Gotische Architektur: Chronologie, Merkmale und Europäische Schulen
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Hintergrund und Chronologie
Zeitlicher und Räumlicher Kontext
- Die Gotik erstreckt sich vom späten 12. bis zum 16. Jahrhundert (je nach Land).
- Breitere Verbreitung durch das Phänomen der Kreuzzüge.
Historischer Kontext
- Wachstum der Städte und Aufstieg des Bürgertums; neue Bauaufgaben und Gebäude.
- Eröffnung der Handelsrouten: Vereinheitlichung des Stils, Austausch von Ideen.
- Zisterzienserreform: Versuch, die übermäßige Dekoration der Romanik zu beseitigen.
- Verbreitung des Stils in ganz Europa.
- Triumph der romanischen Sprachen, Verwaltungsreform: Entstehung nationaler Unterschiede.
- Gründung der Universitäten.
- Aufstieg der scholastischen Philosophie und Kultur: Die Gotik trägt eine schwere theoretische Last.
- Interesse an der Natur, dem Besonderen und dem Experimentieren.
- Die Kunst wird naturalistischer und beschäftigt sich mit dem Menschlichen.
1. Architektur
Konstruktionssystem und Merkmale
- Starke mathematische Grundlage.
- Ästhetik des Lichts: Dematerialisierung der Wände und Öffnung der Fenster.
- Die Fenster lassen mystisch gefärbtes Licht herein.
- Tendenz zur Vertikalität, um größere Höhe zu erreichen.
- Technisch sind die beiden wichtigsten Elemente der Gotik der Spitzbogen und das Kreuzrippengewölbe. Mit ihnen wird größere Vertikalität erreicht.
- Spitzbogen: Gebildet aus zwei Kreissegmenten, die sich diagonal kreuzen und gegenseitig stützen.
- Begleitet von einer Vielzahl von Bögen: Ogee, Tudor, Mixtilinear...
- Kreuzrippengewölbe: Gebildet aus zwei diagonal kreuzenden Bögen, die das Grundgerüst der Wölbung bilden. Es stützt sich auf die Füllung oder Kappe.
- Spätere Varianten: Sechsteilig, Sternengewölbe...
- Säulen werden zu dünnen Pfeilern und Verbundpfeilern. Individuelle Kapitelle verschwinden und werden durchlaufend.
- Die Ableitung der Schubkräfte nach außen wird durch Strebebögen erreicht, die die Winkel des Gewölbes mit den Strebepfeilern verbinden, welche mit Kreuzblumen gekrönt sind.
- Über Strebepfeilern und Strebebögen sind Entwässerungsrinnen platziert, an deren Ende Tierfiguren (Wasserspeier) das Wasser ausstoßen.
- Grundrisse sind in der Regel Basilika-Gebäude, oft in Form eines lateinischen Kreuzes mit einem, zwei oder vier Schiffen.
- Tendenz, das Querschiff im Grundriss hervorzuheben, nicht nur in der Höhe.
- Der Chor ist flach mit einer Tendenz zum polygonalen Chorabschluss.
- Die Höhenstaffelung variiert tendenziell im Kirchenschiff.
- Das Triforium verschwindet und wird zum nicht begehbaren Lichtgaden.
Architektonische Typologie
- Kathedrale:
- Komplexer Raum: Vermehrung der Kapellen und Altäre.
- Grundriss eines lateinischen Kreuzes mit Tendenz zur Ausbildung von Chorumgang und Kapellenkranz.
- Bedeutung der Chöre.
- Zivilgebäude:
- Neue architektonische Räume: Stadtpaläste, Auktionshäuser, Rathäuser... im Zusammenhang mit der bürgerlichen Handelstätigkeit.
Entwicklung des Stils
In den drei Jahrhunderten der Gotik ist die Entwicklung der Formen groß. Es gibt eine progressive Zunahme an Komplexität und dekorativem Reichtum. Es werden folgende Phasen unterschieden:
Phasen der Gotik
- Proto-Gotik (2. Hälfte 12. Jh.)
- Geprägt durch die Zisterzienserarchitektur (Klosterbau). Gleichzeitig mit der Romanik.
- Spitzbogen weit gespannt.
- Kreuzrippengewölbe und sechsteilige Gewölbe.
- Maßwerk der Öffnungen: Basierend auf zwei Bögen mit Rosette oder Auge in der Mitte, alles unter einem hohen Bogen gelegen.
- Klassische Gotik (13. Jh.)
- Elemente, die den Stil charakterisieren:
- Schlankere Bögen.
- Rechteckige Gewölbe (Barlongas).
- Das Strebewerk wird systematisch verwendet.
- Maßwerk der Öffnungen auf zwei Bögen (wie oben).
- Manieristische Gotik (14. Jh.)
- Virtuosität und technische Demonstration:
- Lanzettbögen, spitzer.
- Tierceron-Gewölbe: Formen durch Hinzufügen sekundärer Rippen.
- Maßwerk der Öffnungen: Gebildet aus krummlinigen Dreiecken, die kleine Rosetten mit mehreren Lappen bilden.
- Flamboyante Gotik (15. Jh.)
- Imitiert die Sinuosität der Flamme. Künstlichkeit, Überladung und Freiheit in der Formensprache.
- Reichhaltigeres Bogensystem: Ogee, Mixtilinear, Elliptisch...
- Maßwerk der Fenster mit reichlich geschwungenen Profilen.
- Archaische Gotik (16. Jh.)
- Kehrt zum Klassizismus des 13. Jahrhunderts zurück.
Europäische Schulen
Frankreich
- Proto-Gotik:
- Zisterzienser-Architektur: Klöster in zwei Modellen: Rechteckige Chöre oder mit Chorumgang und Kapellen.
- Beispiele: Kathedrale Notre-Dame, Abtei von Saint-Denis, Sainte-Chapelle in Paris.
- Klassische Gotik:
- Kathedralen von Chartres, Amiens, Reims.
- Einführung des Fassadensystems (H-Schema mit drei Blöcken und drei Portalen).
- Anmerkung: Stagnation im Bauwesen bedingt durch den Hundertjährigen Krieg.
- Flamboyante Gotik:
- Höhenentwicklung.
- Dekorativer Reichtum der Fassaden.
- Beispiel: Kathedrale von Rouen (von Monet in einer Bilderserie kopiert).
England
Die Entwicklung unterscheidet sich vom Rest des Kontinents. Drei Phasen:
- Early English (13. Jh.): Primitive Gotik.
- Beispiele: Kathedrale von Canterbury, Salisbury, Lincoln.
- Decorated Style (14. Jh.): Dekorative Gotik.
- Konstruktive Elemente werden zu Ornamenten.
- Präferenz für geschwungene Formen und Linien im Maßwerk.
- Beispiele: Kathedrale von Wells und Kreuzgang von Gloucester.
- Perpendicular Style (15. Jh.): Tudor-Stil.
- Vorherrschaft vertikaler Profile, Licht und Höhe der Gebäude.
- Reiche Gewölbe und fächerförmige Rippen zieren die hängenden Wände.
- Tudor-Bogen: Spitz-elliptisch.
- Beispiele: Kapelle St. George (Windsor), Kapelle von Heinrich VII. (Westminster).
Italien
Die Gotik setzte sich in Italien nur zögerlich durch, da sie nicht als Antithese zur klassischen Kunst empfunden wurde. Sie wurde daher bereits im frühen 15. Jahrhundert aufgegeben, früher als im übrigen Europa. Merkmale:
- Geringe Bauhöhe der Gebäude.
- Vorherrschen horizontaler, bunter Marmorblöcke in wechselnden Bändern.
- Wenig Strebewerk.
- Bedeutung der Giebel an der Fassade.
- Holzdach statt Tonnengewölbe.
- Kleine Fenster (die Leuchtkraft des Mittelmeers erfordert keine großen Fenster).
- Fortgesetzte Verwendung des Rundbogens (klassische Anlehnung).
Repräsentative Gebäude: Kathedrale von Siena, Mailand, Florenz.
Zur zivilen Gotik gehören: Dogenpalast und Palazzo Pubblico.
Deutschland
Die Gotik wurde im 13. Jahrhundert in Deutschland eingeführt. Gekennzeichnet durch:
- Große Höhe und spitze Türme und Giebel.
- Hallenkirchen (14. Jh.): Gleiche Höhe der Schiffe, großer Raum.
- Beispiele: St. Clara Nürnberg.
- Kathedralen von Köln, Ulm, Freiburg, Regensburg, Straßburg oder Magdeburg.
Portugal
- Beispiele: Kloster von Alcobaça und Batalha.
- Manuelinischer Stil (15. Jh.).
- Fusion spanisch-flämischer Einflüsse.
- Großer Pomp (entspricht dem Stil der Katholischen Könige oder dem Tudor-Stil).
- Beispiele: Kapitelsaal des Klosters von Tomar, Torre de Belém.
Spanische Schulen
Phasen der Gotik in Spanien
- Proto-Gotik (2. Hälfte 12. Jh.):
- Zisterzienser-Phase: Klöster von Poblet und Santa María de Huerta (Soria).
- Beginn der Einführung gotischer Kathedralen: Tarragona, Lleida, Sigüenza, Ávila, Cuenca.
- Klassische Gotik (13. Jh.): Krone von Kastilien
- Schaffung des französischen H-Fassadenschemas.
- Tendenz zur Vervielfachung der Schiffe und des Querschiffs.
- Beispiele: Burgos, León und Toledo.
- Manieristische Gotik (14. Jh.): Krone von Aragón
- Schaffung des Mediterranen Gotik-Modells, gekennzeichnet durch:
- Fülle horizontaler dekorativer Profile (horizontale Gotik).
- Hallenkirchen: Gleiche Höhe der Schiffe oder einschiffig.
- Holzdächer, die durch Diaphragma-Bögen unterteilt werden.
- Beispiele: Ratssaal des Hundertjährigen (Rathaus Barcelona), Tinel-Saal (Palacio Real, Barcelona).
- Kathedralen: Barcelona, Girona, Palma de Mallorca, Santa Maria del Mar.
- Spätgotik (15. Jh.):
- Geprägt durch den Bau der Handelsbörsen (aufgrund des kommerziellen Fortschritts).
- Beispiele: Lonja de Valencia, Lonja de Palma de Mallorca, Palau de la Generalitat de Catalunya.
- Entstehung des Flämisch-Stils oder Isabellinischen Stils (Stil der Katholischen Könige).
- Fusion flämischer und hispano-mudéjarer Formen.
- Beispiel: Kathedrale von Sevilla.
- Drei Schulen in Kastilien: Toledo, Burgos und Valladolid.
Schulen in Kastilien
Toledo
- Hanequin von Brüssel baute an der Kathedrale von Toledo:
- Kapelle des Don Álvaro de Luna und seiner Frau.
- Löwentor.
- Fertigstellung des Turms (der erste Körper war von Alvar Martínez).
- Juan Guas. Hauptarchitekt der Casa Mendoza und der Katholischen Könige (RR.CC.).
- Palacio del Infantado (Guadalajara): Renaissance-Fassade.
- Castillo Real de Manzanares.
- Kloster San Juan de los Reyes (Toledo).
- Enrique Egas
- Kathedrale von Granada (in der Renaissance fertiggestellt).
Burgos
- Johannes und Simon DE COLOGNE (Juan und Simón de Colonia)
- Cartuja de Miraflores: Schlepp- und Sternengewölbe über der Vierung.
- Kapelle des Condestable in der Kathedrale von Burgos.
Valladolid
- Bartholomäus und Martin Solórzano (Bartolomé und Martín de Solórzano)
- Colegio de San Gregorio (Bartolomé).
- Kirche Santo Tomás de Ávila (Martín).
- Juan Gil de Hontañón
- Neue Kathedrale von Salamanca.
- Neue Kathedrale von Segovia.