Grundlagen Öffentliches Recht & Zivilrecht: Fragen & Antworten

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Grundlagen Öffentliches Recht

Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit & Radbruchsche Formel

Nennen Sie die beiden grundlegenden Auffassungen zum Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit und geben Sie kurz ihren Inhalt wieder. Erläutern Sie darüber hinaus den Inhalt der „Radbruchschen Formel“.

Positivistische Ansätze verneinen einen notwendigen Zusammenhang zwischen Recht und Gerechtigkeit. Das Recht kann also jeden beliebigen Inhalt haben.

Nichtpositivistische Theorien hingegen nehmen an, dass es einen notwendigen Zusammenhang zwischen Recht und Gerechtigkeit gibt. Das Recht kann also nicht jeden beliebigen, sondern nur einen gerechten Inhalt annehmen.

Nach der Radbruchschen Formel haben positive, durch Macht gesicherte Gesetze auch dann Geltung, wenn sie ungerecht und unzweckmäßig sind – es sei denn, dass sie ein so unerträglich ungerechtes Maß annehmen, dass sie der Gerechtigkeit weichen müssen.

Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes

Welche Staatsstrukturprinzipien beinhaltet das Grundgesetz und wo sind sie geregelt?

Die wichtigsten Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes sind Bundesstaatlichkeit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit. Diese Prinzipien sind in Art. 20 GG normiert.

Wirtschaftssystem im Grundgesetz

Welche Aussagen enthält das Grundgesetz über das Wirtschaftssystem?

Das Grundgesetz ist wirtschaftspolitisch neutral. Der Gesetzgeber hat insofern einen Gestaltungsspielraum, wie das Wirtschaftssystem organisiert wird. Nach Art. 15 GG ist eine Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln im Grundsatz möglich. Begrenzt wird diese Möglichkeit durch folgende drei Grundrechte: Art. 2 Abs. 1 GG schützt die wirtschaftliche Privatautonomie. Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Privateigentum. Und Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Berufsfreiheit.

Gesetzgebungskompetenz: Beispiel Ausbildungsbeihilfen (Hessen)

Das Land Hessen möchte ein Gesetz zur Regelung der Ausbildungsbeihilfen erlassen. Ist das möglich? Nennen Sie die gesetzlichen Anknüpfungen.

Grundsätzlich steht die Gesetzgebungskompetenz den Ländern zu, Art. 70 Abs. 1 GG.

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz solange und soweit der Bund nicht von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, Art. 72 Abs. 1 GG. Die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes besteht auf dem Gebiet des Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG nur, wenn eine bundesgesetzliche Regelung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist, Art. 72 Abs. 2 GG.

Die Ausbildungsförderung gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung. In diesem Rahmen hat der Bund das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) erlassen. Dieses Gesetz ist denn auch materiell erforderlich, weil nur auf diese Weise gleichwertige Lebensverhältnisse (Chancengleichheit) in der Ausbildungsförderung hergestellt werden können.

Das Bundesgesetz entfaltet Sperrwirkung für die Ländergesetzgebung. Das Land kann also keine Gesetze erlassen, sofern und soweit es bereits bundesgesetzliche Regelungen gibt.

Gegenstände des öffentlichen Wirtschaftsrechts

Nennen Sie mindestens drei Gegenstände des öffentlichen Wirtschaftsrechts.

  • Staatliche Aufsicht und Kontrolle über die Wirtschaft,
  • Staatliche Wirtschaftsförderung,
  • Auftrags- und Vergaberecht,
  • Kartellrecht,
  • Privatrechtliches Handeln der Verwaltung/Privatisierung staatlicher Aufgaben.

Das Europäische Parlament

Wer bestimmt das Europäische Parlament und was sind seine Aufgaben?

Das Europäische Parlament wird von den Unionsbürgern direkt gewählt.

Das Europäische Parlament hat (unter anderem) folgende Aufgaben:

  • Mitwirkungsrechte bei der Gesetzgebung,
  • Kontrollrechte,
  • das Recht und die Pflicht Petitionen von Unionsbürgern entgegenzunehmen und zu bearbeiten,
  • ein Antragsrecht beim EuGH im Rahmen der Nichtigkeitsklage und
  • Mitwirkungsrechte bei der Besetzung wichtiger Organe der EU.

Klausuraufgaben zum Zivilrecht

Der Allgemeine Teil des BGB (BGB AT)

Was ist der allgemeine Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland (BGB AT)? Warum wird er so genannt? Welche Arbeitssystematik muss in seiner Anwendung zu Grunde gelegt werden?

Im allgemeinen Teil des BGB sind alle Regelungen normiert, die für das gesamte Bürgerliche Gesetzbuch gelten und anzuwenden sind. Die Bezeichnung „allgemein“ bezieht sich dabei auf die Anwendung auf alle spezielleren Bereiche des BGB.

Methodisch gesehen werden in den allgemeinen Teil alle die Regelungen „ausgelagert“, die auf alle anderen Regelungen anzuwenden sind. Diese Methode lässt sich auch salopp in Anlehnung an mathematische Formeln als „vor die Klammer Ziehen“ bezeichnen.

Die Rechtskreistheorie im internationalen Recht

Was wird unter der „Rechtskreistheorie“ im internationalen Wirtschaftsrecht / internationalen Vertragsrecht verstanden?

Die Rechtskreistheorie geht davon aus, dass jede nationale Rechtsordnung der Welt zu einem bestimmten Rechtskreis gehört. Ein Rechtskreis ist durch eine gemeinsame Entwicklung geprägt, die Regelungen innerhalb des Rechtskreises sind ähnlich, müssen aber nicht gleich ausgestaltet sein. Internationales Wirtschaftsrecht bzw. internationales Vertragsrecht überschreitet die Grenzen dieser Rechtskreise und beschäftigt sich damit, wie Rechtsbeziehungen über diese Grenzen hinweg möglich sind. Diese Rechtskreise gab es schon so lange es Recht gibt, den Studenten wurde das Beispiel der Babatha (1. Jh. n. Chr.) vorgestellt.

Definition und Bedeutung der Privatautonomie

Geben Sie eine Definition für „Privatautonomie“. Warum ist sie im deutschen Zivilrecht wichtig?

Die Privatautonomie ist der Grundsatz, dass der Einzelne berechtigt ist, seine Lebensverhältnisse im Rahmen der Rechtsordnung eigenverantwortlich zu gestalten.

Sie wird durch Art. 1 und 2 GG geschützt und abgeleitet. Sie gehört zu den Grundwerten der freiheitlichen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie berechtigt zur eigenverantwortlichen Begründung, Änderung und Aufhebung von Rechten und Pflichten.

Das Abstraktionsprinzip und das Bereicherungsrecht

Was bedeutet „Abstraktionsprinzip“? Warum ist es für das Bereicherungsrecht wichtig?

Das Abstraktionsprinzip ist ein tragendes Prinzip des deutschen Zivilrechts. Es beschreibt die Trennung zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungs- und dinglichem Verfügungsgeschäft.

Die Notwendigkeit der Existenz des Bereicherungsrechts ergibt sich aus dem Abstraktionsprinzip. Mit dem Bereicherungsrecht werden u. a. durch das Abstraktionsprinzip entstandene unbillige Vermögensverschiebungen rückgeführt.

Leasingvertrag und Franchisingvertrag

Was ist ein Leasingvertrag, was ist ein Franchisingvertrag? Erklären Sie beide Begriffe und nennen Sie für jeden ein Beispiel.

Beide Vertragstypen wurden aus dem Mietvertrag entwickelt. Sie sind aber gemischte Verträge.

Der Leasingvertrag beinhaltet kaufvertragliche Elemente und darlehensvertragliche Elemente, während der Franchising-Vertrag Elemente der Rechtspacht, des Mietvertrages, des Geschäftsbesorgungsvertrages und des Kaufvertrages enthält.

Beim Leasingvertrag überlässt der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine Sache oder auch eine Sachgesamtheit zum Gebrauch gegen ein ratenweise zu zahlendes Entgelt. Dafür tritt der Leasinggeber dem Leasingnehmer etwaige Ansprüche gegen Dritte ab. Bsp. Finanzierungsleasing beim PKW.

Beim Franchising schuldet der Franchisegeber die Überlassung von Marken, Vertriebsmethoden, Erfahrungen, Know-how und das Recht, bestimmte Dienstleistungen oder Waren zu vertreten. Der Franchisenehmer schuldet Geld. Bsp. McDonald's, Holiday Inn Hotels. (Es sind natürlich auch andere Beispiele möglich, eins pro Vertragstyp muss aber angeführt werden.)

Verschuldenshaftung und Gefährdungshaftung

Erläutern Sie die Begriffe „Verschuldenshaftung“ und „Gefährdungshaftung“ im Kontext des Produkthaftungsrechts.

Die Verschuldenshaftung stellt auf persönlich vorwerfbares Verhalten ab (Vorsatz und Fahrlässigkeit). Sie ist durch §§ 823 ff. BGB normiert; es besteht aber eine Exkulpationsmöglichkeit (§ 831 BGB).

Die Gefährdungshaftung stellt auf Schäden ab, die sich aus einer erlaubten Gefahr ergeben. Es kommt nicht auf die Widerrechtlichkeit der Handlung oder auf ein Verschulden an. Das Produkthaftungsgesetz verfolgt dieses Prinzip.

Fragen zum Öffentlichen Recht

Gesetzgebungskompetenz für das Wirtschaftsrecht

1. Wer hat die Gesetzgebungskompetenz für das Wirtschaftsrecht – Bund oder Länder? Aus welchen Vorschriften des Grundgesetzes ergibt sich das?

Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz für das „Recht der Wirtschaft“ aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, allerdings nur dann, wenn die Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt sind, also wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

Solange und soweit der Bund im Bereich des Rechts der Wirtschaft keine eigene gesetzliche Regelung trifft, haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz (Art. 72 Abs. 1 GG).

Rechtsaufsicht und Fachaufsicht

2. Die Bundesregierung hat in manchen Fällen die Rechtsaufsicht, in anderen Fällen die Fachaufsicht über die Verwaltung der Länder bei der Ausführung von Bundesgesetzen. Was ist der Unterschied zwischen Rechts- und Fachaufsicht? Wo ist das im Grundgesetz geregelt?

Rechtsaufsicht: Kontrolle, ob die Landesverwaltungen gegen Gesetze verstoßen.

Fachaufsicht: inhaltliche Einflussnahme auf die Tätigkeit der Landesverwaltungen insbesondere durch Weisungen.

Die Rechtsaufsicht ist insbesondere in Art. 84 Abs. 3 GG geregelt, die Fachaufsicht (bei der Bundesauftragsverwaltung) insbesondere in Art. 85 Abs. 3, 4 GG.

Wahlrechtsgrundsätze

3. Was sind die Wahlrechtsgrundsätze, wo sind sie im Grundgesetz geregelt und was bedeuten sie?

Die Wahlrechtsgrundsätze sind Grundsätze, die bei der Wahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu beachten sind; sie sind ausdrücklich in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG geregelt.

Im Einzelnen finden sich dort folgende Grundsätze:

  • kein zwischengeschaltetes Gremium (z. B. „Wahlmänner“ wie in den USA);
  • Freiheit der Wahl: kein Zwang, kein Druck auf die Wähler;

Kostentragung staatlicher Aufgaben (Konnexitätsprinzip)

Wer trägt in welchen Fällen die Kosten der Erfüllung staatlicher Aufgaben – der Bund oder die Länder? Wo ist das geregelt?

  • Grundsätzlich gilt für die Pflicht zur Kostentragung das Konnexitätsprinzip („die Ausgabenkompetenz folgt der Aufgabenkompetenz“); dieser Grundsatz ist in Art. 104a Abs. 1 GG geregelt.
  • Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip:
    • Art. 104a Abs. 2 GG: Ausführung von Bundesgesetzen im Auftrag des Bundes (Art. 85 GG)
    • Art. 104a Abs. 3 GG: Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden
    • Art. 104b GG: Finanzhilfen des Bundes an die Länder im Bereich seiner Gesetzgebungskompetenzen für besonders bedeutsame Investitionen
    • Art. 91a, 91b GG: Gemeinschaftsaufgaben

Untersagung eines Gewerbebetriebs

6. Unter welchen Voraussetzungen darf die zuständige Behörde den Betrieb eines Gewerbes untersagen? Nennen Sie die entsprechende Rechtsvorschrift!

Erweist sich ein Gewerbetreibender als unzuverlässig, so kann die zuständige Behörde den Gewerbebetrieb untersagen, § 35 Abs. 1 GewO.

Klausuraufgaben zum Zivilrecht

Prüfung eines Anspruchs (W-Formel)

Welche Elemente werden geprüft, um das Bestehen eines Anspruchs festzustellen. Benennen Sie die entsprechende Formel und erläutern Sie die einzelnen Elemente. Wo ist der Begriff des Anspruchs im BGB normiert?

Wer kann was von wem woraus verlangen (W-Formel)?

  • Wer (Anspruchsteller) will
  • was (Anspruchsgegenstand)
  • von wem (Anspruchsgegner)
  • woraus (Anspruchsgrundlage)?
  • „Wer“ von „Wem“: Fragen Sie nach der (natürlichen oder juristischen) rechtsfähigen Person, die etwas will bzw. von der etwas verlangt wird (nicht: Sachen oder Tiere, vgl. § 90a S. 3 BGB).
  • „Was“: Fragen Sie nach dem Ziel des Anspruchsstellers, also z. B.: (Vertrags-)Erfüllung, Schadensersatz, Unterlassung, Herausgabe.
  • „Woraus“: Fragen Sie nach der Anspruchsgrundlage, also die Grundlage, die dem Anspruchssteller seinen Anspruch gibt.

Anspruch ist legaldefiniert in § 194 Abs. 1 BGB als „Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“.

Begriff und Regelung der Stellvertretung

Erläutern Sie den Begriff der Stellvertretung. Wo ist die Stellvertretung im BGB geregelt? Was ist für ein wirksames Stellvertreterhandeln erforderlich und welche Folgen ergeben sich daraus? Nennen Sie Beispiele für den Einsatz von Stellvertretern.

Idee der Stellvertretung: Oftmals besteht gerade im arbeitsteiligen Wirtschaftsleben das Bedürfnis, andere Personen für sich handeln zu lassen. Die rechtlichen Folgen der Willenserklärung einer Person sollen dann für und gegen eine andere Person wirken; geregelt in § 164 BGB (ff.).

Erforderlich für wirksames Stellvertreterhandeln:

  • Zulässigkeit der Stellvertretung (fast immer gegeben);
  • Eigene Willenserklärung des Vertreters (Abgrenzung zum Boten);
  • Offenkundigkeit;
  • Vertretungsmacht (zumeist Vollmacht).

Beispiele: Prokura, Architekt als Vertreter des Bauherrn etc.

Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip

Was versteht man unter den Begriffen Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip? Erläutern Sie die Begriffe anhand des Beispiels eines Autokaufs.

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft sind sowohl rechtlich getrennt zu behandeln (Trennungsprinzip) als auch in ihrem rechtlichen Bestand prinzipiell voneinander unabhängig (Abstraktionsprinzip).

Autokauf Beispiel:

  1. Kaufvertrag (schuldrechtliches Geschäft = Verpflichtungsgeschäft): V verpflichtet sich zur Übereignung des Autos (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB), K verpflichtet sich zur Abnahme des Autos und zur Zahlung des Kaufpreises (§ 433 Abs. 2 BGB). Das bedeutet gleichzeitig, dass V eine Forderung gegen K hinsichtlich des Kaufpreises und K eine Forderung gegen V hinsichtlich des Autos erwirbt. Auch nach Abschluss des Kaufvertrags liegt aber das Eigentum am Auto noch beim Händler und am Geld noch beim Kunden.
  2. Übereignung des Autos (dingliches Geschäft I = Verfügungsgeschäft): V übergibt K das Auto und erklärt, dass dieses nun K gehören soll. K nimmt das Auto an und erklärt sich mit dem Eigentumsübergang einverstanden (§ 929 S. 1 BGB).
  3. Übereignung des Geldes (dingliches Geschäft II = Verfügungsgeschäft): K übergibt V das Geld und erklärt, dass dieses nun V gehören soll. V nimmt das Geld an und erklärt sich mit dem Eigentumsübergang einverstanden (§ 929 S. 1 BGB).

Dass die Verpflichtung zur Übereignung von Geld und Auto von der Übereignung selbst getrennt wird, heißt Trennungsprinzip. Aus dem Trennungsprinzip folgt in Deutschland das Abstraktionsprinzip: Das schuldrechtliche Geschäft bleibt wirksam, wenn das dingliche (z. B. wegen Geisteskrankheit, § 104 BGB) scheitert und umgekehrt. Dies ist das Abstraktionsprinzip.

Gewerbe, Handelsgewerbe, Handelsgeschäft im Handelsrecht

Welche Merkmale bestimmen im Handelsrecht ein „Gewerbe“? Was ist ein „Handelsgewerbe“? Was versteht man unter einem Handelsgeschäft? Nennen Sie, soweit möglich, relevante Normen und Beispiele.

Gewerbe ist „jede selbständige, außengerichtete, planmäßige, legale und in Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Tätigkeit“.

Merkmale des Gewerbes:

  • Selbständigkeit des Inhabers (Legaldefinition in § 84 Abs. 1 S. 2 HGB)
  • Nach außen erkennbares (marktorientiertes) Tätigwerden: Daran fehlt es bei ganz im Privatbereich bleibender Tätigkeit.
  • Planmäßige Tätigkeit: Folgt aus dem Wortlaut „betreibt“ in § 1 Abs. 1 HGB; Kriterium ist eine auf Dauer angelegte, auf eine Vielzahl von Fällen ausgerichtete Tätigkeit (BGH: „Wiederholungsabsicht“).
  • Legale Tätigkeit: Zulässigkeit, Wirksamkeit und Klagbarkeit.
  • Gewinnerzielungsabsicht (Rspr., Schrifttum: „entgeltliche Tätigkeit“): Entscheidend ist die Absicht, nicht die tatsächliche Gewinnerzielung.

Ein Handelsgewerbe ist ein Gewerbe, das nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Ein Handelsgeschäft ist ein Geschäft, das zu einem Handelsgewerbe gehört (§ 343 Abs. 1 HGB).

Unterschied zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften

Erläutern Sie den Unterschied zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Nennen Sie für beide Gruppen mindestens drei Beispiele.

Personengesellschaften sind üblicherweise gekennzeichnet durch:

  • eine bestimmte, in der Regel geringe Mitgliederzahl
  • Struktur der Selbstorganschaft, d. h. die Organe führen auch selbst die Geschäfte,
  • unterliegen bei der Willensbildung dem Einstimmigkeitsgrundsatz,
  • die Gesellschafterbindung ist vertrauensvoll, zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft gegenüber besteht eine Treuepflicht,
  • rechtszuständig ist die sog. „Gesamthandsgemeinschaft“;

Körperschaften (Kapitalgesellschaften) dagegen zeichnen sich aus durch:

  • eine unbestimmte, in der Regel große Mitgliederzahl,
  • Struktur der Fremdorganschaft,
  • unterliegen bei der Willensbildung dem Mehrheitsprinzip,
  • die Gesellschafterbindung ist gering, zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft gegenüber besteht nur in Ausnahmefällen eine Treuepflicht;
  • rechtszuständig ist die Gesellschaft selbst als juristische Person (s. u.).

Beispiele:

  • Personengesellschaften: BGB-Gesellschaft (GbR), oHG, KG, PartG, EWIV;
  • Kapitalgesellschaften: GmbH, AG, KGaA, SE, SPE.

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Was ist eine GmbH? Benennen Sie die Rechtsgrundlage und ihre wesentlichen organisationsrechtlichen Kennzeichen. Was ist zu ihrer Gründung erforderlich?

Es existiert keine gesetzliche Definition der GmbH. Sie lässt sich aber beschreiben als:

  • Eine Personenvereinigung
  • zu jedem rechtlich zulässigen Zweck (vgl. § 1 GmbHG),
  • deren Mitglieder mit Einlagen am Stammkapital beteiligt sind (vgl. § 5 GmbHG),
  • ohne persönlich für die Schulden der Gesellschaft zu haften (§ 13 Abs. 2 GmbHG).

Kennzeichnend für die GmbH ist:

  • Sie ist körperschaftlich verfasst und hat zwingend zwei Organe:
    • a) die Gesamtheit der Gesellschafter und
    • b) die Geschäftsführer.
    Ein Aufsichtsrat ist dagegen lediglich optional (vgl. § 52 GmbHG).
  • Für sie gilt der Grundsatz der Fremdorganschaft (§§ 6, 35 GmbHG), d. h. es können auch Nichtgesellschafter Geschäftsführer sein.

Organisationsrechtlich ist die GmbH:

  • Kapitalgesellschaft (§ 5 GmbHG)
  • juristische Person (§ 13 Abs. 1 und 2 GmbHG)
  • Formkaufmann (§ 13 Abs. 3 GmbHG, d. h. sie ist auch dann Kaufmann, wenn sie tatsächlich kein Handelsgewerbe betreibt).

Gründung [hier sehr ausführlich, für die Bearbeitung der Klausur genügen die wesentlichen Schritte]

Am Anfang steht der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags (= Satzung, vgl. § 2 AktG) durch die Gesamtheit der Gesellschafter als erstes obligatorisches Organ der GmbH (str., a. A.: Gesellschafterversammlung). • Er muss die Essentialia der Gesellschaft enthalten (§ 3 Abs. 1 GmbHG, u. a. Firma und Sitz der Gesellschaft, Unternehmensgegenstand, Betrag des Stammkapitals, Stammeinlagen). • Das Mindeststammkapital beträgt € 25.000 (§ 5 Abs. 1 GmbHG) zwecks Ausstattung der Gesellschaft mit einem rudimentären Eigenkapitalbetrag zur Vermeidung alsbaldiger Insolvenz. • Die Summe der Nennbeträge aller Gesellschaftsanteile (neuer Begriff für Stammeinlage) – d. h. inhaltlich: die Beträge der mitgliedschaftlichen Anteile der einzelnen Gesellschafter (s. u.) –, entspricht der Höhe des vertraglich bestimmten Stammkapitals (§ 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG). Zwingend sind ein oder mehrere Geschäftsführer als zweites obligatorisches Organ der Gesellschaft zu bestellen (§ 6 Abs. 1 GmbHG). • Dies können Gesellschafter oder Dritte sein (§ 6 Abs. 3 S. 1 GmbHG). • Weitere Entstehensvoraussetzung ist die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht ihres Sitzes (§ 7 Abs. 1, vgl. § 11 GmbHG). Sie erfolgt elektronisch in öffentlich beglaubigter Form (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 GmbHG).

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