Galicische Literatur im 20. Jahrhundert: Avantgarde, Exil und Widerstand
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Die Avantgarde: Künstlerische Bewegungen (1910-1930)
Die Avantgarde bezeichnet eine Reihe künstlerischer Bewegungen (1910-1930), die vor allem in Europa verbreitet waren. Es war eine krisenhafte Zeit, geprägt vom Ersten Weltkrieg und der Russischen Revolution. Dies war die erste Phase vieler schneller Veränderungen und Ereignisse. Die Künstler suchten daher nach einer neuen künstlerischen Sprache, die den Veränderungen gerecht wurde.
Merkmale und Ziele der Avantgarde
Ziel der Avantgarde war es, die klassische Kunstauffassung zu überwinden und neue Wege der Interpretation der Welt zu finden. In der Literatur zielte man darauf ab, den Text so zu gestalten, dass der Leser ihn kaum verstand. Zum Beispiel eine Zeile auf Galicisch, die nächste auf Spanisch, dann auf Französisch und so weiter, in vielen verschiedenen Sprachen.
Die allgemeinen Grundsätze der Avantgarde waren:
- Die kreative Freiheit (als höchster Wert des Künstlers)
- Eine irrationale und visionäre Kunst, die die Welt der Träume und Formen des Unterbewusstseins erforscht
- Die Suche nach Neuheit und Originalität, gepaart mit einem Sinn für Spiel und Transgression.
Wichtige Ismen der Avantgarde
Die Avantgarde umfasste verschiedene Bewegungen, die als „Ismen“ bezeichnet wurden (z. B. Futurismus, Kubismus, Dadaismus, Surrealismus und Kreationismus). All dies erneuerte die portugiesische Literatur Mitte der 1920er Jahre.
Avantgarde-Poesie in Galicien
Entwicklung und Merkmale
Mitte des 20. Jahrhunderts modernisierte sich die galicische Dichtung, indem sie die Avantgarde-Bewegungen aufgriff und an die galicischen Realitäten anpasste. Einige junge Dichter zeigten neue Wege in der Poesie auf. Die Avantgarde-Poesie führte zum Verschwinden literarischer Barrieren. Die von den verschiedenen Autoren verfolgten poetischen Ansätze reichten von der vollständigen Übernahme der Avantgarde bis zur Neuformulierung der Tradition mittelalterlicher oder populärer Lyrik.
Hauptströmungen der galicischen Avantgarde-Poesie
Man kann von drei Hauptströmungen sprechen:
- Der Kreationismus von Manuel Antonio
- Der Imaginismus von Luís Amado Carvalho
- Der Neotrobadorismus von Fermín Bouza Brey und Álvaro Cunqueiro.
Zeitschriften spielten eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Avantgarde in Galicien.
Galicische Kultur im Exil
Exilorte und politische Zentren
Nationalistische und galicisch-nationalistische Führer und Intellektuelle wurden ins Exil gezwungen, insbesondere nach Nordafrika, wo sich zahlreiche galicische Gemeinschaften befanden. Das Exil in Portugal wurde zum Nervenzentrum der politischen Opposition gegen den Franquismus.
Da es auch in Buenos Aires viele Galicier gab, etablierte sich dort die Hauptgruppe der Galicisch-Nationalisten, maßgeblich dank der Persönlichkeit von Castelao, der dort die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte. So war Buenos Aires für mehr als ein Jahrzehnt die politische Hauptstadt Galiciens im Exil.
Castelaos Einfluss im Exil
Castelaos Einfluss wirkte in zwei Richtungen: kulturell und ideologisch, durch die Veröffentlichung seines Essays Sempre en Galiza (1944), und politisch, indem er die Loyalität Galiciens zu den Institutionen der Republik aufrechterhielt.
Kultureller Widerstand in Galicien
Wiederbelebung der galicischen Identität
In den 1950er Jahren, nach dem Tod Castelaos, der Auflösung der galicisch-nationalistischen Partei und dem Fortbestehen der Diktatur, konzentrierten die galicischen Nationalisten ihre Bemühungen auf die Wiederherstellung und Unterstützung der kulturellen Identität Galiciens.
Gründung von Editorial Galaxia
Das wichtigste Ereignis dieser Zeit war die Gründung des Verlags Editorial Galaxia, der in Galicien eine Alternative zur von Francos Regime propagierten „Desgalicisierung“ der Gesellschaft bot. Zu den Initiatoren dieses Projekts gehörten Ramón Piñeiro, Xaime Isla Couto, Domingo García Sabell und Francisco Fernández del Riego.
Kultureller Aufschwung in den 1960er Jahren
In den 1960er Jahren erlebte das galicische Kulturleben einen Aufschwung mit dem Erscheinen von Kulturvereinen wie „O Galo“ und „A Follas Novas“. Im Verlagswesen wurde die Arbeit von Editorial Galaxia durch das Erscheinen weiterer Verlage wie Edicións do Castro verstärkt.
Der Tag der Galicischen Literatur
Es ist wichtig zu erwähnen, dass seit dem 17. Mai 1963, dem hundertjährigen Jubiläum der Veröffentlichung von Rosalía de Castros Cantares Gallegos, die Königliche Galicische Akademie den „Tag der Galicischen Literatur“ feiert.
Sozialrealismus in der galicischen Lyrik
Celso Emilio Ferreiro und "Longa noite de pedra"
Im Jahr 1962 veröffentlichte Celso Emilio Ferreiro Longa noite de pedra (Lange Nacht des Steins), ein Werk, das das gesellschaftspolitische Engagement des Autors für die Gesellschaft seiner Zeit deutlich macht. Aufgrund seines Erfolges führte es zu einem Trendwechsel in der galicischen Lyrik der 1960er Jahre, wobei sich die meisten Dichter dem Sozialrealismus zuwandten.
Merkmale des Sozialrealismus
Dieser zeichnet sich aus durch:
- Eine ausdrucksvolle Einfachheit
- Eine vorherrschend idealistische Botschaft
- Den Einsatz von Humor, Ironie und Sarkasmus
- Eine sprachliche Öffnung des Gedichts
Themen des Sozialrealismus
Dieser Trend wurde hauptsächlich in den 1970er Jahren weiterentwickelt und führte zur Verbreitung einer Reihe von Themen, die von sozialem Engagement und kritischer Absicht geprägt waren: Anprangerung bürgerlicher Konformität, Imperialismus, die Armut der einfachen Leute...
Celso Emilio Ferreiro: Leben und Werk
Biografie und politisches Engagement
Geboren 1913 in Celanova, starb er 1979 in Vigo. Schon früh entwickelte er umfangreiche kulturelle und politische Aktivitäten. Er war Teil der „Mocedades Galeguistas“ (Galicisch-Nationalistische Jugend) und wurde zum Tode verurteilt (später begnadigt). Er arbeitete am Gedichtband Benito Soto mit und war an der Gründung der „Unión do Pobo Galego“ (Union des Galicischen Volkes) beteiligt. Im Jahr 1966 emigrierte er nach Venezuela. Er war hauptsächlich Dichter, schrieb aber auch Prosa, wie A fronteira infinita (Die endlose Grenze, 1972).
Themen in Ferreiros Poesie
In seinen Gedichten lassen sich drei spezifische Themenbereiche erkennen:
Sozialrealismus
Bürgerliches Engagement für Galicien und die unteren Klassen. Er verurteilte die Ausbeutung von Arbeitnehmern, Imperialismus, Rassismus und die Ungleichheit des Kapitalismus. Er zeigte Solidarität mit den Unterdrückten in Galicien und der Welt. Diese Themen brachten ihm große Anerkennung ein, insbesondere durch Longa noite de pedra (1962).
Intimität und existenzielle Fragen
Behandelt existenzielle Fragen wie Einsamkeit, Angst und Pessimismus, typisch für die 1950er Jahre. O soño sulagado (Der versunkene Traum, 1954) war sein Erstlingswerk.
Burleske Satire
Eine ironische Variante der im Sozialrealismus behandelten Themen, mit einem derben Stil und einer sarkastischen Haltung gegenüber den sozialen Klassen und Institutionen der Macht. Ein Beispiel ist das Werk Cantigas de escarnio e maldicir (Lieder des Spotts und der Verleumdung, 1968), veröffentlicht unter dem Pseudonym Aristides Silveira.
Spätwerk und weitere Themen
Später entwickelte er Themen wie die Sehnsucht nach Kindheit und Heimat, den Verlust der Unschuld und den kulturellen Kontrast zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Diese Themen dominieren in seinem letzten Buch Onde o mundo se chama Celanova (Wo die Welt Celanova heißt, 1975).