Die Entwicklung des Kanonischen Rechts: Quellen und Kompilationen
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Die Ausweitung der kirchlichen Gerichtsbarkeit
- Im 5. Jahrhundert gewährte das Römische Reich der Kirche das Privileg der Gerichtsbarkeit über den Klerus.
- Im 10. Jahrhundert beanspruchte die Kirche die Gerichtsbarkeit über alle Fragen bezüglich der Sakramente und der Ehe.
- Die schrittweise Ausdehnung der gerichtlichen Kontrolle der Kirche wurde durch den Zusammenbruch der politischen, rechtlichen und gerichtlichen Strukturen in Westeuropa nach dem Sturz des Weströmischen Reiches und den germanischen Invasionen erleichtert.
- Aufgrund ihres wachsenden kulturellen Prestiges und ihrer zunehmend starken institutionellen Organisation strebte die Kirche danach, eine Hegemonie über die politischen und rechtlichen Mechanismen zu erlangen, um sich gegenüber Königen und peripheren politischen Organisationen zu schützen.
- Der institutionelle Ausbau der Kirche erforderte die Bildung eines komplexeren Regelwerks, da der Inhalt der Heiligen Bücher eine unruhige Gesellschaft und eine Kultur, die sich von der hebräischen der biblischen Zeit oder der jüdisch-römischen Gemeinde zur Zeit Christi unterschied, nicht ausreichend regulieren konnte.
Quellen des Kanonischen Rechts
- Die Quellen der neuen Regeln des Kanonischen Rechts:
- Die Dekrete der Konzilien (Regional-, Provinz- oder Diözesanräte), d. h. die Versammlungen der Bischöfe der Christenheit, einer Region oder Provinz. In jeder Diözese wurden Verfassungen oder Satzungen von lokalen Synoden (Kirchenversammlungen) erlassen.
- Die päpstlichen Entscheidungen (Dekretalen/päpstliche Konstitutionen). Obwohl die normative Macht der Kirche ursprünglich den kollektiven Einrichtungen der Konzilien zugeschrieben wurde, erhöhte das Papsttum schrittweise seine Befugnis zur Rechtsetzung durch Dekretalen.
Die Systematisierung und Kompilationen
- Diese neuen Satzungen des Kirchenrechts erwarben einen beträchtlichen politischen Einfluss und mussten systematisiert und zusammengestellt werden. *Gratian* (Graciano) erstellte eine Zusammenstellung aller früheren Gesetze, die bis heute als wichtiger Einfluss auf das Kanonische Recht gilt. Sein Werk, besser bekannt als das *Decretum Gratiani*, umfasst 4.000 relevante Gesetzestexte (Schriften der Kirchenväter und Kanones der Konzilien), die thematisch organisiert und von kurzen Kommentaren begleitet sind.
- Gregor IX. beauftragte den spanischen Dominikaner Raimund von Penyafort, ebenfalls Professor in Bologna, mit der Vervollständigung von Gratians Werk. Ergebnis: die *Decretales extra Decretum Gratiani* (Dekretalen jenseits des Gratian), eingeteilt in fünf Bücher.
- Bonifatius VIII. ergänzte die Sammlung durch ein weiteres Buch, genannt *Liber Sextus*.
- Clemens V. fügte die *Clementinen* hinzu. Johannes XXII. fügte die *Extravagantes Ioannis XXII* hinzu. Im späten fünfzehnten Jahrhundert erschien eine weitere offizielle Sammlung, die *Extravagantes Communes*.
- Alle diese Sammlungen bilden zusammen das ***Corpus Iuris Canonici***.