Grundlagen der Sinneswahrnehmung: Sehen, Hören und Motorik
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Das menschliche Sehsystem: Anatomie, Funktion & Störungen
Grundlagen der visuellen Wahrnehmung
- Nachts erweitert sich die Pupille.
- Tagsüber verengt sich die Pupille.
- Insekten nehmen UV-Licht wahr.
- Schlangen nehmen Infrarotlicht wahr.
Anatomie des Auges & ihre Funktionen
- Hornhaut (Cornea): Ermöglicht den Eintritt von Lichtstrahlen ins Auge.
- Vorderkammer (Kammerwasser): Ernährt die Zellen der Hornhaut.
- Pupille: Der Bereich, durch den Lichtstrahlen ins Auge eintreten und austreten.
- Iris: Besitzt zwei Muskeln, die die Größe der Pupille anpassen.
- Linse: Fokussiert den Lichtstrahl. Bei Trübung treten Katarakte (Grauer Star) auf.
- Glaskörper: Erhält die Augenform und enthält Fresszellen zur Reinigung.
- Fovea (Sehgrube): Ein kleiner Punkt im Hintergrund der Netzhaut, wo der Lichtstrahl gebündelt wird und die höchste Sehschärfe besteht.
Häufige Sehstörungen
- Nachtblindheit: Unfähigkeit, nachts zu sehen, oft durch Vitamin-A-Mangel oder Netzhauterkrankungen verursacht.
- Kurzsichtigkeit (Myopie): Der Augapfel ist zu lang, der Lichtstrahl erreicht die Fovea zu früh. Fernsicht ist beeinträchtigt. Korrektur mit Konkavgläsern.
- Weitsichtigkeit (Hyperopie): Der Augapfel ist zu kurz, der Lichtstrahl wird hinter die Fovea projiziert. Nahsicht ist stärker beeinträchtigt. Korrektur mit Konvexgläsern.
Photorezeptoren: Stäbchen & Zapfen
- Zapfen:
- Kürzer und weniger zahlreich (ca. 6 Millionen).
- Aktiviert bei Helligkeit (tagsüber).
- Verantwortlich für Farbsehen und hohe räumliche sowie zeitliche Auflösung.
- Es gibt drei Arten von Zapfen (Rot, Grün, Blau).
- Enthalten drei Pigmente: Rot, Grün und Blau.
- Stäbchen:
- Zahlreicher und länger (ca. 120 Millionen).
- Aktiviert durch nur ein Photon Licht (Nachtsehen).
- Sehr lichtempfindlich, reduzierte räumliche und zeitliche Auflösung.
- Verantwortlich für Schwarz-Weiß-Sehen.
- Enthalten ein Pigment: Rhodopsin.
Arten des Sehens
- Skotopisches Sehen: Ermöglicht das Sehen bei geringer Helligkeit (hauptsächlich durch Stäbchen).
- Photopisches Sehen: Ermöglicht das Sehen bei Tageslicht und Farbsehen (hauptsächlich durch Zapfen).
Die Fovea enthält mehr Zapfen, während die Stäbchen an den Rändern der Netzhaut konzentriert sind.
Der Blinde Fleck ist der Bereich, an dem der Sehnerv die Netzhaut verlässt und keine Photorezeptoren vorhanden sind, daher kann dort nichts gesehen werden.
Der Phototransduktionsprozess
Der Phototransduktionsprozess beschreibt, wie Photorezeptoren auf ein Lichtphoton reagieren. Transduktion ist die Umwandlung eines Lichtsignals in ein chemisches Signal. Der gesamte Prozess wird als Signaltransduktion bezeichnet.
Phototransduktion bei Dunkelheit
Bei Dunkelheit sind Natriumkanäle offen, was zu einer Depolarisation der Membran durch Natriumeinstrom führt. Kalzium wird nicht freigesetzt, und Neurotransmitter werden nicht in den synaptischen Spalt abgegeben.
Phototransduktion bei Lichtexposition
Bei Lichteinfall schließen sich die Kanäle, es kommt zur Hyperpolarisation. Kalium strömt aus, Kalzium tritt ein, Neurotransmitter werden freigesetzt und aktivieren nachgeschaltete Neuronen.
Rezeptive Felder
Rezeptive Felder sind Bereiche der Netzhaut, deren Photorezeptoren bei Beleuchtung aktiviert werden und ein bipolares Neuron erregen, wodurch dessen Membranpotential verändert wird.
- Die Sehschärfe erhöht sich, je mehr aktive Rezeptoren (Zapfen und Stäbchen) vorhanden sind.
- In der Fovea, wo die Zapfen konzentriert sind, sind die rezeptiven Felder kleiner.
- Dort, wo die Stäbchen dominieren, sind die rezeptiven Felder größer.
Ganglienzellen
- Magnozelluläre Ganglienzellen (ca. 10%): Nehmen Bewegung wahr, erhalten Informationen von den Stäbchen und haben große rezeptive Felder.
- Parvozelluläre Ganglienzellen (ca. 90%): Nehmen Farbe und Form wahr, erhalten Informationen von den Zapfen und haben kleine rezeptive Felder.
Corpus Geniculatum Laterale (CGL)
Das CGL ist in sechs Schichten von Neuronen unterteilt, die Informationen aus verschiedenen Teilen der Netzhaut erhalten:
- Schichten 1, 4, 6 erhalten Informationen vom kontralateralen (linken) Auge.
- Schichten 2, 3, 5 erhalten Informationen vom ipsilateralen (rechten) Auge.
- Schichten 1 und 2 erhalten magnozelluläre Informationen.
- Schichten 3, 4, 5, 6 erhalten parvozelluläre Informationen.
Auswirkungen von Schädigungen des Sehpfades
- Eine Schädigung auf der Ebene des Tractus opticus führt zum Verlust des Sehvermögens im rechten äußeren Gesichtsfeld des rechten Auges und im linken inneren Gesichtsfeld des linken Auges (homonyme Hemianopsie).
- Eine Schädigung des Sehnervs des rechten Auges führt zum Verlust des Sehvermögens auf dem rechten Auge (Monokularblindheit).
- Eine Schädigung des Chiasma opticum oder des Corpus geniculatum laterale kann zu Erblindung führen.
Visuelle Kortikale Areale
Das V4-Areal in der Großhirnrinde ist mit der Wahrnehmung von Form und Farbe assoziiert. Schädigungen in diesem Bereich können zu Phänomenen wie Synästhesie (z.B. Farb-Zahlen-Synästhesie) führen, bei der Informationen aus verschiedenen Sinnesmodalitäten miteinander verknüpft werden.
Detaillierter Phototransduktionsprozess
Bei Licht: Rhodopsin (ein G-Protein-gekoppelter Rezeptor) in der Netzhaut wird aktiviert, was ein G-Protein aktiviert. Dieses aktiviert Transducin, welches wiederum die Phosphodiesterase aktiviert. Die Phosphodiesterase hydrolysiert cGMP, wodurch dessen Konzentration sinkt. Dies führt zum Schließen der Natriumkanäle und somit zur Hyperpolarisation der Membran. Kaliumkanäle öffnen sich, und Kalium strömt aus. Die Freisetzung von Neurotransmittern (Glutamat) durch bipolare Neuronen wird reduziert. Spannungsgesteuerte Kalziumkanäle schließen sich. Das bipolare Neuron sendet Informationen an die Ganglienzellen (parvo- und magnozellulär), deren Axone den Sehnerv bilden. Die Informationen verlassen die Netzhaut über den Nervus opticus, erreichen das Chiasma opticum und den Tractus opticus, der die Informationen an das Corpus geniculatum laterale (CGL) im Thalamus sendet. Von dort aus gelangen die Informationen zur primären Sehrinde.
Bei Dunkelheit: Rhodopsin ist inaktiv, das G-Protein ist inaktiv, und Transducin sowie Phosphodiesterase sind inaktiv. Die cGMP-Konzentration ist hoch, wodurch die Natriumkanäle offen bleiben. Natrium strömt ein, und die Membran depolarisiert. Kalziumkanäle sind offen, Kalzium strömt ein, und Neurotransmitter (Glutamat) werden freigesetzt.
Das menschliche Hörsystem: Schallwahrnehmung & Gleichgewicht
Grundlagen des Schalls
- Frequenz: Wird in Hertz (Hz) gemessen und bestimmt die Tonhöhe (hohe oder tiefe Frequenzen).
- Amplitude (Größe): Wird in Dezibel (dB) gemessen und bestimmt die Lautstärke des Klangs. Hohe Amplitude bedeutet lauten Klang, niedrige Amplitude bedeutet leisen Klang.
- Klangfarbe (Timbre): Das Gemisch von Frequenzen, das einen Klang charakterisiert. Eine einfache Welle hat eine einzelne Frequenz, während eine komplexe Welle (z.B. menschliche Stimme) aus mehreren Frequenzen besteht.
Anatomie des Ohrs & Hörprozess
Die Rezeptoren für das Hören befinden sich in der Cochlea (Hörschnecke).
Der Schallwellenweg:
- Die Schallwelle tritt in den äußeren Gehörgang ein.
- Sie trifft auf das Trommelfell und erzeugt eine Schwingung.
- Diese Schwingung wird auf die Gehörknöchelchen übertragen.
- Die Schwingungen werden an das ovale Fenster weitergeleitet.
- Vom ovalen Fenster werden die Schwingungen durch die Flüssigkeit in der Cochlea zum Corti-Organ übertragen.
- Im Corti-Organ befinden sich die Haarzellen, die diese Informationen an Neuronen senden.
- Diese Neuronen verlassen die Hörschnecke über den VIII. Hirnnerv (Nervus vestibulocochlearis), der den Hörnerv bildet.
Struktur der Cochlea
Die Cochlea ist mit Flüssigkeit gefüllt und besteht aus drei Hauptkammern:
- Scala vestibuli: Enthält Perilymphe (reich an Na+).
- Scala media: Enthält Endolymphe (reich an K+).
- Scala tympani: Enthält Perilymphe (reich an Na+).
Auf dem Boden der Scala media befindet sich das Corti-Organ, das die auditiven sensorischen Zellen, die sogenannten Haarzellen, enthält.
Tonotopie & Haarzellenfunktion
Innerhalb der Cochlea herrscht Tonotopie: Zellen, die näher am ovalen Fenster liegen, erkennen höhere Frequenzen (stärkere Töne), während weiter entfernte Zellen niedrigere Frequenzen (langsamere Töne) wahrnehmen.
Die Haarzellen nehmen die Bewegung der Tektorialmembran wahr. Ihre Stereozilien können sich in Richtung des Kinoziliums oder entgegen dessen Richtung bewegen. Diese Bewegung ist ein mechanischer Reiz, und an den Spitzen der Stereozilien befinden sich Kaliumkanäle.
Mechanismus der Haarzellaktivierung
- Bewegung der Stereozilien in Richtung des Kinoziliums: Die Tip-Link-Proteine an den Spitzen der Stereozilien werden gedehnt und öffnen Kaliumkanäle. Kalium strömt in die Zelle, was zu einer Depolarisation der Membran führt. Dies öffnet spannungsgesteuerte Kalziumkanäle, führt zur Neurotransmitterfreisetzung und erhöht die neuronale Entladungsrate.
- Bewegung der Stereozilien entgegen dem Kinozilium: Die Tip-Link-Proteine verkürzen sich, die Kaliumkanäle schließen sich. Die Membran hyperpolarisiert, die neuronale Feuerrate nimmt ab, und die Neurotransmitterfreisetzung wird gestoppt.
Das Vestibuläre System (Gleichgewichtssinn)
Das vestibuläre System ist für den Gleichgewichtssinn zuständig und umfasst die Bogengänge sowie die Otolithenorgane (Utriculus und Sacculus).
Das menschliche Motorsystem: Bewegung & Muskelfunktion
Arten von Bewegungen
- Willkürliche Bewegung: Gesteuert vom Gehirn (z.B. bewusste Handlungen).
- Unwillkürliche Bewegung (Reflexe): Gesteuert vom Rückenmark (Vorderhorn) oder anderen unbewussten Zentren (z.B. Reflexe, Organfunktionen).
Muskelgewebe & -fasern
- Satellitenzellen: Stammzellen, die zur Reparatur von Muskelfasern beitragen.
- Extrafusale Muskelfasern: Die Hauptmuskelfasern, die für die Kontraktion verantwortlich sind.
- Intrafusale Muskelfasern: Sensorische Fasern, die in Muskelspindeln liegen und Informationen über Muskellänge und -änderung liefern.
- Propriozeptoren: Rezeptoren, die Informationen über die Position und Bewegung des Körpers und der Gliedmaßen an das zentrale Nervensystem übermitteln.
Muskelproteine
- Dicke Myosinfilamente: Hauptbestandteil der Sarkomere, verantwortlich für die Krafterzeugung.
- Dünne Aktinfilamente: Bestehen aus Aktin, Troponin und Tropomyosin. Troponin bindet Kalzium, während Tropomyosin die Myosin-Bindungsstellen auf Aktin bedeckt.
Arten von Muskeln
Es gibt drei Hauptarten von Muskeln im menschlichen Körper:
- Glatte Muskulatur: Unwillkürlich, in Organwänden.
- Herzmuskulatur: Unwillkürlich, bildet das Herz.
- Skelettmuskulatur: Willkürlich, für Bewegung verantwortlich.
Muskelfasertypen
- Langsame Muskelfasern (Typ I):
- Hohe Ausdauer und Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung.
- Aerob (benötigen Sauerstoff).
- Schnelle Muskelfasern (Typ II):
- Für Kraft und Geschwindigkeit.
- Anaerob (benötigen keinen Sauerstoff).
- Es gibt zwei Untertypen: IIa und IIx.
Die Aktivierung bestimmter Gene (z.B. Myosin-Gene) kann schnelle Fasern in langsame umwandeln. Ein Calcineurin-Protein kann die Bildung weiterer langsamer Fasern fördern.
Muskelwachstum & -erkrankungen
- Muskelhypertrophie: Eine übermäßige Zunahme des Muskelvolumens durch Vergrößerung der Muskelfasern.
- Muskelhyperplasie: Eine übermäßige Zunahme der Zellzahl (Muskelfasern).
- Muskeldystrophie: Eine Gruppe von Erbkrankheiten, die zu fortschreitender Muskelschwäche und -degeneration führen, da die Muskelfasern anfälliger für Schäden bei Bewegung sind.
Neuromuskuläre Erkrankungen
- Lambert-Eaton-Syndrom: Eine Autoimmunerkrankung, bei der Kalziumkanäle an der präsynaptischen Membran der neuromuskulären Endplatte gestört sind. Dies führt zu einer verminderten Freisetzung von Acetylcholin, was langsame Bewegungen und Reaktionen zur Folge hat.
- Myasthenia gravis: Eine Autoimmunerkrankung, bei der Acetylcholinrezeptoren an der postsynaptischen Membran der neuromuskulären Endplatte zerstört werden. Dies beeinträchtigt die Muskelkontraktion aufgrund einer geringeren Depolarisation. Diese Krankheiten werden oft mit Acetylcholin-Agonisten behandelt.