Ethische Theorien: Indeterminismus, Determinismus & Glück
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Ethischer Indeterminismus
Indeterminismus ist die philosophische Position, die davon ausgeht, dass wir beim Handeln frei sind, unsere Entscheidungen zu treffen und zu wählen, wie wir agieren.
Die Ursprünge dieses Trends lassen sich auf den moralischen Intellektualismus im klassischen Griechenland, den ethischen Relativismus der Sophisten und Platon zurückführen. Ab dem achtzehnten Jahrhundert begann er wieder an Bedeutung zu gewinnen.
Kants Moralphilosophie
Immanuel Kant vertritt die Ansicht, dass es zwar nur eine menschliche Vernunft gibt, diese aber auf zwei verschiedene Weisen gebraucht werden kann:
- Reine Vernunft (theoretische Vernunft): Sie befasst sich damit, wie die Dinge sind und wie die physische Welt beschaffen ist. In der physischen Welt treten Phänomene unausweichlich auf, sodass es hier keine Freiheit gibt.
- Praktische Vernunft: Sie befasst sich damit, wie wir handeln sollen, was die Grundsätze menschlichen Verhaltens sind und welche Gesetze oder Regeln unser Verhalten leiten. Nur in diesem Bereich kann von Freiheit gesprochen werden.
Kant untersucht, welche Prinzipien den Menschen zum Handeln bewegen. Diese Grundsätze bilden unser Gewissen, das unser Verhalten bestimmt und uns sagt, ob unsere Handlungen richtig oder falsch, gut oder schlecht sind.
Nach Kant kann nur der menschliche Wille, nicht die einzelnen Handlungen, als gut oder schlecht klassifiziert werden. Es ist nicht dasselbe, ein Bein aus sadistischen Gründen zu verletzen, wie ein Bein zu amputieren, um Krebs zu behandeln.
Andererseits äußert sich die menschliche Vernunft laut Kant in Form von Imperativen. Es gibt zwei Arten von Imperativen:
- Hypothetische Imperative: Diese sind an eine Bedingung geknüpft. „Wenn du X willst, dann musst du Y tun.“
- Kategorische Imperative: Diese sind an keinerlei Bedingung geknüpft, geben keinen Hinweis auf einen spezifischen moralischen Inhalt und gelten universell für alle Handlungen. „Tue X.“ (oder genauer: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“)
Eine Handlung ist nur dann moralisch, wenn sie auf dem kategorischen Imperativ beruht. Das bedeutet, die Person wählt die Handlung, weil sie als richtig erkannt wird, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Andernfalls kann eine Handlung zwar legal, aber nicht moralisch sein. Wenn jemand nicht stiehlt, um nicht erwischt zu werden, ist die Aktion legal, aber nicht moralisch. Wenn jemand jedoch nicht stiehlt, weil er es als seine Pflicht betrachtet, nicht zu stehlen, dann handelt es sich um eine legale und moralische Handlung.
Autonomie und Heteronomie des Willens
Kant unterscheidet zwischen Autonomie und Heteronomie des Willens. Der Wille ist autonom, wenn er sich selbst sein Gesetz gibt. Er ist heteronom, wenn er das Gesetz von etwas oder jemand anderem als sich selbst empfängt (z.B. von Neigungen, Trieben oder äußeren Autoritäten). Daher ist jede theologische Ethik, die Gebote von einer äußeren Instanz (Gott) ableitet, nach Kant heteronom.
Nur der Wille kann als gut oder schlecht beurteilt werden. Daher ist nur ein autonomer Wille, der dem kategorischen Imperativ gehorcht, wahrhaft gut.
Determinismus
Deterministische Theorien behaupten, dass Menschen nicht frei sind. Unsere Entscheidungen und Handlungen sind Glieder in einer Kausalkette von Ereignissen, der wir nicht entkommen können. Das menschliche Verhalten wird dabei oft aus drei Perspektiven als bestimmt angesehen: biologisch, psychologisch und sozial.
Hume und der moralische Emotivismus
David Hume argumentiert, dass sich die Moral nicht auf unsere Vernunft stützt. Die Funktion der Vernunft bestehe darin, die Zusammenhänge zwischen Ideen oder Fakten zu erkennen, nicht aber moralische Werte zu begründen.
Nach diesem Philosophen entstehen moralische Urteile aus dem Gefühl der Lust oder Unlust, das bestimmte Tatsachen oder Handlungen in uns hervorrufen. Dies äußert sich als ein Gefühl der Billigung oder Missbilligung.
Die Moral ist demnach nicht in der Vernunft oder in den Tatsachen selbst zu finden, sondern in den Gefühlen, die diese in uns auslösen. Deshalb wird Humes Ethik als emotivistisch bezeichnet.
Zur Unterstützung seiner Theorie postuliert Hume die Existenz universeller Gefühle, die durch die menschliche Natur bestimmt sind. Dies soll sicherstellen, dass ähnliche Ereignisse bei allen Individuen (sofern keine psychischen Störungen vorliegen) ähnliche Gefühle hervorrufen und somit eine Basis für intersubjektive Moralität gegeben ist.
Aristoteles: Glück als rationale Tätigkeit
Aristoteles betrachtet die Wissenschaft, die das sittliche Handeln des Menschen umfasst, als „politische“ Wissenschaft. Diese unterteilt sich in Ethik (die Lehre vom guten Leben des Einzelnen) und Politik im engeren Sinne (die Lehre vom guten Leben der Gemeinschaft). Für Aristoteles existiert das Individuum in Funktion der Polis (Stadtstaat), und daher ist das höchste Gut des Einzelnen eng mit dem Gemeinwohl verbunden.
In ihren Handlungen verfolgen Menschen immer ein Ziel, das als ein Gut verstanden wird. Solche Ziele können klassifiziert werden:
- Relative Zwecke (Mittel zu Zwecken): Dienen dazu, andere, höhere Ziele oder Güter zu erreichen. „Ich arbeite, um Geld zu verdienen, und verdiene Geld, um gut leben zu können.“
- Absolutes Ziel (Endzweck): Das letzte und höchste Ziel, auf das alles menschliche Handeln letztlich ausgerichtet ist und das um seiner selbst willen erstrebt wird. „Ich strebe nach Glück, weil ich glücklich sein will, nicht weil es mir für etwas anderes dient.“
Aristoteles identifiziert das höchste und absolute Gut aller menschlichen Handlungen als das Glück (Eudaimonia). Aber was ist Glück? Wie erreicht man es? Welche Eigenschaften sind dafür notwendig? Zur Beantwortung dieser Fragen untersucht Aristoteles verschiedene Lebensformen und Güter, die Menschen für das Erreichen von Glück als notwendig erachten:
- Die Vielen und Ungebildeten identifizieren Glück mit Vergnügen und Genuss. Aristoteles merkt an, dass ein solches Leben dem der Tiere ähneln würde und des Menschen nicht würdig sei.
- Gebildetere und kultiviertere Menschen sehen das Glück in der Ehre, die ihnen von der Gesellschaft zuteilwird. Aristoteles wendet ein, dass Ehre zu sehr von anderen abhänge und nicht das höchste Gut sein könne.
- Schließlich wird oft die Anhäufung von Reichtum als Weg zum Glück gesehen. Aristoteles argumentiert, dass Reichtum lediglich ein Mittel sei, um andere Güter zu erwerben, aber kein Ziel an sich und somit nicht das Glück selbst sein könne.
Für Aristoteles besteht das Glück des Menschen in der Verwirklichung seiner spezifischen Natur, d.h. in einer dem Verstand (Logos) gemäßen Tätigkeit der Seele und einem Leben im Einklang mit der Tugend.