Europas Wandel: Spaniens Krisen & Nationale Einigungen

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Spanien im Wandel: Reformen und Krisen (18.-19. Jh.)

Die Bourbonischen Reformen im 18. Jahrhundert

Regierungs- und Verwaltungsreformen

Unter den Bourbonen wurde der König zum alleinigen Zentrum der Macht, nach dem Vorbild des französischen Absolutismus (z.B. prachtvolle Paläste nach dem Vorbild von Versailles). Das alte Regierungsmodell der Habsburger (Austrias) mit seinen Räten wurde durch ein System von Staatssekretären (Ministern) ersetzt, die direkt dem König unterstanden. Philipp V. zentralisierte die Staatsmacht durch die Decretos de Nueva Planta (Erlasse der neuen Ordnung). Diese schafften die Sonderrechte (Fueros) und Institutionen der Gebiete der ehemaligen Krone von Aragón ab und führten das kastilische Recht und Verwaltungssystem im gesamten Reich ein.

Wirtschaftsreformen

Landwirtschaft

Die Mehrheit der Bevölkerung lebte von der Subsistenzlandwirtschaft. Hauptprobleme waren die ungerechte Landverteilung (Latifundien), schlechte Anbaumethoden und die Existenz von Land in 'toter Hand' (Amortisation), d.h. unveräußerliches Kirchengut und Majorate (Adelsbesitz), was die Entwicklung eines freien Bodenmarktes behinderte. Aufklärer kritisierten diese Strukturen. Unter Karl III. wurden einige Maßnahmen ergriffen, wie die Verteilung von Gemeindeland und die Ansiedlung von Kolonisten in neuen Gebieten (z.B. Sierra Morena), aber grundlegende Reformen der Eigentumsverhältnisse blieben aus.

Handel

Der Binnenhandel litt unter zahlreichen Binnenzöllen und einem schlechten Straßennetz. Die Bourbonen förderten öffentliche Arbeiten (Straßen, Kanäle) und schufen die Position des Intendanten in den Provinzen, um die Wirtschaft zu beleben und die Verwaltung zu verbessern. Der Außenhandel, insbesondere mit den amerikanischen Kolonien, war von großer Bedeutung. Anfänglich herrschte ein strenges Monopol über den Hafen von Cádiz. Unter Karl III. wurde mit dem Reglamento de Libre Comercio (1778) der Handel zwischen weiteren spanischen und amerikanischen Häfen liberalisiert, was den Warenaustausch belebte, aber auch die Konkurrenz für die heimische Produktion erhöhte.

Industrie und Finanzen

Die Regierung förderte die Gründung von Königlichen Manufakturen (Reales Fábricas), um Luxusgüter (Tapisserien, Porzellan, Glas) und militärische Ausrüstung herzustellen und Importe zu reduzieren. Die private Industrie, insbesondere die Textilproduktion in Katalonien, erlebte einen Aufschwung. Die Finanzpolitik zielte auf eine Sanierung der Staatsfinanzen ab. Es wurden Versuche unternommen, ein einheitliches Steuersystem einzuführen (z.B. der Catastro de Ensenada in Kastilien, eine detaillierte Erfassung von Vermögen und Einkommen) und die Einnahmen zu steigern. Die Gründung der Banco de San Carlos (1782), des ersten staatlichen Bankinstituts, war ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des Finanzwesens.

Die Herrschaft Karls IV. und der Weg in die Krise (1788-1808)

Die Herrschaft Karls IV. (1788-1808) war stark von den Ereignissen der Französischen Revolution und den napoleonischen Kriegen geprägt. Die eigentliche Macht lag oft in den Händen seines Günstlings Manuel Godoy. Nach anfänglichen Konflikten mit dem revolutionären Frankreich verbündete sich Spanien später mit Napoleon. Diese Allianz führte zur katastrophalen Niederlage der spanisch-französischen Flotte gegen die Briten in der Schlacht von Trafalgar (1805), die Spaniens Seemacht brach. Im Jahr 1807 unterzeichnete Godoy mit Napoleon den Vertrag von Fontainebleau, der französischen Truppen den Durchmarsch durch Spanien gestattete, um Portugal zu erobern, das sich der Kontinentalsperre gegen England widersetzte. Die Anwesenheit französischer Truppen und die Unbeliebtheit Godoys führten zu wachsender Unruhe. Kronprinz Ferdinand, ein erbitterter Gegner Godoys, nutzte die Situation und unterstützte den Aufstand von Aranjuez (März 1808). Godoy wurde gestürzt, und Karl IV. sah sich gezwungen, zugunsten seines Sohnes Ferdinand VII. abzudanken. Napoleon lud daraufhin Vater und Sohn nach Bayonne (Frankreich) ein. Dort zwang er beide zur Abdankung (Abdankungen von Bayonne) und setzte seinen Bruder Joseph Bonaparte als neuen König von Spanien ein. Die Nachricht von diesen Ereignissen und die Besetzung Madrids durch französische Truppen lösten am 2. Mai 1808 einen Volksaufstand in der Hauptstadt aus. Dieses Ereignis markiert den Beginn des blutigen Spanischen Unabhängigkeitskrieges (Guerra de la Independencia) gegen die französische Besatzung.

Die Herrschaft Ferdinands VII. (1814-1833)

Absolutistisches Sexennium (1814-1820)

Nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges kehrte König Ferdinand VII. ('el Deseado' – der Erwünschte) 1814 nach Spanien zurück. Er hob umgehend die liberale Verfassung von Cádiz (1812) auf und stellte den Absolutismus wieder her. Liberale versuchten durch Militärrevolten (Pronunciamientos) und Verschwörungen (z.B. die 'Verschwörung des Dreiecks') gegen das Regime vorzugehen, wurden aber unterdrückt.

Liberales Triennium (1820-1823)

Ein erfolgreicher Militärputsch unter Rafael del Riego im Jahr 1820 zwang den König, die Verfassung von Cádiz wieder einzusetzen. Diese liberale Phase war geprägt von inneren Spaltungen der Liberalen in Moderate (Doceañistas) und Radikale (Exaltados). Die Heilige Allianz intervenierte auf Ferdinands Bitte hin und entsandte 1823 französische Truppen (die 'Hunderttausend Söhne des Heiligen Ludwig'), die den Absolutismus wiederherstellten.

Ominöses Jahrzehnt (Década Ominosa) (1823-1833)

Die letzte Phase der Herrschaft Ferdinands VII. war geprägt von einer brutalen Repression gegen Liberale (z.B. Hinrichtung von Mariana Pineda). Trotz des Absolutismus wurden einige Verwaltungs- und Finanzreformen durchgeführt, wie die Gründung der Bank von San Fernando (Vorläufer der Bank von Spanien). Ein zentrales Problem war die Thronfolge: Das in Spanien geltende Salische Gesetz verbot Frauen die Thronfolge. Da Ferdinand VII. nur Töchter hatte, wäre sein Bruder Carlos María Isidro sein Nachfolger gewesen. Um seiner Tochter Isabella die Krone zu sichern, erließ Ferdinand VII. 1830 die Pragmatische Sanktion, die das Salische Gesetz aufhob. Dies führte zu einem tiefen Konflikt mit den Anhängern von Don Carlos (den Karlisten) und legte den Grundstein für die Karlistenkriege.

Nationale Einigungen in Europa (19. Jahrhundert)

Die Vereinigung Deutschlands

Im 19. Jahrhundert war Deutschland politisch zersplittert. Preußen im Norden, mit seiner starken politischen und militärischen Organisation, spielte eine Schlüsselrolle. Im Süden existierten neben Bayern weitere kleine, unabhängige Gebiete, die von Fürsten regiert wurden. Andere deutsche Gebiete standen unter der Herrschaft des Königs von Dänemark oder der österreichischen Monarchie und zeichneten sich durch eine entwickelte Wirtschaft und Kultur aus. Der Wiener Kongress (1815) schuf den Deutschen Bund, bestehend aus 39 Staaten, unter österreichischer Führung, der keinen liberalen Staat anstrebte. Preußen ergriff die Initiative und gründete 1834 den Zollverein, der Österreich ausschloss. Diese Zollunion, zusammen mit dem Ausbau des Schienennetzes, förderte die wirtschaftliche Entwicklung, stärkte das Bürgertum (Bourgeoisie) und den Wunsch nach nationaler Einheit. Die Revolution von 1848 brachte soziale und demokratische Forderungen hervor, was jedoch Angst im Bürgertum auslöste. Unter der Führung des preußischen Kanzlers Otto von Bismarck wurde die Vereinigung auf autoritärem Wege vorangetrieben:

  • Krieg gegen Dänemark (1864): Annexion der Herzogtümer Schleswig und Holstein.
  • Krieg gegen Österreich (1866): Österreich wurde in der Schlacht bei Sadowa entscheidend besiegt.
  • Deutsch-Französischer Krieg (1870-1871): Frankreich wurde in der Schlacht von Sedan besiegt. Preußen annektierte Elsass und einen Teil Lothringens, Gebiete mit deutschsprachiger Bevölkerung, die zuvor zu Frankreich gehörten.

Dies führte zur Proklamation des Zweiten Deutschen Reiches am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles.

Die Vereinigung Italiens (Risorgimento)

Im 19. Jahrhundert war Italien in zahlreiche unabhängige Staaten zersplittert:

  • Nordwesten: Das Königreich Piemont-Sardinien mit der Hauptstadt Turin, dem durch den Wiener Kongress weitere Gebiete hinzugefügt wurden.
  • Norden: Die Lombardei (Mailand) und Venetien (Venedig), die wirtschaftlich reichsten Regionen, standen unter österreichischer Herrschaft.
  • Süden: Das Königreich beider Sizilien (Neapel und Sizilien), regiert von der Bourbonen-Monarchie.
  • Mitte: Der Kirchenstaat mit der Hauptstadt Rom, regiert von Papst Pius IX.

Der piemontesische Premierminister Graf Camillo Benso von Cavour verbündete sich mit Frankreich und besiegte die Österreicher in den Schlachten von Solferino und Magenta (1859), wodurch die Lombardei an Piemont fiel. Im Süden eroberte Giuseppe Garibaldi mit seinen 'Rothemden' (Zug der Tausend) Sizilien und Neapel, die ebenfalls an Piemont übergeben wurden. Der Papst verlor den Großteil des Kirchenstaates und behielt lediglich die Vatikanstadt. Das Ergebnis war 1861 die Proklamation des Königreichs Italien, einer parlamentarischen Monarchie mit Viktor Emanuel II. von Savoyen als erstem König. Rom wurde erst 1870 zur Hauptstadt, nachdem auch Venetien (1866) angegliedert worden war.

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