Grundrechte & Verfahrensgarantien: Verfassung von Cádiz 1812
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Verfahrensgarantien in der Rechtspflege
Es gibt keinen expliziten Grundrechtekatalog. Ein Großteil der verfahrensrechtlichen Garantien findet sich im Bereich der Rechtspflege.
Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 306)
Artikel 306 besagt sinngemäß: „Kein Spanier darf in seinem Haus durchsucht werden, außer in den vom Gesetz festgelegten Fällen zur Sicherheit und guten Ordnung.“ Dies spiegelt klar das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung wider.
Mögliche Einführung der Jury (Art. 307)
Artikel 307 enthält eine zukunftsweisende Klausel bezüglich der Jury. Er erwähnt die Möglichkeit, dass die Gerichte zukünftig eine Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsrichtern für sinnvoll erachten könnten: „Wenn die Gerichte im Laufe der Zeit der Ansicht sind, dass es zweckmäßig ist, eine Unterscheidung zwischen den Richtern des Sachverhalts und des Rechts zu treffen, werden sie dies in der von ihnen für angemessen erachteten Weise festlegen.“ Obwohl der Begriff „Jury“ nicht explizit genannt wird, deutet dieser Artikel auf die mögliche Einführung dieser Institution aus dem angelsächsischen Rechtskreis („Common Law“) hin. Die Einführung einer Jury müsste durch die Cortes (Parlament) genehmigt werden.
Die Cortes von Cádiz erkannten die potenzielle Bedeutung der Jury als Instrument der Bürgerbeteiligung an der Rechtspflege.
Bezug zwischen Artikeln
Artikel 280 muss im Zusammenhang mit Artikel 306 betrachtet werden. Während Artikel 306 sich an die öffentlichen Behörden richtet (Schutz der Wohnung), scheint Artikel 307 (mögliche Jury) darauf abzuzielen, willkürliche Entscheidungen in der Justiz zu verhindern.
Schlichtung durch den Bürgermeister (Art. 282)
Artikel 282 legt fest: „Der Bürgermeister jeder Stadt übt das Amt eines Schlichters aus. Bei zivilrechtlichen Klagen oder Klagen wegen Beleidigung muss ihm die Angelegenheit zur Schlichtung vorgelegt werden, bevor ein Gerichtsverfahren eingeleitet wird.“ Der Bürgermeister, eine gewählte kommunale und verfassungsmäßige Autorität, fungiert hier als Vermittler.
Justizielle Unabhängigkeit und Gewaltenteilung
- Artikel 242: „Die Befugnis zur Anwendung der Gesetze in Zivil- und Strafsachen liegt ausschließlich bei den Gerichten.“
- Artikel 243: „Weder die Gerichte noch der König dürfen anhängige Verfahren wieder aufnehmen oder abgeschlossene Urteile abändern.“ (Dies sichert die richterliche Unabhängigkeit und die Rechtskraft von Urteilen.)
- Artikel 245: „Die Gerichte dürfen keine anderen Funktionen ausüben als die des Richtens und der Vollstreckung des Gerichtsentscheids.“ (Dies betont die Beschränkung der Justiz auf ihre Kernaufgaben.)
Einheitliche Gesetzgebung und Rechtsgleichheit
„Das Zivil-, Straf- und Handelsgesetzbuch wird für die gesamte Monarchie einheitlich sein.“
Artikel 248: „In allgemeinen Zivil- und Strafsachen wird es nur eine einzige Gerichtsbarkeit für alle Arten von Personen geben.“ Dieser Artikel verankert den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz und schafft Sondergerichte ab.
Artikel 249 (unvollständig im Originaltext) regelte vermutlich die kirchliche Gerichtsbarkeit weiter.