Grundlagen der Erkenntnistheorie: Wissen, Glaube, Wahrheit
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Wissen
Wissen beschreibt eine Beziehung zwischen einem Subjekt (dem Erkennenden) und einem Objekt (dem Erkannten). Man unterscheidet hauptsächlich zwei Arten von Wissen:
- Direktes Wissen: Dies ist die unmittelbare Kenntnis von Dingen. Wenn ich beispielsweise eine Farbe direkt sehe, habe ich direktes Wissen davon. Ein von Geburt an blinder Mensch kann dieses Wissen nicht auf dieselbe Weise erlangen.
- Propositionales Wissen: Diese Art von Wissen ist dem Menschen vorbehalten und entsteht durch die Beziehungen zwischen Begriffen. Es ist Wissen, das in Sätzen ausgedrückt werden kann (z.B. „Ich weiß, dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist“).
Bedingungen für Wissen
Damit eine Person (S) behaupten kann, eine Aussage (P) zu wissen, müssen klassischerweise drei Bedingungen erfüllt sein:
- Glaubensbedingung: S muss von P überzeugt sein. Man kann nichts wissen, was man nicht für wahr hält.
- Rechtfertigungsbedingung: S muss gute Gründe oder eine Rechtfertigung für den Glauben an P haben. Eine bloße Vermutung, auch wenn sie zutrifft, ist kein Wissen.
- Wahrheitsbedingung: Die Aussage P muss wahr sein. Man kann nichts wissen, was falsch ist, auch wenn man fest daran glaubt und Gründe dafür hat.
Glaube
Der Glaube ist das subjektive Element des Wissens; er ist die Zustimmung des Subjekts zu einer Aussage. Ein Glaube kann gerechtfertigt sein oder nicht und sich als wahr oder falsch herausstellen. Man unterscheidet zwischen:
- Rationaler Glaube: Ein Glaube ist rational, wenn er gerechtfertigt ist und sich widerspruchsfrei in ein System anderer rationaler Überzeugungen einfügt.
- Irrationaler Glaube: Ein Glaube ist irrational, wenn er nicht gerechtfertigt ist. Ein Beispiel wäre, eine Prüfung bestehen zu wollen, nur weil man davon geträumt hat, ohne dafür gelernt zu haben.
Sicherheit
Sicherheit ist der psychologische Zustand, im Besitz der Wahrheit zu sein. Sie ist das Gegenteil des Zweifels. Wenn jemand etwas weiß, kann er nicht daran zweifeln. Hat man keine Sicherheit, sondern nur eine begründete Vermutung, spricht man von einer Meinung. Wenn wir absolute Sicherheit in einem Glauben haben, nennen wir diesen evident. Sicherheit und Evidenz sind, wie der Glaube, Teil des subjektiven Aspekts der Erkenntnis.
Wahrheit
Streng genommen sind nicht die Dinge an sich wahr oder falsch, sondern unsere Aussagen über die Dinge. Dies ist der erkenntnistheoretische Sinn von Wahrheit. Der Begriff „Wahrheit“ wird jedoch auch in anderen Kontexten verwendet:
- Ontologischer Sinn: Hier wird Wahrheit als Eigenschaft einer Sache verstanden, um die authentische Wirklichkeit vom bloßen Schein zu unterscheiden. In diesem Sinne ist das Echte „wahr“ und die Erscheinung „ontologisch falsch“.
- Moralischer Sinn: Wahrheit bedeutet hier Aufrichtigkeit. Eine Person sagt die Wahrheit, wenn sie ihre Überzeugungen ehrlich mitteilt, ohne die Absicht zu täuschen. Das Gegenteil ist die Lüge.
Wahrheitstheorien
Die Korrespondenztheorie der Wahrheit
Nach dieser von Aristoteles geprägten Theorie besteht die Wahrheit einer Aussage in ihrer Übereinstimmung mit den Tatsachen. Aristoteles formulierte: „Zu sagen, von dem, was ist, es sei nicht, oder von dem, was nicht ist, es sei, das ist falsch; aber zu sagen, von dem, was ist, es sei, und von dem, was nicht ist, es sei nicht, das ist wahr.“
Die Kohärenztheorie der Wahrheit
Diese Theorie vermeidet das Problem, eine Aussage mit einer externen Wirklichkeit vergleichen zu müssen. Stattdessen ist eine Aussage wahr, wenn sie kohärent und widerspruchsfrei zu anderen Aussagen innerhalb eines Systems passt. Eine Aussage, die im Widerspruch zu einem etablierten System von Überzeugungen steht, gilt als falsch. Diese Auffassung von Wahrheit dominiert in den formalen Wissenschaften (z.B. Mathematik), die sich mit idealen Objekten des Denkens befassen und nur innere Widerspruchsfreiheit erfordern.
Die pragmatische Theorie der Wahrheit
Der Pragmatismus betrachtet das erkennende Subjekt nicht als reines Denken, sondern als ein handelndes Lebewesen. Im Gegensatz zur Korrespondenztheorie argumentieren Pragmatiker, dass Objektivität nur als Intersubjektivität existieren kann. Eine Aussage ist nicht wahr, weil sie einem unabhängigen Objekt entspricht, sondern weil unter den Menschen ein Konsens darüber besteht. Wahrheit ist demnach ein soziales Konstrukt. Als wahr gelten jene Interpretationen und Überzeugungen, die sich in der Praxis bewähren, die nützliche Konsequenzen für das Überleben und Wohlergehen der Menschheit haben und die es ermöglichen, Probleme zu lösen und Bedürfnisse zu befriedigen.