Ethik und Moral: Von Aristoteles bis Nietzsche
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Ethik und Moral: Definition und Ursprung
Ethik ist ein Teil der Philosophie, der sich der Reflexion über die Moral widmet. Als philosophische Disziplin ist die Ethik eine Wissensform, die versucht, rational konstruiert zu werden, um über moralische Fragen nachzudenken. Die Ethik zielt darauf ab, Begriffe und Argumente für das Verständnis der moralischen Dimension des Menschen zu entwickeln, ohne sie auf psychologische, soziologische, ökonomische usw. Komponenten zu reduzieren, diese aber auch nicht als bedingende Faktoren der moralischen Welt zu ignorieren.
Als Moral wird jene Reihe von Prinzipien, Normen und Werten bezeichnet, die jede Generation an die nächste weitergibt, in der Hoffnung, dass dies ein gutes Erbe darstellt, das anleitet, wie man sich gut und gerecht verhält. Die grundlegende Frage der Moral lautet: Was sollen wir tun? Sie umfasst eine Reihe von Entscheidungen über Gut und Böse, die von Kultur zu Kultur variieren und so alt sind wie die Menschheit.
Die Etymologie des Wortes Moral stammt vom lateinischen mos, moris, was ursprünglich 'Gewohnheit' bedeutete, später aber 'Charakter' oder 'Art des Seins'. Das Wort Ethik wiederum kommt vom griechischen ethos, das ursprünglich 'Wohnung' oder 'Ort, wo wir herkommen' bedeutete, später aber 'Charakter' verstand, den eine Person oder Gruppe im Leben erwirbt.
Menschliche Moralität, Freiheit und Gewissen
Im Menschen und nur im Menschen eröffnet sich die wichtige Möglichkeit, die Welt zu berichtigen und zu bewerten. Dies wird durch die Freiheit der menschlichen Praxis und ihren fundamentalen Zusammenhang mit der Verantwortung charakterisiert.
Das überlegene Tier (der Mensch) erreicht seinen vollständig humanen Zustand in dem Maße, in dem es diese Tugenden aktualisiert.
Er befindet sich in einer privilegierten Position der ethischen Bewertung und besitzt eine einzigartige Fähigkeit: das moralische Gewissen, das die Unterscheidung zwischen Gut und Böse ermöglicht.
Das Gewissen ist ein langer Reifeprozess, bei dem die sozialen Umstände, unter denen sich das Individuum entwickelt, eine Rolle spielen. Dieser Prozess kann in einigen Fällen ganz bestimmt von einer intuitiven Ebene zu einer rationalen und autonomen Ebene fortschreiten.
Erste Phase: Intuitiver Moralsinn
In einer ersten Phase gibt es eine Art scheinbar geheimnisvollen moralischen Sinn, bei dem wir zustimmen und ablehnen, ohne über die Grundlagen unserer Wahl nachzudenken. Das Individuum eignet sich ungewollt (im engeren Sinne) die Moral seiner Umgebung an. So funktioniert das Kind als Resonanzkörper, als Echo der Erwachsenen, wobei die Rolle der Nachahmung außer Frage steht.
Spätere Phase: Introjizierte Werte und Gewissen
Später beginnt das Subjekt, eine wirre Vorstellung vom axiologischen Inhalt seiner Handlungen und Entscheidungen zu entwickeln. Das Individuum hat Werte introjiziert, sodass sie ihm zu eigen werden, zu einem Teil seines Wesens, aber es hat sie nicht gewählt, nicht mit Verantwortung und Gewissen ausgewählt. Der dynamische Faktor für diese moralische Haltung ist die Angst vor Zensur. Das Bewusstsein ist der Widerhall der Autorität, die mehr oder weniger klar, mehr oder weniger subtil bestraft und belohnt. Das gute Gewissen stimmt mit dem Gehorsam überein, aber das ist nicht das endgültige moralische Gewissen, das ein tatsächliches Ausmaß an Freiheit und Verantwortung erreichen kann, das über die bloße Annahme hinausgeht.
Aristoteles über Glück und Tugend
Für Aristoteles ist das höchste Gut das Glück (Eudaimonia), denn dies ist ein Zweck an sich. Jedes menschliche Handeln, das auf etwas anderes gerichtet ist, ist untergeordnet. Als die wichtigsten Merkmale des Glücks haben wir:
- Es ist immer um seiner selbst willen und nie um etwas anderes willen.
- Es ist autark (sich selbst genügend), da wir das Glück als etwas betrachten, das in sich abgeschlossen ist und somit alles enthält, was für das Leben wünschenswert ist.
- Es ist gut, da es uns unabhängig macht.
Glück als Tätigkeit der Seele
Glück für Aristoteles ist eine Tätigkeit der Seele im Einklang mit vollkommener Tugend. Wenn das Glück das höchste Gut für die Menschheit ist, muss jede Aktivität, die dazu beiträgt, tugendhaft sein. Daher sind Glückseligkeit und Tugend klar miteinander verbunden.
Tugend nach Aristoteles
Tugend ist für Aristoteles weder eine Leidenschaft noch eine bloße Fähigkeit der Seele, sondern eine Gewohnheit (Hexis). Er klassifiziert sie in intellektuelle und moralische Tugenden.
Die intellektuellen oder rationalen Tugenden basieren auf der Übung der Vernunft: Verständnis, Wissenschaft, Kunst, Intelligenz, Klugheit (Phronesis) und Weisheit (Sophia). Klugheit ist dabei besonders wichtig, da sie zusammen mit der Vernunft das rechte Maß (Mesotes) der moralischen Tugenden bestimmt.
Die moralische Tugend besteht in der Herrschaft der Vernunft über die sinnlichen Triebe, was die Moral bestimmt. Moralische Tugend ist die Fähigkeit (Gewohnheit), das mittlere oder rechte Maß zu wählen, wie es für uns durch die Vernunft bestimmt wird.
Nietzsches Kritik an Philosophie, Moral und Religion
Nietzsche kritisiert die westliche Philosophie (mit Ausnahme von Heraklit und einer Handvoll anderer Philosophen) dafür, dass sie die Kunst zugunsten einer Philosophie des Konzepts vernachlässigt hat, die das Leben und den Willen zum Leben ignoriert. Er kritisiert eine Philosophie der Vernunft, die dem Zeugnis der Sinne entgegengesetzt wird und diese in Vergessenheit geraten lässt.
Die Moral kritisiert er als 'widernatürlich' wegen ihrer Opposition gegen das Leben, weil sie die Instinkte verurteilt und sich von der realen Welt und den konkreten Bedingungen der Existenz zurückzieht. Er betrachtet sie als eine Sklavenmoral, die Kleinheit, Demut, Freundlichkeit, Güte, Objektivität und Nächstenliebe erhebt und das verneint, was eine 'Herrenmoral' auszeichnen würde: Leben, Macht, Pracht, Lust und Männlichkeit.
Die Kritik der Religion (insbesondere des Christentums) begründet er damit, dass sie aus Angst entstanden sei und die Werte der griechisch-römischen Welt sowie die Werte der germanischen Völker zerstört habe. Das Christentum bedeute den Verlust des Sinnes für das Irdische, den Verlust des Sinnes für das Leben selbst und die Einführung von 'Mittelwerten' (Werten der Schwachen), die dem Leben entnommen sind, sowie den Begriff der Sünde, eine Idee, die gegen die Instinkte des Lebens gerichtet ist. Er postuliert, dass 'Gott tot ist' in der Moderne.