Großbritanniens Industrieller Primat: Aufstieg und Wandel

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Der britische Industrielle Primat

Großbritannien war das erste Industrieland der Welt und erzeugte zeitweise ein Viertel der gesamten Weltproduktion. Mit diesem weltweiten Primat etablierte es sich als die erste Industrienation. Im 19. Jahrhundert behauptete es seine industrielle und gewerbliche Vormachtstellung. Nach 1870 verlor es jedoch seine Vorrangstellung gegenüber anderen Nationen. Die USA übertrafen Großbritannien in der Gesamtproduktion, gefolgt von Deutschland in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts.

Am Vorabend des Ersten Weltkrieges war Großbritannien zwar immer noch die weltweit führende Industrienation, wickelte aber nur noch ein Sechstel des gesamten Welthandels ab und lag damit dicht hinter Deutschland und den Vereinigten Staaten. Die Landwirtschaft beschäftigte in Großbritannien immer noch viele Arbeitskräfte. Die Textil-, Kohle- und Maschinenbauindustrie blieben die Hauptstützen der Wirtschaft, obwohl die Stahlindustrie ebenfalls großen Einfluss gewann.

Wachstumstreiber und Schlüsselindustrien

Großbritannien hatte, insbesondere im Steinkohlenbergbau, ein Pro-Kopf-Einkommen, das doppelt so hoch war wie das seiner wichtigsten europäischen Konkurrenten. Die rasche Industrialisierung der Nachbarländer, die oft arm an Kohle waren, trug zu diesem Anstieg bei. Die Ursprünge des industriellen Aufstiegs Großbritanniens liegen in drei Schlüsselbranchen:

  1. Die Textilindustrie: Sie erforderte Technologie, Maschinenbauer und Reparaturwerkstätten.
  2. Die Stahlindustrie: Sie produzierte die notwendigen Materialien.
  3. Die Kohleindustrie: Die Notwendigkeit effektiver Pumpen und günstiger Transportmittel führte zur Entwicklung der Dampfmaschine und der Eisenbahn.

Die Entwicklung der Eisenbahn, die ausländische Nachfrage nach Experten, Ausrüstung und britischem Kapital bot, war ein starker Anreiz für die gesamte Wirtschaft. Ebenso war die Entwicklung der Schiffbauindustrie, die von Holz auf Eisen und später auf Stahl umstellte und vom Segel- zum Dampfantrieb überging, ein großer Motor für die Wirtschaft.

Gründe für den Verlust der Vormachtstellung

Trotz dieser bemerkenswerten Leistungen konnte England seine Überlegenheit nicht auf unbestimmte Zeit behaupten, insbesondere als weniger entwickelte, aber ressourcenreiche Nationen wie die USA industrialisierten. Es gibt verschiedene Erklärungen für diese enttäuschende Entwicklung.

Technische und Kommerzielle Herausforderungen

Einige Gründe sind technischer und kommerzieller Natur, darunter unzureichende Investitionen und die Schwierigkeit des Zugangs zu Rohstoffen und natürlichen Ressourcen. Darüber hinaus waren die Eisenerzvorkommen allmählich erschöpft, und Großbritannien konnte im Ausland nicht mehr mit günstigeren Preisen konkurrieren.

Unternehmerisches Versagen und Lethargie

Eine weitere mögliche Ursache war das unternehmerische Versagen. Während die frühen britischen Unternehmer siegreich und aggressiv dynamisch waren, zeigten die neuen Unternehmer nicht mehr die Dynamik ihrer Vorgänger. Sie pflegten einen Lebensstil wohlhabender Herren und überließen das Tagesgeschäft den Angestellten.

Die späte Einführung von Hochtechnologie war ein deutliches Zeichen dieser geschäftlichen Lethargie. Beispielsweise leistete die Textilindustrie Widerstand gegen die Einführung moderner Maschinen für die Spinnerei und Weberei. Großbritannien war zudem das letzte der großen Industrieländer, das eine obligatorische öffentliche Grundschulbildung einführte.

Abhängigkeit vom Welthandel und Fazit

Von allen großen Nationen war England diejenige, die am stärksten von Exporten und Importen abhängig war. Daher hing ein Großteil seines Wohlstands von der Handelspolitik anderer Nationen ab. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts trugen die zentrale Rolle der Banken und der Versicherungssektor (Assurance) zu einem noch größeren Einkommen bei.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Trotz all dieser Herausforderungen stieg das reale Pro-Kopf-Einkommen der Briten im 19. Jahrhundert. Die Einkommensverteilung wurde gleichmäßiger, die Zahl der extrem Armen sank, und im Jahr 1914 genoss der durchschnittliche Brite den höchsten Lebensstandard in Europa.

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