Grundlagen der Sprache: Definitionen, Merkmale und Theorien
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Grundlagen der Sprache: Definition und Konzepte
Sprache ist ein grundlegendes Kommunikationsmittel und ein zentraler Bestandteil jeder gemeinsamen Kultur.
Definitionen bekannter Linguisten
Ferdinand de Saussure
Für Saussure ist Sprache „die Fähigkeit, die der Mensch besitzt, um mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren“ oder ein „System von Zeichen, das freiwillig verwendet wird, um unsere mentalen Phänomene auszudrücken.“
Edward Sapir
Laut Sapir ist Sprache „ein rein menschliches, nicht instinktives Mittel zur Kommunikation von Ideen, Gefühlen und Wünschen durch ein System bewusst erzeugter Töne.“
Es ist wichtig zu beachten, dass Sprache nicht ausschließlich menschlich ist; auch Tiere verfügen über Kommunikationssysteme, die als Sprache interpretiert werden können.
Merkmale der menschlichen Sprache
Nach Charles F. Hockett
Hockett identifizierte mehrere Designmerkmale der menschlichen Sprache:
- Kulturelle Transmission: Sprache wird gelernt, nicht vererbt.
- Vokal-auditiver Kanal: Sprache wird durch Sprechen und Hören übertragen.
- Spezialisierung: Sprachlaute dienen primär der Kommunikation.
- Diskretion: Sprache besteht aus unterscheidbaren Einheiten (z.B. Phoneme).
- Dualität der Struktur: Kleine, bedeutungslose Einheiten (Phoneme) werden zu größeren, bedeutungsvollen Einheiten (Morpheme, Wörter) kombiniert.
- Reflexivität: Sprache kann verwendet werden, um über Sprache selbst zu sprechen.
- Unwahrheit (Prevarication): Sprache ermöglicht es, Lügen oder irreführende Aussagen zu machen.
- Austauschbarkeit: Sender und Empfänger können ihre Rollen tauschen.
- Feedback: Sprecher können ihre eigene Botschaft hören und anpassen.
- Produktivität: Es können unzählige neue Nachrichten erzeugt werden.
- Semantizität: Sprachliche Zeichen haben eine feste Bedeutung.
- Gerichtete Übertragung und gestreuter Empfang: Die Botschaft wird von einer Quelle gesendet und kann von jedem in Reichweite empfangen werden.
- Schnelles Verblassen (Rapid Fading): Sprachsignale sind flüchtig und verschwinden schnell.
- Willkür (Arbitrariness): Es gibt keine natürliche Verbindung zwischen einem Wort und seiner Bedeutung.
- Displacement (Hubraum): Die menschliche Sprache kann sich auf Dinge beziehen, die nicht räumlich oder zeitlich präsent sind.
Nach Edward Sapir
Sapir betonte ebenfalls wichtige Aspekte der Sprache:
- Sozio-kulturelle Übernahme: Sprache ist ein Produkt der Gesellschaft und Kultur.
- Oral-verbaler vokal-auditiver Kanal: Primäre Form der Kommunikation ist mündlich.
- Nicht-Ausschließung: Sprachliche Elemente können in verschiedenen Kontexten verwendet werden.
- Verknüpfung (Linkage): Elemente der Sprache sind miteinander verbunden.
- Linearität: Sprachlaute oder Buchstaben folgen einer bestimmten Reihenfolge.
- Nachdenklichkeit: Sprache ist eng mit dem Denken verbunden.
- Vorsätzlichkeit: Sprachliche Äußerungen sind absichtlich.
- Austauschbarkeit: Rollen von Sprecher und Hörer können getauscht werden.
- Rückmeldung: Sprecher erhalten Feedback zu ihren Äußerungen.
- Produktivität: Fähigkeit, neue und einzigartige Sätze zu bilden.
- Semantik: Bedeutung ist ein zentraler Bestandteil der Sprache.
- Raumzeitliche Übermittlung (Kontext): Sprache ist an ihren Kontext gebunden.
- Konventionalität: Sprachliche Regeln und Bedeutungen sind konventionell festgelegt.
Arten der Sprache und Kommunikationsformen
Nonverbale Kommunikation
- Zeichensprache: Kommunikation durch Gesten und Mimik (z.B. ein Baby, das Freude zeigt, wenn es seine Mutter sieht).
- Proxemik: Kommunikation durch die Nutzung des Raumes und der Distanz zwischen Personen.
Alternative Sprachcodes
Kommunikation kann auch über verschiedene Codes erfolgen:
- Visuell: Zum Beispiel Lichtsignale (Ampel).
- Auditiv: Zum Beispiel Geräusche (Glocke, Klingel).
- Schriftlich: Schriftliche Zeichen und Symbole.
Spezifische Sprachformen
- Musikalische Sprache: Kommunikation durch Töne und Melodien.
- Paralinguistische Sprache: Begleitet die verbale Kommunikation (z.B. Tonhöhe, Lautstärke, Sprechtempo).
Mündliche vs. Schriftliche Sprache
Mündliche Sprache
Die mündliche Sprache entwickelt sich in der Regel schneller als die Schriftsprache und zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
- Weniger Fokus auf präzise Aussprache oder Satzbau.
- Hohe Spontaneität und Geschwindigkeit.
- Häufige Pausen und Wiederholungen.
- Verwendung von Paraphrasen.
- Geringere Informationsdichte im Vergleich zur Schriftsprache.
- Stark geprägt durch die Individualität des Sprechers.
- Wichtigkeit von Intonation und Rhythmus.
- Einsatz nonverbaler Strategien (Gestik, Blickkontakt).
- Oft als „reicher“ oder ausdrucksstärker empfunden.
Schriftliche Sprache
Die schriftliche Sprache ermöglicht eine sorgfältigere Gestaltung und weist folgende Eigenschaften auf:
- Möglichkeit, Strukturen für stilistische und emotionale Wirkung zu wählen.
- Stärkerer innerer Zusammenhalt und thematische Blöcke.
- Tendenz zu homogenerer Sprachvielfalt.
- Hat oft einen höheren formalen Status und Prestige.
Ursprung der Sprache: Theorien und Ansätze
Es gibt zahlreiche Theorien und Beiträge zum Ursprung der menschlichen Sprache:
- Wilhelm von Humboldt: Argumentierte, dass Sprache eine angeborene menschliche Fähigkeit ist.
- Charles Darwin: Vertrat die Ansicht, dass die mündliche Sprache ihren Ursprung in der Nachahmung von Tierlauten (Mimikry) haben könnte.
- Edgar H. Sturtevant: Postulierte, dass Sprache ursprünglich ein Werkzeug zur Täuschung oder zum Lügen war.
- Onomatopoetische Theorie (Lautmalerei): Diese Theorie besagt, dass Sprache aus der Nachahmung von Naturgeräuschen oder emotionalen Ausrufen (Geschrei, Schreie) entstand.
- Jacques Monod: Argumentierte, dass die Sprache den Menschen als einzigartiges Wesen geformt hat.
- Edward Sapir: Sprach von einer „strukturalistischen Anthropologie“ und vertrat die Ansicht, dass Sprache im Laufe der menschlichen Evolution entstanden ist.
Sprache und Denken: Eine komplexe Beziehung
Die Beziehung zwischen Sprache und Denken ist Gegenstand zahlreicher Theorien:
- Edward Sapir: Vertrat die Ansicht, dass man ohne Worte nicht denken kann.
- Paul Chauchard: Argumentierte, dass ohne Sprache keine Intelligenz existiert, und verwies auf Fälle von „Wolfskindern“ zur Untermauerung seiner These.
- Jaime Balmes: Sah das Wort als Träger und Speicher unserer Erinnerungen.
- Palmes (vermutlich Balmes): Betonte die Wichtigkeit des Wortes für das Denken als dessen Ergänzung. Das Denken benötigt das Wort, um neue Ideen in entsprechende sprachliche Formen zu bringen.
- Sapir-Whorf-Hypothese (Linguistischer Determinismus): Diese These besagt, dass Sprache das Denken primär formt und bestimmt.
- Jean Piaget (Kognitiver Determinismus): Argumentierte, dass kognitive Fähigkeiten vor der sprachlichen Entwicklung erworben werden und diese beeinflussen.
- Lew Wygotski: Betonte die enge Verknüpfung von Sprache und Denken. Für ihn ist Sprache „externalisiertes Denken“ und Denken „innere Rede“.