Entlehnungen und Purismus in der deutschen Sprache

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Formen der Entlehnung

Die meisten Neuwörter kommen als Lehngut in die Sprache. Sie werden entweder direkt in der fremden Form übernommen oder indirekt mit Mitteln der eigenen Sprache dem fremden Wort nachgebildet (Lehnbildung). Schließlich können auch einheimische Wörter durch fremden Einfluss eine neue Bedeutung bekommen (Lehnbedeutung).

Ein Fremdwort ist ein aus einer anderen Sprache in den allgemeinen Wortschatz übernommenes Wort. Solange das fremde Wort die ursprüngliche Gestalt beibehält (Orthographie, Lautform und Flexion), nennt man es gewöhnlich Fremdwort, z. B. die Saison. Ein Lehnwort ist ein mehr oder weniger assimiliertes Fremdwort. Dem Deutschen völlig angepasst sind beispielsweise Wörter wie der Bischof.

Manche fremde Wörter bleiben lange Zeit Fremdwörter, während andere ziemlich schnell zu Lehnwörtern übergehen. Eine scharfe Grenze zwischen Fremdwort und Lehnwort lässt sich jedoch nicht immer aufrechterhalten.

Nur die Bedeutung, nicht das Wort, wird bei einer Lehnbedeutung übernommen und auf ein einheimisches Wort übertragen: Vom lateinischen baptizare beeinflusst, bekommt das germanische Wort daupjan (eintauchen) eine neue Bedeutung: „durch Eintauchen zum Christen machen“. Lehnbedeutungen entstehen oft durch Interferenzen solcher Leute, die die fremde Sprache gut beherrschen, z. B. realisieren.

Lehnbildungen sind nach fremdem Vorbild entstandene Zusammensetzungen oder Ableitungen:

  • Lehnübersetzung ist eine Glied-für-Glied-Übersetzung, z. B. Taschenbuch (von engl. pocket book) oder Ordre du jour.
  • Lehnübertragung ist eine Teilübersetzung, wo eines der Glieder nicht direkt mit dem Vorbild übereinstimmt, z. B. Luftbrücke (von engl. airlift).
  • Lehnschöpfung wird das neugebildete Wort genannt, wenn es keine direkte Übersetzung oder Teilübersetzung, sondern von dem fremden Vorbild formal unabhängig ist. Eine Lehnschöpfung entsteht jedoch immer aus dem Bedürfnis, ein fremdes Wort durch ein einheimisches zu ersetzen, z. B. Weinbrand (von frz. Cognac).

Aus unverständlichen Fremdwörtern können manchmal Volksetymologien entstehen.

Entlehnungen im Deutschen (Übersicht)

An der Sprache lassen sich heute noch die großen Wellen einst einströmender Fremdwörter beobachten, die von früheren zwischensprachlichen Beziehungen zeugen. Jeder Kontakt mit einer anderen Kultur hat sich als sprachlich bereichernd erwiesen und mehr oder weniger deutlich erkennbare Spuren hinterlassen. Diese Entlehnungen spiegeln Kriege und historisches Geschehen, Moderichtungen, Kulturwandel, Ideologien sowie wissenschaftliche und technische Entwicklungen wider.

In den folgenden Sprachperioden war der fremde Einfluss auf den germanischen bzw. deutschen Wortschatz besonders groß:

  • Römerzeit (50 v. Chr. – 500 n. Chr.): Latein
  • Zeit der Christianisierung (500–800): Latein
  • Höfische Zeit (1150–1250): Französisch
  • Zeitalter des Humanismus (15. Jh. – 16. Jh.): Latein
  • Dreißigjähriger Krieg und Alamodezeit (17. Jh.): Französisch
  • 19. Jh. – 20. Jh.: Lateinische und griechische Wortstämme
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg: Anglo-Amerikanisch

Weniger frequent sind die Entlehnungen aus anderen Sprachen wie:

  • Italienischen: Konto, Kredit, Bilanz
  • Slawischen Sprachen: Zobel, Quark, Grenze
  • Nordischen Sprachen: Schi, Slalom, Moped
  • Indischen Sprachen: Ingwer, Yoga, Pyjama

Purismus im Deutschen (Übersicht)

Puristen suchten Fremdwörter aus der deutschen Sprache zu entfernen. Oft wurden hierbei nationalistische Gründe angeführt.

  • 17. Jh. – Dreißigjähriger Krieg und Alamodezeit: Die Sprachgesellschaften wandten sich gegen die lateinische und vor allem gegen die französische Überfremdung.
  • Um 1800: Im Zusammenhang mit dem starken Patriotismus der Befreiungskriege gegen Napoleon hatte J. H. Campe einen großen Einfluss auf den Wortschatz, indem er in seinen Wörterbüchern viele Verdeutschungen vorschlug.
  • Nach der Reichsgründung 1871: Die puristischen Bestrebungen des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins waren prägend.
  • 1940: Hitler wandte sich durch einen sogenannten Führererlass gegen „die künstliche Ersetzung längst ins Deutsche eingebürgerter Fremdworte“.

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