Grundlagen der Geomorphologie: Prozesse und Formen der Erde
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Geomorphologie: Relief, Verwitterung, Böden und Sedimente
Das Ziel der Geomorphologie ist es, die Geschichte der Erdoberfläche abzuleiten und mögliche zukünftige Entwicklungen vorauszusagen. Die heutige Oberfläche ist eine Synthese dessen, was sich im Laufe der geologischen Geschichte des Planeten ereignet hat.
Morphometrie
Die Morphometrie befasst sich mit räumlichen Parametern geometrischer Kategorien, d.h. der Art und Größe von Landschaftsformen, und nutzt mathematische Verfahren zu deren Katalogisierung. Jede Oberflächenform kann in einfachere Elemente zerlegt werden, bis hin zu einer flachen Struktur oder einem Hang. Das System ordnet das Gelände nach progressiv geometrisch komplexeren Formen. Zwei Möglichkeiten der morphologischen Kartierung sind Hangneigungskarten und morphologische Karten.
Verwitterung
Verwitterung tritt auf, wenn Gestein mechanisch zersplittert oder chemisch verändert wird.
Physikalische Verwitterung
Der Fels bricht in kleinere Fragmente, die jeweils die ursprünglichen Materialeigenschaften beibehalten.
- Gelifraktion (Frostsprengung): Frost-Tau-Zyklen. Wasser dehnt sich beim Gefrieren um ca. 9 % aus. Wiederholte Zyklen brechen das Gestein in eckige Fragmente.
- Druckentlastung (Dekompression): Tritt auf, wenn magmatisches Gestein von der aufliegenden Drucklast befreit wird.
- Thermische Expansion (Insolationsverwitterung): In Wüsten können Temperaturunterschiede bis zu 30 °C auftreten. Hitze verursacht Ausdehnung, Abkühlung führt zu Kontraktion.
- Biologische Aktivität: Baumwurzeln können Felsen aufbrechen. Menschen und Tiere produzieren Säuren, die das Gestein verwittern lassen.
Chemische Verwitterung
Prozesse, die die Komponenten von Gesteinen und die Strukturen der enthaltenen Mineralien aufbrechen, was zur Bildung neuer Mineralien führt. Der wichtigste Faktor der chemischen Verwitterung ist Wasser.
- Lösung: Reines Wasser löst bestimmte Mineralien wie Steinsalz.
- Oxidation: Verantwortlich zum Beispiel für die Bildung von Eisenoxiden aus eisenhaltigen Mineralien.
- Hydrolyse: Besteht aus der Reaktion einiger Mineralien mit Wasser, dessen Moleküle in sehr reaktive Wasserstoff- (H+) und Hydroxid-Ionen (OH-) dissoziieren.
Produkte der Verwitterung (Alterite)
Typen von Alteriten:
- Saprolith
- Regolith
- Tonminerale
- Terra Rossa
- Arenisierung
- Oxide und Hydroxide
- Krusten
Böden
Die Bodenentwicklung ist das Ergebnis des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren: Ausgangsgestein, Wetter, Klima, Vegetation, Fauna, Hangneigung und Exposition.
Phasen der Bodenentwicklung
- Beginnende Verwitterung des Ausgangsgesteins an der Oberfläche.
- Ansiedlung von Vegetation und fortschreitende Verwitterung.
- Ausbildung eines beginnenden C-Horizonts.
- Ausbildung eines beginnenden A-Horizonts.
- Humifizierung, Materialverlagerung (Lessivierung/Auswaschung) und Bildung eines B-Horizonts.
- Konsolidierung der Verlagerungsprozesse und Bildung eines Anreicherungshorizonts.
- Weitere Differenzierung und Bildung von Subhorizonten.
Sediment
Sedimente sind unkonsolidierte Materialien, die durch Verwitterung entstanden, transportiert und an einer neuen Position abgelagert wurden. Aus ingenieurgeologischer Sicht ist Sediment kein Boden.
Periglaziale, glaziale und äolische Prozesse
Periglaziale Umgebungen und Prozesse
Diese treten in kalten Klimazonen auf, in denen Frost-Tau-Wechsel das vorherrschende geographische Merkmal sind.
Typen:
- Permafrost: Boden, der dauerhaft gefroren bleibt, mit Ausnahme einer schmalen Oberflächenschicht (Auftauschicht).
- Frost-Tau-Zyklen: Orte, die wiederholten Gefrier- und Auftauprozessen im Oberflächen- und Bodenwasser ausgesetzt sind.
- Nivale Decken (Schneedecken): Massen aus nicht-komprimiertem Schnee, die noch nicht zu Eis geworden sind. Sie wirken als Wärmeisolator und Feuchtigkeitsspeicher, was das Auftreten von Rutschungen und Fließbewegungen begünstigt.
Wirkungen von Gefrier- und Tauprozessen
- Gelifraktion: Aufbrechen des Materials durch die Keilwirkung von Eis.
- Frosthebung: Anhebung des Bodens durch Volumenänderungen beim Gefrieren von Wasser.
- Massenbewegungen: Materialbewegungen am Hang.
- Rissbildung (Frost- oder Trockenrisse): Entstehen durch plötzliche Temperaturabfälle oder Austrocknung.
Periglaziale Sedimente und Formen
- An der Oberfläche: Hangabspülung, Schuttdecken, Blockhalden.
- Auf der Oberfläche (Massenbewegungen): Gelifluktion, Kriechen, Rotation.
- Unter der Oberfläche: Eiskeile, Deformationen, Thufure (Rasenhügel).
Gletscher
Gletscher sind Eismassen auf der Erdoberfläche, die durch Anreicherung, Verdichtung und Rekristallisation von Schnee entstehen. Da sie fließen können, sind sie dynamische Akteure, die Sedimente akkumulieren, transportieren und ablagern.
Bewegung eines Gletschers
Die Bewegung wird als Fließen bezeichnet. Es gibt zwei Arten:
- Plastisches Fließen: Interne Deformation des Eises.
- Basales Gleiten: Das Schmelzwasser an der Gletscherbasis wirkt als Schmiermittel und ermöglicht das Gleiten des Eises über den Felsuntergrund.
Gletscherbilanz
Die Bilanz beschreibt das Gleichgewicht zwischen der Akkumulation (Anhäufung) von Schnee im Nährgebiet (oberer Teil) und dem Verlust durch Abschmelzen (Ablation) im Zehrgebiet (unterer Teil). Übersteigt die Akkumulation die Ablation, stößt der Gletscher vor. Ist es umgekehrt, zieht er sich zurück.
Glaziale Erosion
Es gibt zwei Hauptarten:
- Detraktion (Plucking): Schmelzwasser dringt in Felsspalten ein, gefriert und sprengt Gesteinsbrocken heraus, die dann vom Gletscher mitgerissen werden.
- Abrasion (Schleifwirkung): Im Eis eingeschlossenes Gesteinsmaterial wirkt wie Schleifpapier, das den Felsuntergrund glättet und poliert.
Glazialer Transport
Das vom Gletscher transportierte Material wird generisch als Moräne bezeichnet. Große, vom Eis transportierte Gesteinsblöcke nennt man Findlinge.
Glaziale Sedimentation
Vom Gletscher direkt abgelagerte, unsortierte Sedimente werden als Till bezeichnet. Verfestigt sich Till zu Gestein, nennt man es Tillit.
Äolische Sedimentation (Wind)
Winderosion
Erfolgt durch Deflation (Auswehung) und Abrasion (Windschliff), die polierte Steine (Windkanter) erzeugen kann.
Windtransport
Der Transport hängt von der Form und Größe der Partikel sowie von der Windgeschwindigkeit ab.
Windablagerung
- Dünen: Wellenförmige Sedimentablagerungen aus Sand. Sie werden nach ihrer Entstehungsform klassifiziert.
- Löss: Partikel, die kleiner als Sand sind, können über große Entfernungen transportiert werden und bilden ausgedehnte, ungeschichtete Ablagerungen.
Wasserkreislauf, Oberflächen- und Grundwasser, Karst
Der Wasserkreislauf
Der Wasserkreislauf beschreibt den kontinuierlichen Austausch von Wasser zwischen Ozeanen, Atmosphäre und Kontinenten. Dieser Zyklus wird durch Sonnenenergie angetrieben und ist das größte natürliche Wasserreinigungssystem.
Oberflächenabfluss und Fließgewässer
Die Menge des Wassers, die oberflächlich abfließt, anstatt in den Boden zu versickern (Infiltration), hängt von der Infiltrationskapazität des Bodens ab. Diese wird gesteuert durch:
- Intensität und Dauer des Niederschlags
- Vorhandene Bodenfeuchtigkeit
- Bodentextur
- Hangneigung
- Art der Vegetation
Strömung
Ein kanalisierter Abfluss jeglicher Größe, von einem kleinen Bach bis zu einem großen Fluss.
Strömungsarten
Die Strömung kann laminar oder turbulent sein. Bei laminarer Strömung bewegt sich das Wasser langsam und in parallelen Schichten über ein glattes Bett. Erhöht sich die Geschwindigkeit oder wird das Gerinnebett rauer, wird die Strömung turbulent.
Erosionskapazität eines Flusses
Die Erosionskapazität ist direkt von der Fließgeschwindigkeit abhängig, die durch folgende Faktoren bestimmt wird:
- Gefälle
- Form, Größe und Rauheit des Gerinnes
- Abflussmenge
Längsprofil eines Flusses
Das Längsprofil ist der Querschnitt eines Flusses von der Quelle bis zur Mündung. Typischerweise ist im Oberlauf das Gefälle hoch und die Abflussmenge klein, während im Unterlauf das Gefälle gering und die Abflussmenge groß ist.
Erosionsbasis
Die Erosionsbasis ist das Niveau, unterhalb dessen ein Fluss sein Bett nicht weiter eintiefen kann. Normalerweise ist dies die Höhe, auf der ein Fluss in ein anderes Gewässer oder das Meer mündet.
Fluviale Erosion
- Durch das Mitreißen von Partikeln (Klasten) aus dem Flussbett
- Durch Abrasion (Schleifwirkung der mitgeführten Fracht)
- Durch Lösung von löslichem Gestein
Sedimenttransport
- Als Lösungsfracht (gelöste Stoffe)
- Als Schwebfracht (in der Wassersäule suspendiert)
- Als Geschiebefracht (am Boden des Kanals rollend oder springend)
Fluviale Sedimentation
Wenn die Fließgeschwindigkeit unter die kritische Sinkgeschwindigkeit eines Partikels fällt, beginnt die Ablagerung (Sedimentation). Vom Fluss abgelagertes Sediment wird allgemein als Alluvium bezeichnet.
Flussterrassen
Typen nach ihrer Entstehung:
- Eustatische Terrassen
- Klimatische Terrassen
- Fluvioglaziale Terrassen
Einzugsgebiet
Das Gebiet, das einem Fließgewässer Wasser zuführt. Zwei benachbarte Einzugsgebiete werden durch eine Wasserscheide getrennt.
Grundwasser
Die Speicherung und Bewegung von Grundwasser wird durch folgende Faktoren beeinflusst:
- Porosität: Der prozentuale Anteil des Porenvolumens am Gesamtvolumen eines Gesteins oder Sediments.
- Permeabilität (Durchlässigkeit): Die Fähigkeit eines Gesteins, Wasser durch zusammenhängende Poren zu leiten.
Grundwasserleiter und -stauer
- Grundwasserleiter (Aquifer): Gesteinsschichten, die Grundwasser speichern und frei leiten können.
- Grundwassernichtleiter (Aquitarde/Aquiclude): Undurchlässige oder gering durchlässige Schichten, die die Wasserbewegung stark hemmen oder verhindern.
Karstprozesse
Karstformen
- Exokarst (Oberflächenformen): Dolinen, Karrenfelder.
- Endokarst (Untergrundformen): Höhlen, unterirdische Gänge und Speläotheme (Tropfsteine).
Karstlandschaftsentwicklung
In einer frühen Phase schafft Sickerwasser durch Lösung von Gestein unterirdische Hohlräume und Höhlen. In einem reifen Stadium können diese Höhlen einstürzen, was zu einer Landschaft mit Dolinen und Restbergen (Kegelkarst) führt.
Hydrologische Zonen im Karst
- Vadose Zone (Belüftungszone): Die Hohlräume sind meist mit Luft gefüllt, außer bei starken Niederschlägen.
- Schwankungszone: Der Bereich, der je nach Wasserstand mal trocken, mal wassergesättigt ist.
- Phreatische Zone (Sättigungszone): Die Hohlräume sind ständig mit Wasser gefüllt.