Friedrich Nietzsches Philosophie: Kritik & Kontext

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Nietzsches Kritik der westlichen Zivilisation

Friedrich Nietzsche sah die westeuropäische Zivilisation in stetigem Rückgang, begründet in der Nichteinhaltung ihrer grundlegenden Prinzipien. Er betrachtete sie als eine dogmatische Gesellschaft, die sich gegen das Leben und die Instinkte richtet und versucht, Rationalität um jeden Preis zu verhängen.

Nietzsche betrachtete den Menschen der griechischen Tragödie als den Prototyp des perfekten Menschen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass er die perfekte Synthese zwischen dem Apollinischen (Ordnung) und dem Dionysischen (Irrationalität und Instinkte) erreichte. Das Apollinische stand im Dienst des Dionysischen, und es gab eine perfekte Korrelation zwischen dem Dionysischen und dem Apollinischen. Diese perfekte Synthese, die die Kultur des Abendlandes einst prägte, zerbrach im Laufe der Geschichte, und die Gesellschaft versinkt zunehmend im Verfall.

Der Niedergang durch Sokrates, Platon und das Christentum

Den ersten Schritt in diesem Prozess sah Nietzsche bei Sokrates und Platon. Sie begannen, über Leidenschaften und die Schaffung eines Geistes der Moral zu sprechen, was die absolute Meisterschaft zerbrach. Kurz gesagt, sie schlugen die Ausübung von Tugend, Ordnung und Glück vor. Für Nietzsche war dies der erste Schritt in Richtung des Niedergangs und der erste Fehler, der das Aufkommen des Christentums ermöglichte – einer Moral, die von Gott auferlegt wurde und das Leben verneint.

Das Christentum ist für Nietzsche der signifikanteste Ausdruck des Hasses und der Verachtung des Lebens. Es prophezeit, dass es den Armen und Demütigen gut ergehen wird, während die Reichen und Mächtigen verflucht sind. Doch selbst mit der Illustration des Todes Gottes wurde diese Situation nicht genutzt, um eine neue Wertetabelle zu schaffen. Stattdessen wurde die Kontrolle der Triebe der Macht der wissenschaftlichen Vernunft und eines utilitaristischen Gottes überlassen. So veränderten sich Staat und Wissenschaft.

Kontextualisierung von Nietzsches Philosophie

Die Ära, in der der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900) lebte, war geprägt vom Aufstieg des Nationalismus in Europa. Er verbrachte den Großteil seines Lebens in Deutschland, Italien und der Schweiz, Länder, die eng miteinander verbunden waren.

Das 19. Jahrhundert: Wissenschaft, Krise und neue Thesen

Im historischen Kontext des 19. Jahrhunderts, einer dynamischen, aktiven und schöpferischen Zeit zahlreicher Entdeckungen, die die Bereiche Wissenschaft und Technik prägten, präsentierte sich das Ende des Jahrhunderts mit einer Krise der Gewissheit in geistiger und sozialer Hinsicht. Man suchte nach etwas Festem, woran man glauben konnte, und nach Antworten auf die großen Fragen der Kultur.

Im frühen 19. Jahrhundert begann das, was als das Zeitalter der Wissenschaft bekannt wurde, gekennzeichnet durch den Aufstieg wissenschaftlicher Kreativität, den Nietzsche jedoch kritisierte. In dieser Ära entstanden mehrere philosophische Thesen, wie Positivismus, Utilitarismus und Marxismus, die alle ein gemeinsames Merkmal aufwiesen: Misstrauen. Misstrauen gegenüber dem kapitalistischen System, religiöser Verdacht, Misstrauen gegenüber dem guten menschlichen Gefühl oder Misstrauen gegenüber westlichen Werten waren einige der Bedenken dieser Philosophen der Zeit.

Vitalismus und Nietzsches Leben

In diesem Umfeld gab es auch philosophische Theorien, die sich gegen den Positivismus und das Hegelsche System richteten: den Historizismus und den Vitalismus. Beide Strömungen besagen, dass der Künstler, im Gegensatz zum Wissenschaftler, mit einer Fähigkeit ausgestattet ist, die Realität zu verstehen, ohne die Vernunft als notwendiges Element zur Erklärung der Natur zu benötigen. Nietzsche gilt als der wichtigste Vitalist und größter Anhänger Schopenhauers Ideen.

Obwohl er aus einer armen Familie stammte, war sein Leben von einer brillanten akademischen Karriere geprägt. Er war Professor für klassische Philologie an der Universität Basel, wo er mehrere Jahre arbeitete. Im Jahr 1876 begann er eine Reihe von Reisen durch Europa, und 1888 setzte ein Zusammenbruch ein, der ihn in den Wahnsinn trieb.

Seine wichtigsten Werke waren:

  • Die Geburt der Tragödie
  • Götzen-Dämmerung
  • Also sprach Zarathustra
  • Die fröhliche Wissenschaft
  • Jenseits von Gut und Böse

Nietzsches Einfluss und Rezeption

Nietzsches Gedanken blieben im 20. Jahrhundert lebendig. Während des NS-Regimes wurden seine Theorien manipuliert und missbraucht, um die Ideologie zu unterstützen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten viele Philosophen, sein Denken vom Nazismus zu befreien. Seine Philosophie beeinflusste auch den Existenzialismus, eine der relevantesten Strömungen des 20. Jahrhunderts. Um die Jahrhundertwende wurden seine Theorien vom Übermenschen und dem Tod Gottes weithin kritisiert und sind bis heute relevant, auch in einer Welt, in der Religion nicht mehr das einzige definierende Merkmal einer Kultur ist.

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