Gedichtanalysen: Leid, Zeit und Gleichgültigkeit
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Musée des Beaux Arts von W. H. Auden
Analyse
Stimme und Stimmung
Stimme: Das Gedicht ist aus einer reflektierenden, beobachtenden Perspektive geschrieben. Der Sprecher wendet sich nicht direkt an jemanden, sondern teilt seine Gedanken über die menschliche Natur und das Leid.
Stimmung: Der Ton ist neutral und leidenschaftslos, fast distanziert und kühl. Er vermittelt eine sachliche, beinahe skeptische Haltung gegenüber großen Ereignissen.
Zusammenfassung
Der Dichter reflektiert über die Weisheit der Alten Meister (Maler des 16. und 17. Jahrhunderts), die verstanden, wie gleichgültig die Welt dem menschlichen Leid gegenübersteht. Er beschreibt, wie diese Maler darstellten, dass das alltägliche Leben selbst während bedeutender oder tragischer Ereignisse ungestört weitergeht:
- Während jemand leidet, gehen andere ihrem Alltag nach.
- Während ein Wunder wie die Geburt Christi geschieht, setzen andere ihr Leben normal fort.
- Selbst während eines Martyriums nimmt die Natur unberührt ihren Lauf.
Anschließend konzentriert sich der Dichter auf Pieter Bruegels Gemälde „Der Sturz des Ikarus“. In diesem Bild wenden sich alle vom leidenden Ikarus ab: der Bauer auf dem Feld, die Natur (symbolisiert durch die Sonne) und die menschliche Gemeinschaft (dargestellt durch das gleichgültig weitersegelnde Schiff).
Thema
Das zentrale Thema ist die Gleichgültigkeit der Welt und des Kosmos gegenüber dem individuellen Leid. Schmerz wird als eine persönliche und isolierte Erfahrung dargestellt, die vom Rest der Welt unbemerkt bleibt.
Gliederung
Teil A (Verse 1-13): Eine allgemeine Einleitung, die beschreibt, wie die Alten Meister die menschliche Haltung gegenüber dem Leid verstanden und in ihren Werken darstellten.
Teil B (Verse 14-21): Der Fokus liegt auf Bruegels Gemälde „Der Sturz des Ikarus“, wobei die Gleichgültigkeit von drei Elementen (Bauer, Natur, Schiff) gegenüber der Tragödie hervorgehoben wird.
Next, Please von Philip Larkin
Analyse
Stimme und Stimmung
Stimme: Das Gedicht ist aus einer allgemeinen, menschlichen Perspektive geschrieben (erkennbar am Pronomen „wir“). Der Sprecher richtet sich nicht an eine bestimmte Person, sondern spricht für die Menschheit im Allgemeinen.
Stimmung: Der Ton ist von Resignation, Melancholie und einer gewissen Müdigkeit geprägt. Diese Stimmung zieht sich durch das gesamte Gedicht und spiegelt die Enttäuschung über unerfüllte Erwartungen wider.
Zusammenfassung
- Der Sprecher beklagt die menschliche Angewohnheit, die Gegenwart aufzuschieben und das Leben nicht im Moment zu leben, weil man stets auf etwas Besseres in der Zukunft wartet.
- Wir beobachten ständig den Horizont und warten auf die Ankunft einer „Armada von Versprechungen“, die sich jedoch nur sehr langsam nähert.
- Wenn diese erwarteten Ereignisse oder „Versprechungen“ schließlich eintreffen, erfüllen sie nie unsere hochgesteckten Erwartungen. Die ersehnte Zukunft wird schnell zur enttäuschenden Vergangenheit.
- Trotz dieser wiederholten Enttäuschungen winken wir der Vergangenheit zum Abschied, sei es, weil sie gut war oder einfach, weil wir so lange auf sie gewartet haben.
- Letztendlich ist die einzige Zukunft, die uns sicher und unaufgefordert erreicht, der Tod, der als schwarzes Schiff symbolisiert wird.
Thema
Das Hauptthema ist die Kritik am Aufschieben (Prokrastination) und der vergeblichen Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die uns davon abhält, die Gegenwart zu leben. Indirekt verweist das Gedicht auf die klassischen Motive des Carpe Diem (Nutze den Tag) und Tempus fugit (Die Zeit flieht).
Gliederung
Teil A (Strophen 1-2): Kritik an der menschlichen Neigung, die Gegenwart zugunsten einer erhofften, idealisierten Zukunft zu vernachlässigen.
Teil B (Strophen 3-5): Die Beschreibung der Enttäuschung, wenn die erwartete Zukunft eintrifft und die Hoffnungen nicht erfüllt werden.
Teil C (Strophe 6): Die ernüchternde Erkenntnis, dass der Tod die einzige unausweichliche und endgültige Zukunft ist, die uns erwartet.