Geschichte der Europäischen Integration: Von der EWG zur EU
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Der Europäische Integrationsprozess
Die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) war das Ergebnis eines langen und schwierigen Wandlungsprozesses der diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Entwicklung auf europäischer Ebene mündete in der EWG.
Der Prozess begann bereits 1944 nach dem Zweiten Weltkrieg mit ersten Überlegungen zu einem neuen Organisationsmodell für Europa. Der Vertrag von Rom im Jahr 1957 markierte einen entscheidenden Ausgangspunkt für die spätere Europäische Union (EU). Weitere wichtige Schritte waren die Einheitliche Europäische Akte (1987) und der Vertrag von Maastricht (1992), der den Namen „Europäische Union“ einführte.
Anfänge der europäischen Integration
Die Ursprünge liegen in der deutsch-französischen Aussöhnung und der Notwendigkeit, die Volkswirtschaften der europäischen Länder zu koordinieren und zu integrieren. Die Idee der europäischen Integration entstand nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Wunsch, die Kriegsfolgen zu überwinden und zukünftige Konflikte zu vermeiden. Das Kriegsende offenbarte die Schwäche Europas angesichts der neuen Weltordnung mit zwei feindlichen Blöcken: den USA und der UdSSR.
Die vom Krieg zerstörten westeuropäischen Länder beschlossen zusammenzuarbeiten, um ihre Wirtschaften wiederaufzubauen und dem sowjetischen Expansionismus entgegenzuwirken. Der Marshall-Plan unterstützte dieses Vorhaben maßgeblich.
Wiederaufbau und erste Institutionen
1948 wurde die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) gegründet, um die Investitionen des Marshallplans zu koordinieren sowie den Handel und Zahlungsverkehr zu organisieren.
Der Europarat (gegründet 1949) war eine frühe supranationale europäische Institution mit zunächst eher symbolischem politischen Einfluss. Seine Ziele waren:
- Verbreitung der europäischen Idee
- Förderung von Freiheiten durch politische und kulturelle Zusammenarbeit
Er erarbeitete die Europäische Menschenrechtskonvention, die 1950 von zehn Ländern ratifiziert wurde.
Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), gegründet 1951 von sechs westeuropäischen Ländern (Frankreich, Italien, Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg – die Benelux-Staaten), hatte das Ziel, die wirtschaftliche Integration voranzutreiben. Sie förderte die Zusammenarbeit auch in anderen Wirtschaftssektoren. Großbritannien beteiligte sich nicht an diesen ersten Integrationsversuchen.
Von den Römischen Verträgen zur Erweiterung (1957-1986)
Mit den Römischen Verträgen (1957) gründeten die sechs EGKS-Mitgliedstaaten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM). Dies war die Geburtsstunde des „Europa der Sechs“.
Ziele der EWG waren unter anderem:
- Beseitigung der Binnenzölle
- Vereinheitlichung der Zollpolitik nach außen
- Eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)
Parallel dazu gründeten andere europäische Staaten die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), darunter Großbritannien, die skandinavischen Länder, Portugal, die Schweiz und Österreich.
1967 beantragten Großbritannien, Dänemark und Irland die Mitgliedschaft in der EWG; ihr Beitritt erfolgte 1973 und erweiterte die Gemeinschaft zum „Europa der Neun“. Auf dem Gipfeltreffen in Paris (1972) wurde unter anderem die Direktwahl des Europäischen Parlaments beschlossen.
1981 trat Griechenland der Gemeinschaft bei, gefolgt von Spanien und Portugal im Jahr 1986. Damit entstand das „Europa der Zwölf“. Ein langfristiges Ziel der Europäischen Gemeinschaft (EG) war die Vertiefung der politischen Einheit auf demokratischer Grundlage.
Der Vertrag von Maastricht und die EU-15 (1992-1995)
Der Vertrag wurde vom Europäischen Rat im Februar 1992 unterzeichnet und trat im November 1993 in Kraft. Er markierte den Übergang vom Konzept des „Gemeinsamen Marktes“ zur umfassenderen „Europäischen Union“ (EU) mit dem Ziel einer wirksameren Außenpolitik sowie wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung. Die EG wurde offiziell in Europäische Union umbenannt.
Wichtige Ziele waren:
- Die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)
- Die Einführung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
- Die Stärkung des Schutzes der Rechte und Interessen der Unionsbürger
Es wurden Kohäsionsfonds zur Unterstützung der wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten sowie eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres eingeführt.
Nach der Zustimmung der Regierungen und Parlamente waren teilweise auch Volksabstimmungen erforderlich. In Dänemark fiel das erste Referendum negativ aus, ein zweites 1993 war positiv. In Frankreich fiel das Ergebnis knapp positiv aus.
1995 traten Schweden, Finnland und Österreich der EU bei, wodurch die „EU-15“ entstand.
Der Vertrag von Amsterdam (1997)
Der Vertrag wurde im Oktober 1997 unterzeichnet und trat im Mai 1999 in Kraft. Er vertiefte viele der in Maastricht angestoßenen Ideen zur Stärkung der europäischen Einheit. Die Befugnisse des Europäischen Parlaments wurden erweitert, und die Mitgliedstaaten vereinbarten eine koordinierte Beschäftigungspolitik. Im Bereich der Sicherheit und Außenpolitik wurde die GASP gestärkt, um bei Konflikten handlungsfähiger zu sein und Sicherheitsstrategien besser zu koordinieren. Das Amt des Hohen Vertreters für die GASP wurde geschaffen.
Der Vertrag bekräftigte die Bedeutung der Freizügigkeit von Personen und Kapital und integrierte das Schengener Abkommen (zur Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen den teilnehmenden Staaten) in den EU-Rahmen. Zudem wurden neue Bestimmungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Nichtdiskriminierung aufgenommen.
Im Dezember 1997 wurde der Weg für Beitrittsverhandlungen mit mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern geebnet, die einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt hatten. Dies löste Diskussionen über die notwendigen wirtschaftlichen und politischen Anpassungen sowohl bei den Kandidatenländern als auch innerhalb der EU aus.
Die Wirtschafts- und Währungsunion erreichte mit der Einführung des Euro als Bargeld am 1. Januar 2002 einen Höhepunkt. Großbritannien, Dänemark und Schweden nahmen daran nicht teil.
Der Vertrag von Nizza und die Osterweiterung (2001-2007)
Dieser Vertrag (unterzeichnet 2001, in Kraft getreten 2003) bereitete die EU institutionell auf die bevorstehende Erweiterung vor. Er reformierte die Entscheidungsfindungsprozesse, insbesondere durch Anpassung der Regeln zur qualifizierten Mehrheit im Rat, um die Handlungsfähigkeit einer erweiterten Union sicherzustellen.
Im Dezember 2002 fiel die Entscheidung über die Aufnahme von zehn neuen Mitgliedstaaten. Ihr Beitritt erfolgte am 1. Mai 2004. Die neuen Mitglieder waren:
- Estland
- Lettland
- Litauen
- Malta
- Polen
- Slowakei
- Slowenien
- Tschechische Republik
- Ungarn
- Zypern
Im Januar 2007 traten Bulgarien und Rumänien der EU bei, womit die Union auf 27 Mitgliedstaaten anwuchs (EU-27).
Ausblick
Weitere Länder wie Kroatien (Beitritt 2013), Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Albanien und die Türkei streben bzw. strebten eine EU-Mitgliedschaft an oder befinden sich in unterschiedlichen Phasen des Beitrittsprozesses.