Erkenntnistheorie: Grundlagen, Sprache und Wahrheit
Eingeordnet in Philosophie und Ethik
Geschrieben am in
Deutsch mit einer Größe von 8 KB
1. Grundlagen der Erkenntnistheorie
1.1 Die Erkenntnistheorie
Die Erkenntnistheorie ist ein Zweig der Philosophie, der das Wissen analysieren soll. Das Interesse am Wissen war im Laufe der Geschichte konstant. Seit dem siebzehnten Jahrhundert wurde die Erkenntnistheorie zum Zentrum der philosophischen Reflexion, da die Bedeutung der Naturwissenschaften zunahm.
1.2 Der Begriff des Wissens
In der Philosophie wird Wissen oft als Synonym für Erkenntnis verwendet. Um sich der Definition anzunähern, wird es mit verwandten Begriffen wie Wahrnehmung und Überzeugung verglichen:
- Wahrnehmung (Perzeption): Eine subjektive Einschätzung, bei der wir uns nicht sicher sind und die wir nicht rechtfertigen können.
- Glaube/Überzeugung: Eine subjektive Einschätzung, bei der wir uns nicht sicher sind, die wir aber rechtfertigen können.
Man unterscheidet zwei Arten von Überzeugungen:
- Zweifelhafte Überzeugung: Wir sind uns der Wahrheit dessen, was wir sagen, nicht sicher.
- Zuversichtliche Überzeugung: Wir sind uns einer Sache sicher, auch wenn wir keine ausreichenden Beweise dafür haben.
Wissen: Eine objektive Beurteilung, die Sicherheit bietet und die wir rechtfertigen können.
Zwei Arten von Wissen
- Theoretisches Wissen: Besteht aus allen Informationen, die die natürliche und soziale Welt um uns herum beschreiben und erklären. Für manche Philosophen ist dies ein kontemplatives und uneigennütziges Kennen.
- Praktisches/Prozedurales Wissen (Können): Ist keine Erklärung oder Beschreibung der Welt, sondern ein Akt des Wissens, der eine Manipulation der Umwelt beinhaltet (z. B. bei der Herstellung von Gütern, der Produktion von Kunstwerken oder der Bestimmung der richtigen Handlung).
1.3 Theoretisches Wissen
Theoretisches Wissen ist eine uneigennützige Betrachtung der Natur, bei der wir entdecken, wie wir die Wirklichkeit verstehen und wie sie beschaffen ist. Theoretisches Wissen dient dazu, die Realität zu beschreiben und zu erklären. Zuerst müssen wir wissen, was geschieht und wann es geschieht, und wir entdecken, welche Ursachen Ereignisse auslösen. Aus diesem Grund können wir die zukünftige Realität vorhersagen.
2. Sprache und Wissen
Wissen wäre ohne Sprache unmöglich, da sie es uns ermöglicht, unser Wissen zu erwerben, zu speichern und zu übermitteln.
2.1 Merkmale der Sprache
- Willkürlich oder konventionell: Ein Wort gibt uns keinen Hinweis auf seine Bedeutung. Daher gibt es in verschiedenen Sprachen unterschiedliche Begriffe, um dasselbe Konzept auszudrücken.
- Artikuliert und kreativ: Mit einer begrenzten Anzahl von Phonemen können wir alle möglichen Nachrichten bilden. Diese Verknüpfung gewährleistet ihre Kreativität.
2.2 Sprache, Denken und Wirklichkeit
Die Beziehung zwischen Sprache, Denken und Wirklichkeit ist unbestreitbar. Sie wird oft durch das semiotische Dreieck dargestellt:
- Signifikant (Sprachebene): Die Abfolge von Phonemen (z. B. „Haus“).
- Signifikat (Gedankenebene): Die Idee oder das Konzept, das wir uns unter dem Haus vorstellen.
- Referent (Realitätsebene): Das Objekt, die Qualität oder der Prozess, auf den wir uns beziehen (das Haus in der Realität).
2.3 Das propositionale Wissen
Ein Satz (Proposition) ist ein Aussagesatz, der etwas bejaht oder verneint. Es gibt zwei Arten:
- Empirische Aussagen: Bejahen oder verneinen etwas über die Welt und haben einen empirischen Gehalt, der mit der Erfahrung konfrontiert werden kann.
- Formale Aussagen (Propositionen): Sagen nichts über die Welt aus und haben keinen empirischen Gehalt. Sie sprechen über die Beziehungen zwischen Symbolen.
Ein Satz muss wahr sein und begründet werden, um Wissen darzustellen.
3. Das Problem der Wahrheit
Es gibt zwei Arten von Wahrheit: die Wahrheit der Tatsachen und die Wahrheit der Aussagen (Propositionen).
3.1 Wahrheit der Tatsachen
Die Wahrheit der Tatsachen ist das, was in der Realität geschieht, unabhängig davon, ob jemand etwas darüber aussagt oder nicht. Es ist das, was zu sein scheint und den trügerischen Erscheinungen entgegensteht.
3.2 Wahrheit der Aussagen
Die Wahrheit von Aussagen bezieht sich nicht nur auf die Realität, sondern vor allem auf die Behauptungen, die wir über sie aufstellen. Wahrheit ist eine Eigenschaft, die unsere Propositionen haben können.
Kriterien der Wahrheit für empirische Sätze
- Wahrheit als Korrespondenz (Aristoteles): Ein Satz ist wahr, wenn eine Übereinstimmung zwischen dem, was die Proposition ausdrückt, und der Tatsache, auf die sie sich bezieht, besteht.
- Wahrheit als Kohärenz (Hegel): Ein Satz ist wahr, wenn er nicht im Widerspruch zu anderen akzeptierten Sätzen steht.
- Wahrheit als Erfolg/Pragmatismus (James): Ein Satz ist wahr, wenn er sinnvoll ist und somit zum Erfolg führt.
Kriterien der Wahrheit für formale Sätze
Formale Propositionen können nur im Sinne der Kohärenz wahr sein.
3.3 Kriterien zur Anerkennung der Wahrheit
Wir verwenden verschiedene Kriterien, um die Wahrheit zu erkennen:
- Evidenz (Einsicht)
- Kommt vom lateinischen videre (sehen). Wissen ist evident, wenn es eine Gewissheit erzeugt, die uns daran hindert, seine Wahrheit anzuzweifeln. Auch wenn man seine Wahrheit nicht beweisen kann, wird sie direkt und unbestreitbar präsentiert.
- Kritik: Das Gefühl der Sicherheit, das die Evidenz begleitet, ist subjektiv. Daher lehnen wir die Eignung der Evidenz als alleiniges Wahrheitskriterium ab.
- Intersubjektivität
- Bedeutet, dass unsere Überzeugungen für jedes rationale Subjekt akzeptabel sein müssen. Wissen ist objektiv, weil es nichts Privates ist, sondern den Konsens der Gemeinschaft erfordert.
- Kritik: Der Konsens der ganzen Welt ist keine ausreichende Garantie für die Wahrheit; etwas, das von allen akzeptiert wird, muss nicht zweifellos wahr sein.
4. Grenzen des Wissens
4.1 Haltungen gegenüber der Möglichkeit der Erkenntnis
Es gibt viele philosophische Positionen:
- Dogmatismus: Die philosophische Position, die uns die Versicherung gibt, Wissen universell und absolut sicher erwerben zu können.
- Skepsis: Die Gegenposition zum Dogmatismus.
- Moderate Skepsis: Erlaubt Zweifel an einem festen und sicheren Wissen.
- Radikale Skepsis (Pyrrhonismus): Bestreitet, dass Wissen überhaupt möglich ist.
- Kritizismus (Kant): Ein Mittelweg zwischen Dogmatismus und Skepsis. Wissen ist möglich, aber nicht absolut und endgültig.
- Relativismus (Sophisten): Verneint die Existenz einer absoluten Wahrheit. Lehnt den Anspruch auf objektives und universelles Wissen ab und vertritt die Auffassung, dass es nur individuelle Meinungen gibt, deren Gültigkeit von einem bestimmten sozialen, kulturellen und historischen Kontext abhängt.
- Perspektivismus (Ortega y Gasset): Leugnet nicht die theoretische Möglichkeit einer absoluten Wahrheit. Alle Perspektiven sind wahr, und die Vereinigung aller von ihnen würde die absolute Wahrheit ergeben.
4.2 Die Eroberung der Wahrheit als kontinuierlicher Prozess
Die Eroberung der Wahrheit ist eine kontinuierliche Anstrengung auf zwei Ebenen:
- Individuell: Wir sind selbst für unseren Kampf gegen die Unwissenheit verantwortlich und versuchen, unser Wissen zu erweitern.
- Gemeinschaftlich: Wir verteidigen und erkennen Bildung als universelles Grundrecht an.