Das Gesetzesdekret: Delegation und Kontrolle
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Das Gesetzesdekret (Art. 82, 83 und 85)
Das Parlament ist Träger der gesetzgebenden Gewalt und kann der Regierung die Befugnis erteilen, Normen mit Gesetzeskraft zu erlassen. Es handelt sich um eine Ermächtigung des Parlaments an die Regierung, in bestimmten Fällen die gesetzgebende Gewalt auszuüben, als wäre es die eigene.
Die einzige materielle Grenze besteht darin, dass Gesetzesdekrete nicht in Bereiche eingreifen dürfen, die einem Organgesetz vorbehalten sind.
Arten von Gesetzesdekreten
Gesetzesdekrete können sein:
- Neuschaffende Dekrete: Leiten sich von einem Rahmengesetz ab und haben den Zweck, gegliederte Texte zu erarbeiten. Sie schaffen neue Rechtsnormen.
- Kompilierende Dekrete: Basieren auf einem einfachen Gesetz und schaffen keine neuen Rechtsnormen. Ihre Funktion besteht darin, verstreute gesetzliche Regelungen zu einem Thema in einer einzigen Norm zusammenzufassen.
Bedingungen und Grenzen der Delegation
Die Delegation muss durch ein Rahmengesetz oder ein ordentliches Gesetz erfolgen. Sie muss ausdrücklich für einen bestimmten Gegenstand und mit einer festen Frist für ihre Ausübung erteilt werden.
Die Verfassung verbietet der Regierung, diese Befugnis ihrerseits an eine andere Stelle weiterzudelegieren. Die Ermächtigung erlischt mit ihrer Nutzung. Erlässt die Regierung beispielsweise ein Dekret nach 3 Monaten, obwohl sie 6 Monate Zeit hatte, kann sie kein weiteres erlassen, auch wenn noch Zeit übrig ist. Eine Minderheitsmeinung vertritt, dass dies möglich sei, solange kein Widerspruch entsteht.
Rahmengesetze dürfen weder ihre eigene Änderung zulassen noch die Befugnis erteilen, rückwirkende Regelungen zu erlassen. Sie müssen den Zweck und den Umfang der gesetzgeberischen Delegation sowie die Grundsätze und Kriterien, die bei ihrer Ausübung zu beachten sind, genau definieren. Die Missachtung dieser Grundsätze führt zur Verfassungswidrigkeit des Dekrets.
Das ordentliche Gesetz sollte festlegen, ob erstellt werden soll:
- Ein Dekret, das lediglich bestehende Bestimmungen sammelt, ohne ihren Anwendungsbereich zu verändern.
- Ein Dekret, das Normen harmonisiert und klarstellt, aber nicht ändern darf, da es keine neuen Rechtsnormen schafft.
Wenn ein kompilierendes Dekret vergisst, eine Bestimmung aufzunehmen, würde diese nach einer Lehrmeinung aufgehoben, da das Gesetzesdekret eine exklusive Regelung darstellt. Dies ist jedoch problematisch. Daher wird meist angenommen, dass die vergessenen Bestimmungen in Kraft bleiben und weiterhin anwendbar sind.
Kontrolle der Gesetzesdekrete (Art. 82.6)
Artikel 82.6 sieht zwei Formen der Kontrolle vor:
Politische Kontrolle
Die politische Kontrolle durch das Parlament ist nicht zwingend. Geprüft werden kann alles: ob das Dekret verfassungswidrig ist, ob es nach Ablauf der Frist erlassen wurde, ob die Vorgaben eingehalten wurden, ob alle Vorschriften gesammelt oder ausreichend harmonisiert wurden.
Stellt das Parlament eine Unregelmäßigkeit fest, die das Dekret verfassungswidrig macht, hat dies keine direkten Auswirkungen. Das Parlament kann jedoch die Frage der Verfassungswidrigkeit vor dem Verfassungsgericht aufwerfen oder ein Gesetz erlassen, das das Dekret aufhebt.
Gerichtliche Kontrolle
Ein Gesetzesdekret hat Gesetzesrang, daher obliegt die Kontrolle seiner Verfassungsmäßigkeit ausschließlich dem Verfassungsgericht. Art. 82.6 spricht jedoch ausdrücklich von der Kontrolle durch die „Gerichte“, was darauf hindeuten könnte, dass auch die ordentlichen Gerichte eine Kontrollfunktion haben. Diese Frage wird in der Rechtslehre unterschiedlich interpretiert:
- Einige argumentieren, dass der Artikel nur die Zuständigkeit erwähnt, ohne den Gerichten eine Kontrollbefugnis zuzuweisen. Die Kontrolle obläge somit ausschließlich dem Verfassungsgericht.
- Andere verweisen auf Art. 163 der Verfassung (die „Frage der Verfassungswidrigkeit“). Demnach kann jedes Gericht, das bei der Prüfung eines Falles ein Gesetz oder eine Norm mit Gesetzeskraft für verfassungswidrig hält, die Frage dem Verfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen. Die Kontrolle durch die ordentlichen Gerichte beschränkt sich also darauf, diesen Kontrollmechanismus auszulösen, dessen Entscheidung aber immer in den Händen des Verfassungsgerichts liegt.
- Eine dritte Ansicht besagt, dass ein ordentlicher Richter ein Dekret, das offensichtlich verfassungswidrig ist (z. B. weil es in einen per Organgesetz reservierten Bereich eingreift oder außerhalb der Frist erlassen wurde), unangewendet lassen kann.
Einige Kommentatoren argumentieren, dass ein Dekret, bei dem die Regierung die durch das Delegationsgesetz (Rahmengesetz oder ordentliches Gesetz) auferlegten Anforderungen überschreitet, nur den Anschein eines Gesetzesdekrets hat. In Wirklichkeit handele es sich dann um eine Verordnung, die im Rahmen der regulären Verordnungsbefugnis der Regierung erlassen wurde. Als rangniedrigere Rechtsnorm könnte sie somit von den ordentlichen Gerichten kontrolliert werden.