermaßes und des Mangels. Tugend ist nicht angeboren, sondern das Ergebnis von Erziehung und Gewöhnung (Ethos). Die Tätigkeit der Vernunft (Nous) verschafft uns das wahre Glück, das im kontemplativen Leben (bios theoretikos) besteht. Das Ziel des menschlichen Lebens muss die Betrachtung der Wahrheit sein.
Kynismus und Stoizismus: Das Gute als Harmonie mit der Natur
Die kynische Schule (von griech. kyon = Hund), deren bekanntester Vertreter Diogenes war, propagiert ein einfaches und strenges Leben, das dem eines Hundes entspricht, um wieder in Harmonie mit der Natur zu leben. Antisthenes und Diogenes gelten als wichtige Vertreter dieser philosophischen Schule, die die Rückkehr zur Natur und die Ablehnung gesellschaftlicher Konventionen fordert. Der Kynismus kritisiert soziale Elemente als Perversion der Natur. Ihr höchstes Streben ist die Autarkie: der freie Ausdruck des Individuums, das unabhängig von der Gesellschaft und außerhalb der Polis lebt. Ziel ist totale Unabhängigkeit und absolute Freiheit. Diogenes vertrat den Kosmopolitismus, die Idee der Weltbürgerschaft, welche die Abschaffung der Unterschiede zwischen Individuen aufgrund von Herkunft, Sprache usw. innerhalb der Poleis forderte.
Die Stoa wurde von Zenon von Kition gegründet. Der Mensch lebt nicht, um Weisheit bereits zu besitzen, sondern um nach ihr zu streben, was eine Voraussetzung für ein gutes Leben ist. Der weise Mensch ist glücklich, wenn er gemäß der Natur lebt, das heißt, wenn sein individuelles Verhalten dem universellen Gesetz des Kosmos (Logos) entspricht. Während die menschliche Welt oft chaotisch erscheint, ist die natürliche Welt einheitlich und systematisch geordnet: durch den Logos. Der Mensch kann Glück nur erreichen, wenn er die kosmische Rationalität entdeckt und mit ihr verschmilzt, also in Harmonie mit der Natur lebt. Sie strebt nach der Freiheit von Leidenschaften (Apatheia), um die Seelenruhe (Ataraxie) zu erreichen, die durch Affekte gestört wird.
Epikureischer Hedonismus: Das Gute als Vergnügen
Die Gleichsetzung von Gutem und Glück mit Vergnügen (Hedone) wird von der hellenistischen Schule vertreten, die von Epikur gegründet wurde. Der Sinn des Lebens ist die Seelenruhe (Ataraxie); Freude ist die Abwesenheit von Schmerz (Aponia). Glück wird erreicht durch Autarkie und dadurch die Befreiung von aller Angst und Furcht, was zur Ataraxie führt. Epikur kritisiert die Vorstellung von Göttern als Verursacher menschlicher Probleme und Hindernisse für die menschlichen Triebe. Er bestreitet deterministische Positionen, die sich aus dem Glauben an ein unabwendbares Schicksal ergeben. Die andere große Angst, die Menschen überwinden müssen, um mit Ruhe und Frieden zu leben, ist die Angst vor dem Tod. Der Tod, so Epikur, betrifft uns nicht. Die Kultivierung von Freuden, insbesondere der geistigen, und die Vermeidung von Schmerz führen zum Glück. Die Person, die ihre Grundbedürfnisse kennt und befriedigen kann, erhält ihr inneres Gleichgewicht. Die höchste Lust ist nicht rein körperlich-materiell, sondern besteht in geistiger Ruhe (Ataraxie) und körperlicher Schmerzfreiheit (Aponia), was einem Gleichgewicht von Körper und Seele entspricht.
Utilitarismus: Das Gute als das Nützliche
Der Utilitarismus ist eine philosophische Theorie, die das Gute und Wertvolle als das Nützliche verteidigt. Er ist sowohl eine theoretische Ethik als auch eine Grundlage für praktische (Sozial-)Politik. Die industrielle Revolution, verbunden mit dem Fortschrittsglauben der Aufklärung, förderte die Vorstellung, dass Glück gleichbedeutend mit materiellem Wohlstand sei.
Jeremy Bentham
Er formulierte das Prinzip des Nutzens (oder Interesses). Der Mensch handelt stets gemäß seinen eigenen Interessen, sucht die Lust und vermeidet den Schmerz. Es soll das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Personen gewährleistet werden (Prinzip des größten Glücks) – ein sozialer Hedonismus.
John Stuart Mill
Als Anhänger Benthams legte er nicht nur Wert auf den quantitativen Aspekt der Freude, sondern auch auf den qualitativen. Höherwertige Freuden sind jene, die sich auf Verstand, Phantasie und moralische Werte beziehen.
Formale ethische Systeme
Der Formalismus der Kantischen Ethik
Der Mensch ist ein Wesen, das individuell und kollektiv handelt. Damit eine Person handeln kann, benötigt sie bestimmte Kriterien. Wenn der menschliche Wille von heteronomen ethischen Prinzipien (wie in der materialen Ethik, die auf einen externen Zweck wie Glückseligkeit abzielt) geleitet wird, ist das moralische Handeln auf diesen Zweck bezogen. Wenn der Wille jedoch durch Gesetze oder Prinzipien bestimmt wird, die der menschlichen Vernunft selbst entspringen und nicht von äußeren Faktoren auferlegt sind, handelt es sich um eine autonome Ethik. Kant argumentiert, dass wir Gutes nicht tun sollen, weil es ein bestimmtes Ziel oder einen Zweck verfolgt (wie das Erlangen von Glück, das als höchstes menschliches Streben gelten mag), sondern aus Pflicht.
Maximen und das Sittengesetz
Subjektive Handlungsprinzipien, die sich auf bestimmte Zwecke beziehen, nennt Kant Maximen. Das moralische Gesetz hingegen gebietet unbedingt und gilt für alle vernünftigen Wesen, unabhängig von deren spezifischen Interessen oder empirischen Bedingungen. Dieses universelle Gebot nennt Kant den kategorischen Imperativ. Der hypothetische Imperativ ist bedingt: Er gebietet eine Handlung als Mittel zu einem anderen Zweck. Der kategorische Imperativ ist ein unbedingtes Gebot; er zwingt dazu, etwas um seiner selbst willen zu tun, nicht als Mittel zu einem anderen Zweck.
Theorien der Motivation
Behavioristische Theorien (z.B. Skinner)
Nach behavioristischen Ansätzen, wie der von B.F. Skinner, wird Motivation primär durch äußere Anreize (Verstärker) gesteuert, die das Verhalten in eine bestimmte Richtung lenken und zur Ausbildung von Gewohnheiten führen können.
Psychoanalyse (z.B. Sigmund Freud)
Die Psychoanalyse, begründet von Sigmund Freud, entstand mit dem Ziel, menschliches Verhalten, insbesondere pathologisches, auf unbewusste psychische Prozesse und Konflikte zurückzuführen. Freud ging davon aus, dass diese unbewussten Dynamiken das individuelle Verhalten maßgeblich beeinflussen, ohne dass sich die Person dessen bewusst ist, und somit die eigentlichen Gründe für das Verhalten darstellen.
Humanistische Theorien
Humanistische Theorien betonen, dass höhere menschliche Motive, wie das Streben nach Selbstverwirklichung, eine funktionelle Autonomie besitzen und nicht ausschließlich auf einfache biologische Mechanismen oder Triebe reduziert werden können. Sie sehen den Menschen als ein ganzheitliches Wesen mit einem angeborenen Wachstumspotenzial.