Fahrzeug-Bremssysteme: Aufbau, Funktion und Typen
Eingeordnet in Technologie
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 8,78 KB
Das Bremssystem: Funktion und Komponenten
Das Bremssystem ist eine Reihe von Geräten, die dazu dienen, die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs zu reduzieren oder es zum Stillstand zu bringen.
Funktionen und Arten von Bremsen
Fußbremse (Betriebsbremse)
Die Fußbremse wird vom Fahrer betätigt und dient dazu, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu reduzieren oder es bei Bedarf vollständig zum Stillstand zu bringen.
Feststellbremse (Handbremse)
Die Feststellbremse verhindert, dass ein stehendes Fahrzeug unbeabsichtigt wegrollt.
Dauerbremse (Motorbremse/Retarder)
Die Dauerbremse (z.B. Motorbremse oder Retarder) wird verwendet, um die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs auf langen Gefällstrecken auf einem bestimmten Wert zu halten.
Hydraulische Bremssysteme
Ein hydraulisches Bremssystem ermöglicht es, mit geringem Kraftaufwand am Pedal große Bremskräfte auf die Räder zu übertragen.
Restdruckventil (Vorderradbremse)
Das Restdruckventil (oder ein ähnliches Druckhalteventil) hat die Aufgabe, einen Restdruck von 0,5 bis 2 bar in den vorderen Bremsleitungen aufrechtzuerhalten. Ohne diesen Restdruck könnten die Bremsbeläge nicht schnell genug anliegen oder sich nicht vollständig lösen.
Ausgleichsbohrung im Hauptbremszylinder
Die Ausgleichsbohrung ermöglicht den Volumenausgleich der Bremsflüssigkeit bei Erwärmung und Abkühlung. Wäre dieser Ausgleich nicht möglich, würde sich die Bremsflüssigkeit beim Erhitzen ausdehnen und die Bremsbeläge oder -backen gegen die Bremstrommel oder -scheibe pressen, was zu einer unerwünschten und sich verstärkenden Bremswirkung führen würde.
Arten von Hauptbremszylindern
Der Hauptbremszylinder erzeugt den Druck in den Bremskreisläufen. Er wird über eine Schubstange, oft mit variabler Länge, vom Bremspedal betätigt.
Tandem-Hauptbremszylinder
Dieser Typ besteht aus zwei voneinander unabhängigen Hauptzylindern, die hintereinander angeordnet sind. Dies gewährleistet die Funktion eines Bremskreises, falls der andere ausfällt.
Hauptbremszylinder mit gekoppelten Kolben
Hier sind die Kolben lose miteinander gekoppelt, um eine bestimmte Funktion oder Druckverteilung zu ermöglichen.
Radbremszylinder
Der Radbremszylinder wandelt den hydraulischen Druck des Hauptbremszylinders in eine mechanische Kraft um. Der im Zylinder erzeugte Druck treibt die Kolben an, welche die Bremsbacken auseinanderdrücken und so die Bremsbeläge gegen die Bremstrommel pressen.
Reibungsbremsen an den Rädern
Reibungsbremsen nutzen eine Trommel oder eine Scheibe zur Erzeugung der Bremswirkung. Bei Personenkraftwagen ist es übliche Praxis, Trommelbremsen nur an der Hinterachse zu montieren, während vorne Scheibenbremsen zum Einsatz kommen.
Trommelbremsen
Die Trommelbremse ist eine häufig in Automobilen verwendete Bremsart. Ihre wichtigsten Bestandteile sind die Ankerplatte, die Bremsbacken und die Nachstelleinrichtungen.
Vorteile von Trommelbremsen
- Erzeugt eine interne Selbstverstärkung der Bremskraft: Ein Drehmoment drückt die Bremsbacke stärker gegen die Trommel, was die Bremswirkung erhöht.
Nachteile von Trommelbremsen
- Der Wechsel der Bremsbeläge ist zeitaufwendiger als bei Scheibenbremsen.
- Die Anordnung der Nachstelleinrichtungen kann komplex und teuer sein.
- Die Ableitung von Abrieb und Wärme ist im Vergleich zu Scheibenbremsen schlechter.
Arten von Trommelbremsen
Simplex-Bremse
Die Simplex-Bremse verfügt über eine auflaufende und eine ablaufende Bremsbacke. Sie hat gemeinsame Elemente wie einen Doppel-Radbremszylinder, Bremsnocken oder einen Spreizhebel. Der Belagverschleiß ist bei dieser Bauart ungleichmäßig.
Duplex-Bremse
Die Duplex-Bremse ist eine Trommelbremse, bei der beide Bremsbacken auflaufend wirken. Sie erfordert zwei unabhängige Nachstelleinrichtungen für jede Bremsbacke.
Duo-Servo-Bremse
Die Duo-Servo-Bremse wirkt sowohl bei Vorwärts- als auch bei Rückwärtsfahrt gleichermaßen stark und erfordert nur geringen Kraftaufwand zur Betätigung.
Die Bremstrommel
Die Bremstrommel muss folgende Eigenschaften aufweisen:
- Hoher Widerstand gegen abrasiven Verschleiß, auch bei hohen Temperaturen.
- Hoher Reibungskoeffizient und geringe Neigung zum Blockieren.
- Hohe Steifigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Verformung.
Bremsbeläge
Bremsbeläge haben einen Reibwert zwischen 0,3 und 0,5 und können Temperaturen von bis zu 450 °C standhalten. Sie werden aus verschiedenen Materialien hergestellt, darunter früher auch Asbest (heute verboten) und Zinklegierungen als Zusatzstoffe.
Bremsbacken
Die Bremsbacken werden aus Aluminiumguss oder Stahlblech gefertigt und sind an die Form der Bremstrommel angepasst.
Die Ankerplatte (Portafrenos)
Die Ankerplatte dient als Träger für die Bremsnocken und den hydraulischen Radbremszylinder. Sie nimmt den Radbremszylinder auf und dient als Gegenlager für die Bremstrommel.
Bremsnocken
Bremsnocken werden hauptsächlich in industriellen Maschinen und Nutzfahrzeugen zur Spreizung der Bremsbacken eingesetzt. Heutzutage werden häufig S-Nockenwellen verwendet, die eine spezielle Kerbe am Ende zur Einstellung der Bremse aufweisen.
Rückstellfedern
Rückstellfedern mit einer Zugkraft von 150 N bis 300 N gewährleisten die Rückstellung der Bremsbacken in ihre Ausgangsposition, wenn das Bremspedal losgelassen wird.
Nachstelleinrichtungen
Mit zunehmendem Verschleiß der Bremsbeläge sind Nachstelleinrichtungen erforderlich, um ein konstantes Spiel zwischen Bremsbacken und Trommel zu gewährleisten. Neben der manuellen Einstellung über Exzenterbolzen in der Ankerplatte kommen heute vor allem automatische Nachstelleinrichtungen zum Einsatz. Diese können entweder schrittweise oder kontinuierlich arbeiten.
Scheibenbremsen
Scheibenbremsen werden in der Regel direkt an den Rädern montiert, können aber auch in speziellen Anwendungen getrennt davon angebracht sein. Sie sind die am häufigsten verwendeten Bremsen an der Vorderachse moderner Fahrzeuge.
Vorteile von Scheibenbremsen
- Hohe Temperaturbeständigkeit und geringe Neigung zu Fading (Nachlassen der Bremswirkung bei Hitze).
- Einfache Wartung und schneller Belagwechsel.
- Gleichmäßige und automatische Nachstellung des Belagspiels.
- Gute Selbstreinigung durch Zentrifugalkraft.
Nachteile von Scheibenbremsen
- Die effektive Bremsfläche ist kleiner als bei Trommelbremsen.
- Sie erfordern höhere Anpresskräfte.
- Lokale Überhitzung der Bremsbeläge kann zur Dampfblasenbildung in der Bremsflüssigkeit führen (Vapor Lock).
Festsattel-Scheibenbremse
Bei der Festsattel-Scheibenbremse ist der Bremssattel mit seinen Bremszylindern fest am Fahrzeug montiert. Die Bremsscheibe dreht sich mit dem Rad.
Faustsattel-Scheibenbremse (Schwimmsattel)
Die Faustsattel-Scheibenbremse verfügt in der Regel über nur einen Bremszylinderkolben. Dieser drückt den Bremsbelag auf einer Seite gegen die Scheibe. Gleichzeitig gleitet der Bremssattel auf seinen Führungen und presst den gegenüberliegenden Bremsbelag ebenfalls an die Scheibe.
Die Bremsscheibe
Bremsscheiben werden üblicherweise aus Gusseisen, Sphäroguss oder Stahlguss gefertigt und haben oft eine Topf- oder Glockenform.
Bremsflüssigkeit
Bremsflüssigkeit muss folgende Eigenschaften aufweisen:
- Hohe Druckfestigkeit.
- Hoher Mindestsiedepunkt (über 230 °C).
- Gute Alterungsbeständigkeit.
- Geringe Wasseraufnahme (obwohl sie hygroskopisch ist, sollte die Aufnahme nicht zu schnell erfolgen).
- Geringe innere Reibung.
- Gute Schmiereigenschaften.
Hinweis: Die meisten Bremsflüssigkeiten sind auf Glykolether-Basis, hygroskopisch (ziehen Wasser an) und können bei Kontakt den Fahrzeuglack angreifen.
Bremsleitungen und Bremsschläuche
Die inneren und äußeren Oberflächen der Bremsleitungen müssen rostfrei, poliert und sauber sein. Gängige Außendurchmesser sind 4,75 mm, 6 mm, 8 mm und 10 mm. Sie sind innen und außen galvanisch beschichtet, oft mit einer Zinkschicht von 12 bis 15 µm.
Bremsschläuche
Bremsschläuche überbrücken die Abschnitte zwischen den festen Anschlüssen und den beweglichen Teilen des Fahrzeugs (Achse und Aufhängung).
Wichtige Hinweise zur Montage von Bremsschläuchen
- Bremsschläuche dürfen nicht zu straff montiert werden, um Verformungen oder Verdrehungen zu vermeiden.
- Sie sollten nicht in der Nähe des Auspuffs oder anderer Wärmequellen verlegt werden.