Friedrich Nietzsches Philosophie: Dionysos, Nihilismus und die Umwertung der Werte
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1. Das Dionysische Prinzip
Nietzsche sah im dionysischen Prinzip Werte verkörpert, die dem Leben (Vitalität) dienen: die Sinne, Leidenschaften, Instinkte und den Körper. Er verband dies als Fundament seiner Philosophie. Apollon, ein weiterer Gott mit wichtigen Werten, ergänzt Dionysos mit seinem Licht, seinem Gleichgewicht und seiner Rationalität.
Das Problem entsteht mit der Figur des Sokrates, der mit der Tradition der griechischen Tragödie bricht und über Ideen und Konzepte spricht, die weit von der Realität des Lebens entfernt sind. Dies schränkt die Verwirklichung des Menschen auf Erden ein oder verhindert sie sogar, indem er eine überlegene und vollkommene Welt verspricht. Sokrates und Platon legten den Grundstein für eine Revolte gegen das Leben, die sich später im Christentum mit seiner moralischen Dekadenz und externen Ausrichtung weiterentwickelte und durchsetzte.
2. Die Unschuld des Werdens
Dies ist eine Weltanschauung, die sich gegen jede moralische, insbesondere christliche, Interpretation richtet und jenseits von Gut und Böse steht. Sowohl die Griechen als auch das Christentum befanden die Existenz als schuldig. Der Unterschied liegt darin, dass für die Griechen die Verantwortung bei den Göttern lag, während sie für das Christentum bei den Menschen liegt.
Eigentlich ist das Problem nicht, wer für das Chaos und die Sinnlosigkeit des Daseins verantwortlich ist, sondern ob es als 'schuldig' oder 'unschuldig' verstanden wird. In diesem Kontext findet Dionysos seine wahre Vielfalt: die Unschuld der Pluralität, die Unschuld des Werdens und dessen, was es ist.
3. Nihilismus: Arten und Bedeutung
Der etymologische Ursprung des Nihilismus ist 'nihil', was im Lateinischen 'nichts' bedeutet. Es ist eine philosophische Einstellung, die die Existenz oder den Wert des Lebens leugnet oder den Sinn des Lebens auf etwas Inexistentes wie die christliche Jenseitsvorstellung projiziert.
Es gibt zwei Arten des Nihilismus:
- a) Passiver Nihilismus: Dieser Zustand tritt ein, nachdem der Mensch den 'Tod Gottes' erfahren hat. Alle bisherigen Sicherheiten sind verschwunden, und die Person fühlt sich hoffnungslos, verlassen und ungeschützt. Gott hatte zuvor die Rolle des Beschützers der Menschen erfüllt. Ohne Gott fühlt sich der Mensch plötzlich verwaist, in einer Leere, im Nichts.
- b) Aktiver Nihilismus: Dies ist der Tiefpunkt, an dem der aktive Nihilismus erscheinen kann. Dieser ist typisch für Nietzsche und wird mit der Figur des Löwen assoziiert. Er ist der destruktive Nihilismus der Werte, die bereits veraltet sind.
4. Die scheinbare Welt und der Platonismus
Nietzsche bezeichnete als Platonismus jede Theorie, die die Wirklichkeit in zwei Welten teilt: eine 'reale' Welt und eine 'scheinbare' Welt. Nach Platon entspricht die 'reale' Welt der Ewigkeit und der Seele, während die 'scheinbare' Welt mit Geburt und Tod verbunden ist und dem Körper zugeordnet wird.
Nur Personen mit geringer Vitalität können an die Phantasmagorie einer transzendenten Welt glauben: Die westliche Kultur erfindet eine 'reale' Welt, um Trost angesichts der Schrecken der einzigen existierenden, der dionysischen Welt, zu finden.
Nietzsche sagt in seiner 'Kurzen Geschichte der Metaphysik', dass, sobald wir die 'reale' Welt verloren haben, wir auch die Welt verloren haben, die wir noch als erkennbar ansahen. Wir müssen von vorne anfangen.
5. Die Umwertung aller Werte
Nietzsche richtet seine Kritik an der christlichen Moral aus der Studie über den Ursprung der Werte. Er schlägt eine neue Umkehrung der Werte vor, eine Umwertung aller Werte. Die christliche Moral des Ressentiments, der Verurteilung des Lebens, soll durch eine gesunde Moral ersetzt werden, die sich durch ein Ja zum Leben, zu den Leidenschaften und Instinkten auszeichnet.
Der Träger dieser neuen Moral wäre der Übermensch, der den 'Tod Gottes' und die Last der ewigen Wiederkehr annehmen und die Leidenschaften vergeistigen kann.
6. Unnatürliche und gesunde Moral
Die traditionelle (christliche) Moral ist unnatürlich, weil sie Gesetze präsentiert, die den wichtigsten Tendenzen des Lebens entgegenwirken. Sie ist eine Moral des Ressentiments gegen die Instinkte und die natürliche, biologische Welt. Sie ist eine unnatürliche Moral.
Gesunde Moral hingegen wird von Werten geleitet, die Ja zum Leben, zu den Leidenschaften, dem Körperlichen und dem Instinktiven sagen. Dies ist das Gegenteil der platonischen und christlichen Moral, die den Krieg gegen die Leidenschaften erklärt haben. Die gesunde Moral strebt nicht die Vernichtung der Leidenschaften an, wie es die unnatürliche Moral tut, sondern deren Vergeistigung. Während das unnatürliche moralische Ideal kastriert, ist das gesunde sittliche Ideal die Bejahung des Lebens.