Erkenntnistheorie und Kognition: Wissen, Bewusstsein und Intelligenz
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Disziplinen der Erkenntnis
Die Erforschung des Wissens umfasst verschiedene Disziplinen:
- Neurobiologie: Untersucht die Funktionsweise des Gehirns als Grundlage des Wissens. Sie gilt als die Wissensbasis par excellence.
- Psychologie: Erforscht die Psyche, kognitive Prozesse und deren Zusammenhänge.
- Philosophie:
- Erkenntnistheorie: Widmet sich der Gültigkeit, dem Problem, der Aufgabe und der Möglichkeit des Wissens.
- Metaphysik: Behandelt Fragen der Realität, die wir erkennen können, d.h. die Grenzen und den Umfang des Wissens.
Grundlegende Konzepte der Wahrnehmung
Stimulus: Ein Faktor aus der Außenwelt, der eine Erregung in einem Sinnesorgan hervorruft.
Empfindung: Die reine Erkennung von etwas durch die Sinne, ohne dass es bereits eine Bedeutung hat oder verarbeitet wurde.
Wahrnehmung: Die Verarbeitung sensibler Daten zu einem Sinn. Sie ist die Erkennung eines bestimmten Objekts.
Theorien der Wahrnehmung
- Assoziationistische Theorie: Vertritt die Ansicht, dass Wahrnehmung nichts anderes ist als eine Summe von Empfindungen, wobei ein Element der Wahrnehmung durch die Assoziation zwischen diesen Empfindungen entsteht.
- Gestalttheorie (oder Theorie der Form): Besagt, dass Wahrnehmung nicht eine Summe von Empfindungen ist, sondern dass wir Ganzheiten oder vollständige Objekte sofort und unmittelbar erkennen.
Bewusstsein: Was bedeutet es, bewusst zu sein?
Wir betrachten Bewusstsein aus verschiedenen Perspektiven:
- Wachbewusstsein: Bedeutet, wach und in der Lage zu sein, Reize zu empfangen.
- Situatives Bewusstsein: Bedeutet, sich etwas bewusst zu werden, d.h. Sinneseindrücke zu sammeln, zu verarbeiten und ihnen Bedeutung zu verleihen.
- Philosophisches Bewusstsein: Hat eine tiefere philosophische Bedeutung. Es bedeutet, im Sinne der Reflexion über Ereignisse, der Identifizierung von Handlungsmustern im Rahmen eines Plans und der Antizipation von Konsequenzen zu wissen.
Die Dynamik des Wissens
Wissen ist ein dynamischer, sich ständig weiterentwickelnder und stets unvollendeter Prozess. Niemand – weder Einzelpersonen noch Gruppen oder Gesellschaften – kann jemals alles wissen. Hier sind einige wichtige Aspekte:
- Wissen hat sowohl einen rezeptiven und beschreibenden als auch einen konstruktiven und kreativen Anteil.
- Die Möglichkeiten des Wissens sind endlos, gerade weil es ein prozessualer Text ist, der immer wieder verändert oder neu formuliert werden kann und aus diesen beiden Elementen besteht.
- Wissen, sowohl im rezeptiven als auch im konstruktiven Sinne, wird durch Faktoren wie Kultur, Vorwissen, Erwartungen und Interessen des erkennenden Subjekts beeinflusst. Daher können wir sagen, dass Wissen relativ ist, da es von so vielen Faktoren abhängt, dass es unmöglich ist, dass es objektiv wird.
Erkenntnis: Vernunft und Erfahrung
Die Frage danach, was wir wissen können, ist eine der zentralen Debatten in der Geschichte der Philosophie. Diese Diskussion konzentrierte sich stets auf die Unterscheidung zwischen Erfahrung und Vernunft.
Rationalismus
Der Rationalismus vertraut voll und ganz auf die Vernunft als einzige Quelle sicheren und gewissen Wissens, da die Sinne als trügerisch gelten.
- Es gibt angeborene Ideen im Geist, aus denen das Wissen gewonnen wird.
- Wissen befasst sich mit den Ideen der Vernunft.
- Wichtige Vertreter: Descartes, Malebranche, Spinoza.
Empirismus
Der Empirismus besagt, dass all unser Wissen aus der Erfahrung stammt und diese nicht überschreiten kann. Der Geist empfängt Daten durch die Sinne und ist darauf beschränkt, diese zu assoziieren und zu verknüpfen.
- Er leugnet die Existenz angeborener Ideen.
- Alles Wissen bezieht sich auf Ideen, nicht auf die Dinge selbst. Es gibt keine Möglichkeit, auf die Dinge zuzugreifen, außer durch unsere Sinne.
- Wichtige Vertreter: Hume, Berkeley, Locke.
Kants kopernikanische Wende
Kant versuchte, den Gegensatz zwischen Empirismus und Rationalismus aufzulösen. Man spricht oft von Kants kopernikanischer Wende in der Erforschung der menschlichen Erkenntnis, weil er das Problem überwindet, das Empiristen und Rationalisten spaltete, indem er die Sichtweise auf die Dinge änderte. Kant betrachtet menschliches Wissen aus der Perspektive des erkennenden Subjekts, nicht aus der des erkannten Objekts.
Was ist Intelligenz?
Intelligenz ist die Fähigkeit, Probleme zu lösen und sich mit neuen Situationen auseinanderzusetzen. Zu den Bestandteilen der Intelligenz gehören:
- Lernen: Intelligenz unterliegt Modulationen und Veränderungen durch vielfältige Lern- und Trainingsprozesse.
- Aufmerksamkeit und Motivation: Es ist offensichtlich, dass Aufmerksamkeit und Wachheit für die Intelligenz entscheidend sind. Darüber hinaus sind die Aufmerksamkeit, Motivation und das Interesse des Einzelnen für die Ausübung der Intelligenz von grundlegender Bedeutung.
- Beziehungen und Planung: Intelligenz befähigt dazu, Entscheidungen zu treffen und neue Verbindungen zwischen bekanntem Wissen herzustellen.
- Wissenserwerb und -verarbeitung: Intelligenz umfasst auch den Erwerb und die entsprechende Verarbeitung von Wissen und Daten.
- Gedächtnis: Intelligenz ist nicht gleichbedeutend mit Gedächtnis, aber es besteht eine enge Beziehung zwischen Erinnerung, Wissen und intellektuellen Fähigkeiten.
- Adaptive Effizienz und Erfolg: Intelligenz ist die Fähigkeit, angemessen auf den Kontext zu reagieren und sich an die Umwelt anzupassen, um so ein erfolgreiches Leben zu führen.
Dynamik und Grenzen des Wissens
Die Dynamik des Wissens und der Ideen wird durch folgende Merkmale bestimmt:
- Einerseits ist der Wissende, der Mensch, in seinem Wissen begrenzt und besitzt kein absolutes oder perfektes Wissen. Seine Grenzen sind:
- Physisch: Es gibt Dinge, zu denen er keinen Zugang oder kein Wissen hat.
- Biologisch: Der menschliche Geist ist in seiner Erkenntnisfähigkeit beschränkt.
- Sozial/Kulturell: Gesellschaften und Kulturen bestimmen die Art des gültigen Wissens.
- Andererseits ist das erkannte Objekt, die Realität, veränderlich. Dennoch bewahrt sie eine gewisse Stabilität und Kontinuität, sodass wir immer dieselbe Realität erkennen können.
Wissen als Revolution (nach Kuhn)
Thomas Kuhn bestreitet die Idee der kumulativen Wissensentwicklung und argumentiert, dass Wissen in revolutionären Sprüngen voranschreitet. Der Fortschritt des Wissens vollzieht sich wie folgt:
- Es gibt eine vorwissenschaftliche Periode, in der die Grundlagen für ein Paradigma entwickelt werden. Ein Paradigma umfasst alle kulturellen, theoretischen und ideologischen Rahmenbedingungen, auf denen Wissenschaftler aufbauen.
- Sobald ein Paradigma etabliert ist, befinden wir uns in einer Periode der normalen Wissenschaft, in der das Paradigma verfeinert und weiterentwickelt wird, was alle von dieser Idee abgeleiteten Theorien umfasst.
- Es kommt jedoch eine Zeit, in der sich zu viele Anomalien und Schwierigkeiten ansammeln, die innerhalb des bestehenden Paradigmas nicht gelöst werden können.
Arten der Zeit
- Psychologische Zeit: Die subjektive Wahrnehmung der Zeit im eigenen Leben; das Gefühl, dass die Zeit schnell oder langsam vergeht.
- Kosmologische Zeit: Die Zeit des Universums, die wir zu messen und zu berechnen versuchen, um beispielsweise über das Alter der Sterne oder des Universums zu sprechen.
- Historische Zeit: Eine dritte Zeitform, die zwischen der persönlichen und der objektiven Zeit liegt. Sie ist die Zeit der menschlichen Ereignisse und ermöglicht es uns, verschiedene Epochen zu verstehen und zu erkennen, dass sich alles verändert.
Arten des Gedächtnisses
Das Gedächtnis ist die Fähigkeit, sich an die Vergangenheit zu erinnern und diese abzurufen, d.h. Informationen in unserem Gehirn zu speichern und wieder abzurufen.
- Langzeitgedächtnis: Speicherung von Informationen über einen längeren Zeitraum. Hierfür sind Mechanismen wie Wiederholung oder gezieltes Lernen erforderlich.
- Kurzzeitgedächtnis: Speicherung von Informationen für eine kurze Dauer. Es ermöglicht uns, bestimmte Dinge während einer Handlung zu behalten, die wir danach möglicherweise nicht mehr erinnern.
Vergessen
Vergessen ist die Unfähigkeit, sich an etwas zu erinnern. Es kann als Folge einer Gehirnerkrankung auftreten. Vergessen ist ein gesicherter Überlebensmechanismus und kann auch ein Mechanismus der Selbstverteidigung sein.
Historische Perspektiven auf das Wissen
Klassisches Griechenland
Platon, Aristoteles: Das Wichtigste ist die Erforschung der Ursachen von Phänomenen und der Natur.
Mittelalter
Augustinus von Hippo, Thomas von Aquin: Menschliches Wissen ist primär Wissen über die Natur, da diese von Gott geschaffen wurde.
Renaissance
Mechanistische Autoren
Galileo: Das Universum wird als eine riesige Maschine konzipiert. Der Schlüssel liegt darin, die Gesetze natürlicher Phänomene zu entdecken und sie in mathematischer Sprache auszudrücken.
Vitalistische Autoren
Paracelsus: Die Natur ist wie ein großer Körper mit inneren Kräften, die Leben spenden.
Neuzeit
Rationalistische Autoren
Descartes: Menschliches Wissen muss ausschließlich auf der Vernunft beruhen, da die Sinne uns täuschen.
Empiristische Autoren
Hume: Wissen hat seine zuverlässigste Quelle in den Daten der sinnlichen Erfahrung. Nur sie liefern verlässliche Informationen über die Welt.
Kant: Synthese von Empirismus und Rationalismus
Kant: Wissen kann nicht allein auf den Daten der Erfahrung basieren, da die Sinne trügerisch sind. Es kann aber auch nicht völlig ignoriert werden, da die Vernunft sonst in sich selbst verschlossen bliebe.