Grundlagen der Allgemeinen Systemtheorie (GST) und Offene Systeme

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Einheit 1: Grundlagen der Allgemeinen Systemtheorie (GST)

Die drei grundlegenden Prämissen der Allgemeinen Systemtheorie

Die GST basiert auf drei grundlegenden Prämissen:

  • Systeme innerhalb von Systemen: Jedes System existiert innerhalb eines größeren Systems.
  • Offene Systeme: Jedes System empfängt und gibt etwas an andere Systeme ab (Austausch).
  • Struktur und Funktion: Die Funktionen eines Systems hängen von seiner Struktur ab.

Interesse und Anwendung der Allgemeinen Systemtheorie (GST)

Das Interesse der GST liegt darin, die Eigenschaften und Parameter festzulegen, die für alle Systeme gelten.

Im Management betrachtet die GST das Unternehmen als eine Struktur, die durch ein System von Entscheidungsfindungen (individuell und kollektiv) dargestellt wird.

Definition: Was ist ein System?

Ein System ist eine Reihe von Elementen, die dynamisch miteinander interagieren, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Es verarbeitet Daten, Energie und Materie, um Informationen, Energie und Materie zu erzeugen.

Zentrale Konzepte nach Bertalanffy

Nach Bertalanffy ist ein System eine Gruppe sich gegenseitig verbundener Einheiten. Daraus ergeben sich zwei Hauptkonzepte:

  • Zweck und Ziel: Die Elemente und ihre Beziehungen definieren eine Struktur, die immer auf ein Ziel ausgerichtet ist.
  • Globalismus (Ganzheitlichkeit): Eine Änderung in einer Einheit des Systems führt wahrscheinlich zu Veränderungen in anderen Einheiten.

Schlüsselbegriffe: Entropie, Homöostase und Negentropie

  • Entropie: Die Tendenz von Systemen, sich abzunutzen und zu zerfallen (Unordnung).
  • Homöostase: Das dynamische Gleichgewicht zwischen den Systemkomponenten.
  • Negentropie (Negative Entropie): Informationen, die als Mittel oder Werkzeug zur Systemsteuerung dienen.

Systemklassifikation nach Konstitution (Physisch vs. Abstrakt)

  • Physische Systeme (Konkret): Bestehen aus Geräten, Maschinen, Objekten und realen Dingen (Hardware).
  • Abstrakte Systeme: Bestehen aus Konzepten, Plänen, Hypothesen und Ideen (Software).

Systemklassifikation nach Austausch (Geschlossen vs. Offen)

  • Geschlossene Systeme: Es findet kein Austausch mit der Umgebung statt; sie sind von Umwelteinflüssen isoliert.
  • Offene Systeme: Es findet ein Austausch mit der Umgebung über Inputs und Outputs statt. Sie tauschen Energie und Materie mit der Umgebung aus.

Die fünf grundlegenden Systemparameter

Die Systemparameter sind:

  • Eintritt (Input): Liefert Material oder Energie für den Betrieb des Systems.
  • Leistung (Output): Die Ergebnisse eines Prozesses, die das Systemziel erfüllen sollen.
  • Verarbeitung (Throughput): Der Mechanismus zur Umwandlung von Eingaben in Ergebnisse.
  • Feedback (Rückkopplung): Die Funktion des Systems, die den Output mit einem vorgegebenen Kriterium vergleicht.
  • Umwelt (Environment): Das externe Medium, das das System umgibt.

Zusammenfassung: Merkmale Offener Systeme

Das offene System interagiert ständig in dualer Form mit seiner Umwelt, d.h., es beeinflusst die Umwelt und wird von ihr beeinflusst.

Offene Systeme können wachsen, sich verändern, sich an die Umwelt anpassen und sich unter bestimmten Umgebungsbedingungen reproduzieren.

Wettbewerb mit anderen Systemen ist typisch für offene Systeme.

Organisationen als Offene Systeme

Eigenschaften von Organisationen als offene Systeme

  • Probabilistisches und nichtdeterministisches Verhalten: Die Organisation wird von einer potenziell grenzenlosen Umgebung beeinflusst, die unbekannte und unkontrollierbare Variablen enthält.
  • Teil einer größeren Gesellschaft und bestehend aus kleineren Teilen: Organisationen werden als Systeme innerhalb von Systemen betrachtet. Sie sind ein komplexes Zusammenspiel von Elementen, die ein Ganzes bilden, das nicht verstanden werden kann, indem man die Teile isoliert betrachtet.
  • Interdependenz der Teile: Veränderungen in einem Teil des Systems wirken sich auf die anderen Teile aus.
  • Homöostase oder stationärer Zustand: Eine Organisation kann einen stationären Zustand nur erreichen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Richtung und Fortschritt.
  • Grenzen und Abgrenzungen: Die Grenze definiert, was innerhalb und außerhalb des Systems liegt.
  • Morphogenese: Das organisatorische System besitzt die Fähigkeit, seine grundlegenden strukturellen Wege zu verändern.

Scheins Ansatz zur Definition von Organisationen

Schein schlägt vor, dass die Systemtheorie folgende Aspekte bei der Definition einer Organisation berücksichtigen sollte:

  • Die Organisation muss als offenes System betrachtet werden.
  • Die Organisation muss als ein System mit mehreren Zielen oder Funktionen konzipiert werden.
  • Die Organisation existiert in einer dynamischen Umgebung, die andere Systeme einschließt.
  • Die vielen Verbindungen zwischen der Organisation und ihrer Umwelt erschweren die Definition der Grenzen einer Organisation.

Das Modell von Katz und Kahn: Eigenschaften offener Systeme

Für Katz und Kahn weist die Organisation als offenes System folgende Eigenschaften auf:

  • Import (Input): Die Organisation empfängt Eingaben (Energieversorgung) aus der Umwelt.
  • Transformation (Verarbeitung): Die Organisation verarbeitet und verändert die Eingaben zu fertigen Produkten, Arbeitskräften, Dienstleistungen usw.
  • Export (Output): Offene Systeme exportieren bestimmte Produkte in die Umwelt.
  • Systeme als wiederkehrende Zyklen: Der Betrieb des Systems besteht aus wiederholten Zyklen von Import – Verarbeitung – Export.
  • Negative Entropie (Negentropie): Offene Systeme müssen dem natürlichen Zerfall entgegenwirken und kontinuierlich Energie aufnehmen, um ihre Organisationsstruktur auf unbestimmte Zeit aufrechtzuerhalten.
  • Rückkopplung (Feedback): Die einfachste Form der negativen Rückkopplung korrigiert die Abweichung des Systems von der gewünschten Linie. Wird diese negative Rückkopplung unterbrochen, verschwindet der stationäre Zustand des Systems. Der Kodierungsprozess ermöglicht es dem System, gezielt auf Informationen zu reagieren, für die Signale geplant sind.
  • Stationäre und dynamische Homöostase: Offene Systeme sind durch einen stabilen Zustand gekennzeichnet, da ein kontinuierlicher Zustrom externer Energiequellen und ein kontinuierlicher Export von Systemprodukten erfolgt.
  • Differenzierung: Die Organisation neigt, wie jedes offene System, zur Vervielfältigung von Verarbeitungsfunktionen, was auch zur Multiplikation von Rollen und zur inneren Differenzierung führt.
  • Äquifinalität: Ein System kann denselben Endzustand auf vielfältige Weise erreichen.
  • Grenzen und Abgrenzungen: Barrieren zwischen der Umwelt und dem System. Sie definieren den Umfang des Systems und den Grad der Offenheit.

Organisationen als soziale Systeme

Organisationen sind eine Klasse von sozialen Systemen, die ihrerseits offene Systeme sind.

Soziale Systeme bestehen aus standardisierten Tätigkeiten einer Reihe von Individuen. Die Stabilität oder das Wiederauftreten dieser Aktivitäten hängt von der in das System eingegebenen Energie, der Umwandlung der Energie innerhalb des Systems und dem resultierenden Produkt oder der Energieleistung ab.

Grundlegende Merkmale der Systemischen Analyse

  • Systematische Sicht: Die moderne Theorie betrachtet die Organisation als ein System, das aus fünf zusammenhängenden Teilen besteht: Input, Output, Prozess, Feedback und Umwelt.
  • Dynamischer Ansatz: Konzentriert sich auf den dynamischen Interaktionsprozess, der innerhalb der Struktur einer Organisation stattfindet.
  • Mehrdimensional und mehrstufig: Die Organisation wird aus mikro- und makroskopischer Sicht betrachtet. Die Makroanalyse berücksichtigt das Umfeld (Gesellschaft, Gemeinschaft, Staat), während die Mikroanalyse ihre internen Abläufe betrachtet.
  • Multimotivacional: Organisationen existieren, weil ihre Teilnehmer erwarten, durch sie bestimmte Ziele zu erfüllen.
  • Wahrscheinlichkeit (Probabilistisch): Variablen können vorausschauend erklärt werden, jedoch nicht mit Sicherheit.
  • Multidisziplinär: Sucht Konzepte und Techniken aus vielen Fachrichtungen.
  • Deskriptiv: Versucht, die Merkmale von Organisationen und deren Verwaltung zu beschreiben.
  • Multivariabel: Geht davon aus, dass ein Ereignis durch viele vernetzte und voneinander abhängige Faktoren verursacht werden kann.
  • Adaptiv: Die Organisation muss sich an veränderte Rahmenbedingungen anpassen, um zu überleben.

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