Exoterik: Definition, Ursprung und Abgrenzung zur Esoterik

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Exoterik: Definition und Bedeutung

Die Exoterik (abgeleitet von altgriechisch ἐξωτερικός, was „äußerlich“ oder „ausländisch“ bedeutet) bezeichnet die nach außen gewandten oder von außen zugänglichen Aspekte einer Philosophie oder Religion. Sie steht damit im direkten Gegensatz zu den esoterischen Aspekten, die nur einem inneren Kreis zugänglich sind.

Historischer Ursprung und antike Verwendung

Ursprünglich bezeichnete der Begriff populäre, sich an die Allgemeinheit richtende philosophische Schriften, insbesondere die in Dialogform verfassten Schriften des Aristoteles (altgriechisch: ἐξωτερικά). Die Unterscheidung zwischen exoterisch und esoterisch erscheint erstmals in Die Versteigerung der philosophischen Orden, einer Satire des Lukian von Samosata.[1] Als ein Peripatetiker zur Versteigerung kommt, wird der Unterschied wie folgt beschrieben:

Merkur:
Er ist ein Mann von geregeltem Wesen, billigdenkend, weiß sich ins Leben zu schicken, und, was das Außerordentlichste: Er ist doppelt.
Käufer:
Wie so?
Merkur:
Ein Anderer erscheint er von außen, ein Anderer ist er von innen. Wenn du ihn also kaufen willst, so vergiß nicht, dass dieser der esoterische, jener der exoterische heißt.

Diese Klassifizierung wurde später von Cicero[2] übernommen. Aristoteles selbst gebrauchte den Begriff zur Bezeichnung von oberflächlichen Formen des Diskurses, wobei der Gegensatz hier nicht die esoterische, sondern die philosophische, also die genaue und in die Tiefe gehende Behandlung eines Themas war.[3][4] Im 20. Jahrhundert wurde die esoterisch-exoterische Unterscheidung insbesondere von dem deutsch-amerikanischen Philosophen Leo Strauss für die philosophiegeschichtliche Forschung wieder prominent gemacht.[5][6]

Exoterik in Religionswissenschaft und Theologie

In der Religionswissenschaft und Theologie bezeichnet Exoterik jene Aspekte einer Religion, die offen zugänglich sind und beispielsweise in öffentlichen Schriften nachgelesen werden können. Demgegenüber stehen die esoterischen religiösen Lehren und Praktiken, die – meist über geheime Einweihungen oder mündliche Überlieferungen – nur einem begrenzten Teilnehmerkreis bekannt sind. Nahezu jede Religion oder religiöse Strömung besitzt sowohl einen exoterischen als auch einen esoterischen Teil, wie etwa die Kabbala im Judentum und der Sufismus im Islam.

Abwertende Verwendung des Begriffs

Der Begriff kann auch abwertend gebraucht werden, wobei exoterisch das öffentliche Bild einer eigentlich rein esoterischen Lehre bezeichnet. Dieses Bild muss nicht zwingend falsch sein, ist jedoch in Bezug auf das Wissen der Eingeweihten zumindest unvollständig und bruchstückhaft.

Wer ist ein Exoteriker? Definitionen

Diesem Bedeutungsspektrum entsprechend kann ein Exoteriker verschiedene Rollen einnehmen:

  • Er kann ein „Unwissender“ oder „Uneingeweihter“ sein.
  • Er kann jemand sein, der auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Prozessen oder Inhalten beharrt, im Gegensatz zum Okkultisten.
  • Er kann jemand sein, der komplexe Inhalte transparent und nachvollziehbar macht, etwa ein Wissenschaftler, der sich um populären, allgemeinverständlichen Ausdruck bemüht.

Literaturverzeichnis

  • Roland Biewald: Kleines Lexikon des Okkultismus. Militzke, Leipzig 2005, S. 65.
  • Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. 2. Aufl. Mittler, Berlin 1904. Bd. 1, S. 329, s. v. „Exoterisch“.
  • Hannes Kerber: Strauss and Schleiermacher on How to Read Plato. An Introduction to ’Exoteric Teaching’, in Martin D. Yaffe / Richard S. Ruderman (Hg.): Reorientation. Leo Strauss in the 1930s. Palgrave Macmillan, München 2014, S. 203–214.
  • Hans Schulz, Otto Basler: Deutsches Fremdwörterbuch. Bd. 5. 2. Aufl. De Gruyter, Berlin & New York 2004, S. 462f, s. v. „exoterisch“.
  • Leo Strauss: Persecution and the Art of Writing. The University of Chicago Press, Chicago 1988.

Quellen und Einzelnachweise

[1] Lucian’s Werke. Übersetzung von August Friedrich Pauly. J. B. Metzler, Stuttgart 1827, 3. Bd., S. 363. Text auf Wikisource; griechisch unter www.perseus.tufts.edu

[2] Cicero: De finibus bonorum et malorum, 5.12, lateinisch unter www.perseus.tufts.edu

[3] Aristoteles: Eudemische Ethik 1217b22

[4] Aristoteles: Topik VIII 1, 151b 9

[5] Leo Strauss: Persecution and the Art of Writing. The University of Chicago Press, Chicago 1988.

[6] Vgl. Hannes Kerber: Strauss and Schleiermacher on How to Read Plato. An Introduction to ’Exoteric Teaching’, in Martin D. Yaffe / Richard S. Ruderman (Hg.): Reorientation. Leo Strauss in the 1930s. Palgrave Macmillan, München 2014, S. 203–214.

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