Die Herstellung von Eisen und Stahl: Ein umfassender Leitfaden
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Grundlagen der Eisenherstellung
Eisen ist ein grundlegendes Element, das in der Natur in Form von Eisenerzen vorkommt. Diese Erze können geringe Anteile an anderen wichtigen Mineralien enthalten. Zu den häufigsten Arten von Eisenerzen gehören:
- Magnetit
- Hämatit
- Limonit
- Siderit
Der Hochofenprozess
Rohstoffe und Vorbereitung
Für die Eisenproduktion im Hochofen werden neben Eisenerz weitere Rohstoffe benötigt: Koks und Kalkstein (Flussmittel). Bevor das Eisenerz in den Hochofen eingeführt wird, muss es zerkleinert und gemahlen werden, um das nützliche Erz von den Verunreinigungen zu trennen.
Koks, ein künstlich aus Kohle hergestellter Brennstoff, ist entscheidend. Seine Hauptaufgabe ist es, die notwendige Wärme zum Schmelzen des Erzes zu liefern und die chemischen Reaktionen zu ermöglichen, die Eisenoxid zu reinem Eisen reduzieren. Der Kalkstein dient als Flussmittel; er reagiert chemisch mit den Verunreinigungen im Erz, um Schlacke zu bilden, die den Schmelzpunkt senkt und die flüssige Schlacke von der Eisenschmelze trennt.
Funktionsweise des Hochofens
Die Rohstoffe werden von oben in den Hochofen eingeführt. Während sie nach unten sinken, steigt die Temperatur kontinuierlich an und erreicht im unteren Bereich des Ofens bis zu 1650 °C. Bei dieser Temperatur schmilzt das Eisen und sammelt sich als flüssiges Roheisen im Tiegel am Boden des Ofens.
Der Kalkstein reagiert chemisch mit den Verunreinigungen und bildet eine leichtere Schlacke, die auf dem flüssigen Roheisen schwimmt. Sowohl die Schlacke als auch das Roheisen werden in regelmäßigen Abständen aus dem Ofen abgelassen. Fast das gesamte Roheisen wird anschließend in Konvertern zu Stahl weiterverarbeitet oder in Barrenform gegossen.
Ein wichtiger Bestandteil des Hochofens ist der Windring, durch den heiße Luft über Düsen in den Ofen geblasen wird, um die Verbrennung des Kokses zu fördern.
Stahlherstellung aus Roheisen
Der LD-Konverterprozess
Roheisen enthält einen Überschuss an Verunreinigungen, die in Raffinationsöfen entfernt werden müssen, um Stahl zu erzeugen. Der am häufigsten verwendete Konverter ist der LD-Konverter (Linz-Donawitz-Verfahren).
Verwendete Rohstoffe:
- Flüssiges Roheisen
- Schrott
- Flussmittel (z.B. Kalk)
- Legierungen
Die Innenauskleidung des Konverters besteht aus feuerfesten Ziegeln. Ein LD-Konverter kann bis zu 300 Tonnen Stahl pro Charge produzieren, wobei jede Charge etwa eine Stunde dauert.
Betriebsschritte:
- Der Ofen wird gekippt, und Roheisen sowie Schrott und Flussmittel werden eingefüllt.
- Der Ofen wird aufgerichtet, und eine Sauerstofflanze wird abgesenkt, um reinen Sauerstoff in die Schmelze zu injizieren. Die metallischen Verunreinigungen werden dabei verbrannt.
- Der Ofen wird erneut gekippt, um die entstandene Schlacke zu entfernen.
- Der flüssige Stahl wird in eine Gießpfanne abgelassen, und Legierungen sowie Kohlenstoff werden hinzugefügt, um die gewünschte Stahlzusammensetzung zu erreichen.
Stahlherstellung aus Schrott
Der Elektrolichtbogenofen (EAF)
Die Gewinnung von Stahl aus Schrott erfolgt hauptsächlich im Elektrolichtbogenofen (EAF). Dieser Ofen kann Chargen von bis zu 100 Tonnen verarbeiten, wobei jede Charge etwa 50 Stunden dauert. Die Innenauskleidung besteht ebenfalls aus feuerfesten Ziegeln, die Temperaturen von bis zu 3500 °C standhalten können.
Wichtige Komponenten des EAF:
- Elektrischer Transformator: Wandelt die Spannung auf ca. 900 V um und liefert den notwendigen Wechselstrom für den Lichtbogen.
- Flexible Kabel: Leiten den elektrischen Strom zu den Elektroden.
- Elektroden: Ermöglichen die Erzeugung eines Lichtbogens zum Schmelzen des Schrotts. Sie können an den Schrott herangeführt oder von ihm entfernt werden.
- Elektroden-Schließkraft: Sorgt für den notwendigen Kontakt und die Stabilität des Lichtbogens.
- Portikus mit hydraulischem Arm: Ermöglicht das Abheben des Ofendeckels, um Schrott, Legierungen und Flussmittel einzufüllen.
- Kühllüfter und Abluftsystem: Führen Dämpfe zu einem Filter, der Schwebepartikel entfernt.
- Oszillierende Struktur: Ermöglicht das Kippen des Ofens, um den flüssigen Stahl abzulassen.
Betriebsschritte:
- Der Ofendeckel wird abgenommen, und Schrott wird in den Ofen eingefüllt.
- Der Ofen wird geschlossen, und die Elektroden werden an den Schrott herangeführt, um einen Lichtbogen zu zünden und den Schmelzprozess zu starten.
- Sobald der Schrott geschmolzen ist, wird Sauerstoff injiziert, um unerwünschte Elemente zu eliminieren.
- Der Ofen wird gekippt, um die Schlacke zu entfernen. Anschließend werden Ferrolegierungen und Kohlenstoff hinzugefügt und erhitzt, bis sie sich vollständig aufgelöst haben.
- Der Ofen wird erneut gekippt, und der flüssige Stahl wird in eine Gießpfanne gegossen, die zum Formgebungsbereich transportiert wird.
Gießverfahren für Stahl
Nach der Stahlherstellung wird der flüssige Stahl in verschiedene Formen gebracht.
Konventionelles Gießen (Stahlguss)
Hierbei wird flüssiger Stahl in eine Form gegossen, um die gewünschte Endform zu erhalten.
Strangguss
Beim Strangguss wird der flüssige Stahl kontinuierlich durch eine wassergekühlte Kokille (Form mit offenem Boden) gegossen. Dabei entsteht ein Strang mit dem gewünschten Querschnitt und der geometrischen Form, der dann gekühlt und geschnitten wird.
Blockguss (Ingots)
Der flüssige Stahl wird in Kokillen (Formen) gegossen und dort abgekühlt, um massive Stahlblöcke (Ingots) zu bilden. Diese Blöcke werden anschließend entnommen und für weitere Verarbeitungsschritte gelagert.
Walzverfahren
Das Walzen ist ein Umformverfahren, bei dem Material zwischen zwei Walzen hindurchgeführt wird, die sich mit gleicher Geschwindigkeit, aber in entgegengesetzter Richtung drehen.
Warmwalzen
Beim Warmwalzen wird das Material bei hohen Temperaturen, typischerweise um 1000 °C, verarbeitet. Dies ermöglicht eine leichtere Verformung und die Herstellung großer Querschnitte.
Kaltwalzen
Das Kaltwalzen erfolgt bei Raumtemperatur. Es verbessert die Oberflächengüte, die Maßhaltigkeit und die mechanischen Eigenschaften des Materials.
Klassifizierung von Eisen und Stahl
Nach Kohlenstoffgehalt
Eisenwerkstoffe werden hauptsächlich nach ihrem Kohlenstoffanteil klassifiziert:
- Reineisen: Kohlenstoffanteil zwischen 0,01 % und 0,03 %.
- Stähle: Kohlenstoffanteil zwischen 0,03 % und 1,76 %. Stähle sind Eisen-Kohlenstoff-Legierungen, die auch andere Elemente enthalten können.
- Gusseisen: Kohlenstoffanteil zwischen 1,76 % und 6,67 %.
- Graphit: Erreicht, wenn der Kohlenstoffanteil größer als 6,67 % ist (reiner Kohlenstoff).
Nach Legierungsgehalt
- Unlegierte Stähle: Der Anteil der chemischen Legierungselemente liegt unterhalb eines bestimmten Maximalwertes.
- Legierte Stähle: Enthalten höhere Anteile an Legierungselementen als die für unlegierte Stähle festgelegten Grenzwerte, um spezifische Eigenschaften zu erzielen.
Kommerzielle Formen von Stahl
Stahlprodukte sind in verschiedenen kommerziellen Formen erhältlich:
- Feinblech/Stahlblech: Typische Maße sind 1x2 Meter oder 3x3 Meter, aber auch größere Platten sind verfügbar.
- Stäbe: Länger als breit und massiv. Runde Stäbe mit einem Durchmesser von weniger als 5 mm werden oft als Draht bezeichnet.
- Bänder: Sehr dünne und sehr lange Streifen.
- Profile: Hohl- oder Vollprofile mit variablem Querschnitt und Längen zwischen 5 und 12 Metern. Häufig verwendete Profile sind:
- Winkelprofile
- IPN-Träger (Doppel-T-Träger)
- Rohre
- Quadratprofile
- T-Profile
- Rechteckprofile
Gießereien und Gusseisen
Gusseisen ist eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung, die neben Kohlenstoff auch andere Elemente enthalten kann. Gießereien sind Betriebe, die Gusseisenprodukte herstellen. Die Klassifizierung von Gusseisen erfolgt nach seinen Eigenschaften und seiner Zusammensetzung, oft auch nach dem Bruchbild.