Ethnozentrismus, Hominisation & Kulturentwicklung

Eingeordnet in Lehre und Ausbildung

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 4,8 KB

Ethnozentrismus: Die eigene Kultur als Maßstab

Ethnozentrismus bezeichnet die Sichtweise, bei der die eigene Kultur als Mittelpunkt der Welt betrachtet wird. Alle anderen Kulturen werden demnach danach bewertet, wie sehr sie sich dieser „Mainstream-Kultur“ annähern.

Manchmal wird Ethnozentrismus als scheinbar wissenschaftliche Lehre dargestellt. Ein Beispiel hierfür sind die Versuche der Nationalsozialisten, durch vermeintlich strenge biologische Kriterien verschiedene „Rassen“ zu definieren und zu hierarchisieren.

Eine prägnante Kritik am Ethnozentrismus stammt vom Anthropologen Claude Lévi-Strauss: „Wild ist derjenige, der einen anderen Wilden nennt.“

Kulturelle Unterschiede und Vergleichbarkeit

Obwohl Ethnozentrismus kritisch zu sehen ist, bedeutet dies nicht, dass alle menschlichen Kulturen identisch oder direkt vergleichbar sind. Es existieren erhebliche Unterschiede in den kulturellen Ausprägungen.

Zwar ist keine Kultur per se in allen Belangen einer anderen überlegen, doch können manche Kulturen als „umfassender“ bezeichnet werden.

Eine Kultur gilt dann als umfassend, wenn sie die Gesamtheit der kulturellen Merkmale, zu deren Entwicklung sie fähig ist, entfaltet oder integriert.

Zivilisation als kulturelles Konzept

Die umfassendsten Kulturen werden oft als zivilisierte Kulturen bezeichnet.

Zivilisation lässt sich als eine Gesamtheit kultureller Merkmale definieren, die charakteristisch für staatlich organisierte Gesellschaften sind und unter anderem die Schriftkenntnis umfassen.

Staatliche Organisation geht oft mit sozioökonomischer Ungleichheit einher.

Soziale Gruppen, die diese spezifischen kulturellen Merkmale nicht aufweisen, werden in dieser Betrachtungsweise nicht als zivilisiert angesehen.

Edward Tylor unterschied drei Stufen der kulturellen Evolution:

  • Wildheit
  • Barbarei
  • Zivilisation

Hominisation: Die Entwicklung zum Menschen

Die Hominisation beschreibt den Prozess der Menschwerdung. Wesentliche Merkmale sind:

  • Zunahme der Schädelkapazität: Von ca. 600 cm³ bei frühen Hominiden auf durchschnittlich 1300-1500 cm³ beim modernen Menschen.
  • Aufrechter Gang (Bipedie): Befreite die oberen Extremitäten für andere Aufgaben.
  • Entwicklung des opponierbaren Daumens: Ermöglichte Präzisionsgriff, manuelle Geschicklichkeit und die Herstellung von Werkzeugen – eine Grundlage für technische Entwicklungen.
  • Entwicklung des Kehlkopfes: Schaffte die Voraussetzung für komplexe sprachliche Artikulation.

Diese Entwicklungen sind nicht rein genetisch bedingt, sondern maßgeblich vom Lernen beeinflusst.

Ein größeres und komplexeres Gehirn bildet die neurologische Basis für eine überlegene Lernfähigkeit und die Anpassung an die Umwelt durch Erfahrung.

Die Fähigkeit zur Werkzeugherstellung (Instrumentation) ist eng mit der biologischen Evolution des Menschen, einschließlich seiner Gehirnentwicklung, verknüpft.

Der kulturelle Aufbruch

Anthropologen sprechen vom „kulturellen Aufbruch“ (cultural take-off), der die menschliche Kulturentwicklung von den rudimentären Verhaltensweisen bei Tieren unterscheidet.

Menschliche Sprache vs. Tierkommunikation

Ein wesentlicher Unterschied liegt zwischen menschlicher Sprache und tierischer Kommunikation:

  • Menschliche Sprache: Basiert auf Symbolen (Zeichen im weiteren Sinne).
  • Tierische Kommunikation: Besteht vorwiegend aus Signalen.

Tierische Kommunikation übermittelt meist Informationen über die unmittelbare Gegenwart („Hier und Jetzt“). Signale sind oft direkte Reaktionen auf spezifische Reize (z.B. Anwesenheit von Nahrung, Feinden).

Ein Alarmsignal bei Anwesenheit eines Fressfeindes ist beispielsweise ein Index (Anzeichen) und löst bei einer Gruppe Grüner Meerkatzen die Flucht aus.

Zeichentypen nach Charles S. Peirce

Nach Charles S. Peirce lassen sich Zeichen in drei Hauptkategorien einteilen:

  • Ikone: Das Zeichen ähnelt seinem Referenten (dem Objekt, auf das es verweist). Beispiel: Ein Piktogramm eines Telefons für „Telefon“.
  • Indizes (Anzeichen): Das Zeichen hat keine direkte Ähnlichkeit mit dem Bezeichneten, steht aber in einem kausalen oder direkten Zusammenhang damit. Beispiel: Rauch als Anzeichen für Feuer.
  • Symbole: Das Zeichen hat weder Ähnlichkeit mit dem Bezeichneten noch einen direkten kausalen Zusammenhang. Die Verbindung ist rein konventionell und erlernt. Beispiel: Das Wort „Baum“ für einen Baum.

Verwandte Einträge: