Humanistische Psychologie und Existenzphilosophie: Eine Einführung

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Einleitung und Zweck der Untersuchung

Die humanistische Psychologie entstand in den 1950er- und 1960er-Jahren in den USA als „dritte Kraft“ neben Psychoanalyse und Behaviorismus.

Charlotte Bühler: Ziele und Grundtendenzen

Für Charlotte Bühler ist das Ziel des menschlichen Lebens die Erfüllung und Zufriedenheit. Sie identifizierte folgende Grundtendenzen: Bedürfnisse, adaptive Rückhaltesysteme, Kreativität und die Unterstützung der inneren Ordnung.

Abraham Maslow: Eupsychia

In Maslows Konzept der Eupsychia ist jeder Mensch von Natur aus gesund. Selbst bei kleinen Ängsten oder persönlichen Widerständen können Menschen durch spontane Ideen, große Spontaneität und Kreativität ihre Erfahrungen verarbeiten. Menschen freuen sich über Vertrauen, neue Ideen, Innovationen und Veränderungen; es besteht keine Notwendigkeit, auf die Vergangenheit zurückzugreifen, um sich glücklich an Umweltbedingungen anzupassen.

Carl Rogers: Selbstverantwortung und Freiheit

Carl Rogers sah den Menschen als Architekten seiner selbst, verantwortlich, frei und fähig zu subjektiven Entscheidungen.

James F. T. Bugental: Fünf Grundannahmen

  1. Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Teile. Trotz der Bedeutung des Wissens über Teilfunktionen wird die Einzigartigkeit der menschlichen Persönlichkeit betont.
  2. Die Existenz des Menschen ist interhuman und verwirklicht sich in menschlichen Beziehungen, wo seine Beziehungen an die Existenz gebunden sind.
  3. Der Mensch ist ein bewusstes Wesen, was die Grundlage für das Verständnis der menschlichen Erfahrung bildet.
  4. Der Mensch hat die Fähigkeit zu wählen und zu entscheiden. Bewusst zu leben bedeutet nicht, ein vorgegebenes Ziel als Person zu verfolgen, sondern durch eigene Entscheidungen die Lebenssituation zu verändern.
  5. Der Mensch lebt zielgerichtet. Er ist ein lebendiges Wesen, das absichtlich und zielorientiert von Werten geleitet wird, die seinem Leben Identität und Sinn geben und ihn von anderen Wesen unterscheiden. Er besitzt eine doppelte Natur, z.B. für Frieden und Konflikt.

Theoretische Positionen der Humanistischen Psychologie

  1. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Die humanistische Psychologie widersetzt sich der wissenschaftlichen Verpflichtung zur reinen Objektivität. Der Mensch, der untersucht wird, muss Teil der Forschung sein.
  2. Es wird mehr Wert auf die Bedeutung und Tragweite der methodischen Vielfalt gelegt.
  3. Die Validierung von Erfahrungen basiert auf menschlichen Kriterien. Dies bedeutet nicht, dass statistische Methoden und Tests abgelehnt werden, sondern dass sie sich dem Menschen unterordnen müssen.
  4. Proklamation der relativen Bedeutung des Wissens: Alles Wissen ist relativ unwichtig; es wird dazu eingeladen, die Kraft der mentalen Repräsentation und Kreativität zu nutzen, um unser Wissen zu erweitern.
  5. Vertrauen in die Phänomenologie: Andere Sichtweisen werden nicht verachtet, sondern es wird versucht, Ergänzungen und Anpassungen innerhalb einer umfassenderen Konzeption der menschlichen Erfahrung zu finden.

Geschichte der Humanistischen Psychologie

Von der Weltwirtschaftskrise 1929 bis zur Gründung der American Association for Humanistic Psychology (AAHP) im Jahr 1962: Roosevelts Wirtschaftsreformen des „New Deal“ gingen einher mit einer kulturellen Wiederbelebung. Unter seinen Beratern waren Anhänger von John Deweys Pragmatismus. Neue Arbeitsgesetze, Verbesserungen im ländlichen Raum und der öffentlichen Gesundheit sowie die gesetzliche Absicherung von Gewerkschaften wurden mit Sozialprogrammen kombiniert, die eine menschenwürdige Existenz für alle Bürger anstrebten. Für den Präsidenten war es wichtig, den ständigen Kontakt zu den Bürgern zu pflegen. Die Umstrukturierung der Wirtschaft sollte Hand in Hand gehen mit einer Stärkung des Individuums zum Wohle der Gemeinschaft, was zu einer Neuausrichtung der sozialen Stimmung in den USA führte und Optimismus sowie Humanismus hervorbrachte. Das Interesse an Existenzphilosophie und der Lehre der Gestalttherapie wuchs. Der medizinische Begriff der psychischen Krankheit, der verantwortungsbewusstes Handeln verhindert, wurde in Frage gestellt. Die neue psychiatrische Therapie sah einen Weg, dem Menschen zu helfen, seine eigene Persönlichkeit und persönliche Authentizität zu entdecken. Es entstand ein starkes Bewusstsein für politisch engagierte Psychiater. Existenzialisten diskutierten die sozialen Strukturen, die Krankheit und familiäre Probleme hervorrufen. Diese „dritte Kraft“ entwickelte sich als Gegenpol zur Psychoanalyse und zum Behaviorismus. Der Begriff „humanistische Psychologie“ erschien erstmals 1961 im „Journal of Humanistic Psychology“. Ein Jahr später wurde unter dem Vorsitz von Maslow die American Association for Humanistic Psychology (AAHP) gegründet. 1968 wurde Maslow Präsident der APA, die die humanistische Psychologie 1971 offiziell anerkannte. Die Gesellschaft war offen für eine humanistische Orientierung. Es wurde erkannt, dass die technische Entwicklung zwar dazu beigetragen hatte, die Welt zu dominieren und körperliche Bedürfnisse (Kleidung, Nahrung etc.) zu befriedigen, danach aber die Probleme des Seins und der Sinnfindung an Bedeutung gewannen. Es wurde auch deutlich, dass die technologische Entwicklung den Menschen entglitten war, da eine Lücke zwischen den Bedürfnissen des Einzelnen und der Gesellschaft entstand. Der Vietnamkrieg, Umweltverschmutzung, Rassendiskriminierung etc. führten zur Formulierung positiver Ziele. Das Leben sollte sich an den Idealen der Französischen Revolution (Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit) orientieren.

Wichtige Gründer der Humanistischen Psychologie

  • Bühler
  • Perls
  • Fromm
  • Rogers
  • Maslow
  • Cohn

Existenzphilosophie: Grundprinzipien und Vertreter

Die Existenzphilosophie ist eine philosophische Strömung, die sich gegen traditionelle Ansätze auflehnte. Ihre Kernpunkte sind die Analyse der Bedingung der menschlichen Existenz, Freiheit und Verantwortung, individuelle Gefühle und die Bedeutung des Lebens. Ihre wissenschaftliche Methode ist die Phänomenologie (die Lehre vom Wesen der Dinge). Das bedeutet, dass es keine vorgegebene menschliche Natur gibt, die Individuen bestimmt, sondern dass ihre Handlungen bestimmen, wer sie sind und welchen Sinn ihr Leben hat (das Individuum ist frei und voll verantwortlich). Dies veranlasst den Menschen, eine Ethik der individuellen Verantwortung zu schaffen, unabhängig von äußeren Glaubenssystemen. Insgesamt strebt der Existenzialismus eine Ethik an, die über moralisierende Vorurteile hinausgeht. Alles, was der Mensch über die Welt weiß, basiert auf eigenen Erfahrungen. Die Ablehnung des Absolutismus der Welt und der Sinn der „phänomenologischen Reduktion“ präsentieren die Welt jedem in Übereinstimmung mit seinen Erfahrungen. Wenn ich die Welt verstehen will, muss ich verstehen, wer und was ich bin. Wichtige Vertreter des Existenzialismus sind Kierkegaard, Bergson, Jaspers und Buber. Vertreter der Phänomenologie sind Brentano und Husserl.

Marx und Kierkegaard im Vergleich

Sowohl Marx als auch Kierkegaard strebten eine aktive Veränderung der bestehenden sozialen Strukturen an und riefen die Menschen ihrer Zeit zu Verantwortung und Entscheidung auf. Marx (Kommunistisches Manifest) sah die Kraft der Veränderung in der Vereinigung der Menschen, um monetäre Ziele zu erreichen. Kierkegaard hingegen (und seine literarischen Werke) reduzierte die gesamte soziale Welt auf das Individuum und glaubte an die Beziehung des Menschen zu sich selbst.

Søren Kierkegaard: Angst, Wahl und Freiheit

Für Søren Kierkegaard ist der Mensch verzweifelt angesichts der Angst. Der Mensch erlebt Angst als Möglichkeit der Freiheit, die verschiedene Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet. Wahl und Entscheidung sind die wesentlichen Merkmale der menschlichen Existenz.

Martin Buber: Dialogphilosophie und Ich-Du-Beziehung

Martin Buber war ein Religionsphilosoph. Er vertrat die Ansicht, dass Juden die Notwendigkeit einer vorübergehenden schwierigen Zeit als eine Realität verstehen sollten, die sich als motivierende Kraft für die Stärke des Judentums erweisen würde. Er befürwortete die Gründung des Staates Israel, in dem Juden und Araber zusammenleben und eine gemeinsame Gesellschaft entwickeln sollten. Die fundamentale Haltung des „Führens“ ist auf Sicherheit ausgerichtet. Die Grundhaltung des „Gestaltens“ bietet die Möglichkeit, bestehende Grenzen zu verschieben, wobei Kühnheit, Gefahr und Risiko die Eigenschaften dieser Haltung sind. Im Menschen selbst sind beide Haltungen miteinander verbunden (Dualität). Die Notwendigkeit der Wahl besteht jedes Mal (wer die Macht der Richtung oder Gestaltung hat). Das „Ich“ existiert nicht isoliert, sondern im „Ich-Du“ (was die Entwicklung von Individuen und Gesellschaft fördert) und im „Ich-Es“. Er unterscheidet zwischen einer Person und dem „Selbst-Werden“. Wenn die Ich-Du-Beziehung dominiert, begreifen Menschen sich selbst durch die dauerhafte Teilnahme an einer Welt der Veränderung, d.h., sie werden zu einer Person und sagen: „Ich bin.“ Im Gegensatz dazu, wenn die Ich-Es-Existenz dominiert, repräsentieren Menschen die Welt intensiver in ihrer Orientierung und sagen: „Ich bin so“, was die Verbindung zu anderen Menschen einschränkt. Dies bedeutet nicht, dass es zwei Arten von Menschen gibt, sondern zwei Pole der Menschheit, die beide eine Rolle spielen.

Karl Jaspers: Existenz, Freiheit und Kommunikation

Karl Jaspers stellte den Menschen in den Mittelpunkt seiner Philosophie. Die Philosophie ist ein Anliegen des Menschen an sich. Er ist mehr daran interessiert, wie das menschliche Verhalten ist. Auf der Grundlage der Phänomenologie entwickelte er ein System zur Klassifizierung psychisch abweichenden Verhaltens anhand ihrer Symptome. Freiheit ist der Grundgedanke, wobei der Mensch auf der Suche nach Selbsterkenntnis seine Grenzen (Extremsituationen) kennenlernt. Das Merkmal des Menschen in extremen Situationen ist die Angst, die nicht die Unverständlichkeit seiner Existenz scheut, sondern sie beansprucht. Tod, Leiden, Kampf, Verzweiflung und Scheitern müssen als Bestandteile der Existenz verstanden werden. In dieser Freiheit versteht der Mensch sich selbst, ob er Ja oder Nein sagt. Eine Entscheidung hat den Charakter einer Aktion, denn die Freiheit zeigt sich nur durch diese existentielle Selbst-Wahl. Die Kommunikation zwischen Menschen ist ein wichtiges Merkmal des Seins und der Freiheit. Für ihn gibt es kein Gesetz der Geschichte, das den Lauf der Dinge vollständig bestimmt, sondern die Zukunft hängt von der Verantwortung für Entscheidungen und Handlungen der Menschen ab.

Martin Heidegger: Dasein und Sein zum Tode

Martin Heidegger betrachtet den Menschen aus der Perspektive, wie er sich selbst versteht. Der Mensch unterscheidet sich von einem Objekt, da er nicht nur existiert, sondern seine Existenz in Frage stellen kann und somit gleichzeitig in Beziehung zu anderen Menschen und Objekten in der Welt steht. Die Existenz ist für ihn ein „Sein zum Tode“, weil das Leben endlich ist und darauf zuläuft. Entscheidend ist die Verwirklichung des eigenen Lebens durch die Konfrontation mit der Befürchtung, dass das Leben eine Reihe von Situationen mit sich bringt, denen man sich stellen muss. Menschen können wählen und sich entscheiden. 1) Auf formaler Ebene hat der Mensch einen Spielraum an Bewegungsfreiheit, wo er Ja oder Nein sagen kann (Entscheidungsspielraum als Möglichkeit). 2) In Bezug auf den Inhalt ist der Mensch dazu „verpflichtet“, d.h., seine Existenz hat die Pflicht oder Verpflichtung, zu entscheiden und zu wählen. Die Aufgabe des Menschen ist es, sich selbst zu werden. Die Bedeutung der Angst ist ähnlich wie bei Kierkegaard.

Jean-Paul Sartre: Freiheit und Verantwortung

Jean-Paul Sartre: Die menschliche Freiheit. Der Mensch ist im Wesentlichen frei, auch wenn er sich im „Gefängnis“ befindet, denn Freiheit ist nicht unbegrenzt. Frei zu sein bedeutet, zu wählen und zu entscheiden. Das aktuelle Verhalten des Menschen wird durch ein zukünftiges (nicht vorhandenes) Ziel bestimmt. Diese Bedingung ist die wichtigste Bedingung der Freiheit. Man muss ständig für seine Freiheit kämpfen, und diese Wahl ist seine Existenz, seine Freiheit. Der Mensch wird durch Klima, Rasse, Klasse, Sprache, kollektive Geschichte und Ereignisse seines Lebens geprägt. Diese faktischen Beschränkungen für die Freiheit müssen in den eigenen Zielen und Absichten berücksichtigt werden; sie werden zu Hindernissen, wenn sie die Freiheit verletzen. Es ist wichtig, die Zukunft zu gestalten und auch die Vergangenheit zu beachten, da diese Ereignisse für die Zukunft eine Bedeutung haben. Freiheit ist auch mit unbegrenzter moralischer Verantwortung verbunden, da die individuelle Bewertung eines „Selbst“ bestimmt, ob es eine positive Bedeutung für andere Menschen hat.

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