Hydrotherapie: Wichtige Konzepte und Anwendungen
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1. Definition und Abgrenzung der Hydrotherapie
Definition der Hydrotherapie
Die Hydrotherapie leitet sich aus dem Griechischen ab: Hydor (Wasser) und therapeia (Heilung). Sie bezeichnet die äußerliche Anwendung von Wasser auf den menschlichen Körper zu therapeutischen Zwecken, wobei Wasser als Träger für thermische und mechanische Reize dient.
Unterschiede zur medizinischen Hydrologie
- Wasserart: Die Hydrotherapie verwendet Leitungswasser, während die medizinische Hydrologie (Balneologie) Heilwasser nutzt.
- Anwendungsform: Die Anwendung bei der Hydrotherapie ist ausschließlich äußerlich. Bei der medizinischen Hydrologie kann sie sowohl innerlich (z. B. Trinkkuren) als auch äußerlich erfolgen.
2. Die Auftriebskraft in der Hydrotherapie
Definition
Die Auftriebskraft ist die vertikale Kraft, die auf einen in eine Flüssigkeit eingetauchten Körper wirkt und der Schwerkraft entgegengesetzt ist.
Anwendungen
Die Auftriebskraft reduziert das effektive Körpergewicht, was eine progressive Belastungssteigerung ermöglicht:
- Bis zum Hals eingetaucht, trägt eine Person nur noch ca. 10 % ihres Körpergewichts.
- Auf Höhe der Schultern sind es ca. 30 %.
- Auf Höhe des Bauchnabels sind es ca. 50 %.
- Auf Leistenhöhe sind es ca. 80 %.
Zudem kann die Auftriebskraft Bewegungen erleichtern (in Richtung der Wasseroberfläche) oder als Widerstand dienen (gegen die Auftriebsrichtung).
3. Hydrodynamische und nicht-hydrodynamische Objekte
Ein hydrodynamisches Objekt ist so geformt, dass die Strömungslinien einer Flüssigkeit es eng anliegend umfließen. Bei einem nicht-hydrodynamischen Objekt reißen die Strömungslinien ab, was zu Verwirbelungen und einem höheren Widerstand führt.
4. Bedeutung der relativen Luftfeuchtigkeit
Die relative Luftfeuchtigkeit beschreibt das Verhältnis zwischen der tatsächlich in der Luft enthaltenen Menge an Wasserdampf und der maximal möglichen Menge bei Sättigung (100 %). Der ideale Wert liegt zwischen 50 % und 55 %. Ihre Bedeutung liegt darin, dass der menschliche Körper Wärme durch Schwitzen abgibt. Bei sehr hoher relativer Luftfeuchtigkeit ist dieser Mechanismus beeinträchtigt, da der Schweiß schlechter verdunsten kann. Dadurch wird die gefühlte Temperatur als deutlich höher wahrgenommen.
5. Die konsensuelle Reaktion
Die konsensuelle Reaktion besagt, dass die Anwendung eines thermischen Reizes auf eine Extremität eine gleichartige, aber schwächere Reaktion auf der gegenüberliegenden Extremität und generell im ganzen Körper hervorruft.
6. Die Regel nach Hauffe
Diese Regel beschreibt die Beziehung zwischen der Durchblutung der Haut und der inneren Organe. Es gibt zwei große Blutdepots:
- Inneres Blutdepot: Herz, Lunge, Leber und große Gefäße.
- Oberflächliches Blutdepot: Hautgefäße, Muskulatur, Herzkranzgefäße, Nieren und die meisten Eingeweide.
Diese beiden Depots reagieren auf thermische Reize gegensätzlich. Eine Ausnahme bilden die Muskelgefäße, die bei kurzzeitigen Reizen anders reagieren als die Hautgefäße.
7. Wirkung der Wassertemperatur auf Muskeln
Glatte Muskulatur
- Wärme wirkt entspannend.
- Kälte wirkt kontrahierend.
Quergestreifte Muskulatur
- Kurze und starke Wärme- oder Kältereize erhöhen den Muskeltonus.
- Indifferente und kalte Bäder senken den Muskeltonus.
8. Wechselbäder: Technik, Wirkung, Indikationen
Anwendungstechnik
Meist als Teilbäder (Hand- oder Fußbäder) angewendet. Es erfolgt ein Wechsel zwischen:
- Warmem Wasser (38–40 °C) für 3 Minuten (Extremität wird bewegt).
- Kaltem Wasser (15–20 °C) für 1 Minute (Extremität bleibt ruhig).
In der Regel wird mit warmem Wasser begonnen und geendet. Der gesamte Vorgang dauert ca. 19 Minuten. Am Ende sollte die Hautfarbe der behandelten Extremität der der unbehandelten entsprechen.
Wirkmechanismus
Es kommt zu einem abwechselnden Gefäßtraining (Vasokonstriktion und Vasodilatation), was die Durchblutung fördert.
Indikationen
- Verbesserung des venösen Rückflusses
- Stoffwechselanregung
- Entzündungshemmung
- Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen)
- Ödeme
- Verbesserung der Trophik (Gewebeernährung)
- Leichte periphere arterielle Verschlusskrankheit
9. Wirkung von ansteigenden und absteigenden Vollbädern
Ansteigende Vollbäder
- Erhöhung der Herzfrequenz
- Anstieg der Körpertemperatur
- Senkung des Blutdrucks
- Langanhaltende Vasodilatation (Gefäßerweiterung)
- Hyperämie (Mehrdurchblutung)
Absteigende Vollbäder
- Senkung der Herzfrequenz
- Senkung der Körpertemperatur
- Anstieg des Blutdrucks
- Progressive und anhaltende Vasokonstriktion (Gefäßverengung)
10. Whirlpool: Wirkmechanismus und Indikationen
Wirkmechanismus
Die Kombination aus warmem Wasser (führt zur Vasodilatation) und der mechanischen Wirkung der Wasserbewegung bewirkt Muskelentspannung und Hyperämie.
Indikationen
- Muskelverspannungen
- Verhärtungen
- Einschränkungen der passiven Beweglichkeit (zur Vorbereitung auf manuelle Therapie)
11. Unterschiede: Kneipp-Guss und Schottische Dusche
Kneipp-Guss: Hier wird kaltes Wasser (15–20 °C) drucklos und mit großem Volumen angewendet, sodass es sich wie ein Mantel über die Haut legt.
Schottische Dusche: Hier wird ein Wasserstrahl (oft im Wechsel warm und kalt) mit hohem Druck (3–5 atm) aus einer Entfernung von 4–6 Metern auf den Körper gerichtet.
12. Unterwasser-Galvanotherapie
Elektrodenplatzierung für Analgesie
Um eine analgetische (schmerzlindernde) Wirkung zu erzielen, wird die Anode (+) zentral und die Kathode (-) peripher platziert.
Vorteile
Der Hauptvorteil liegt in der größeren Anwendungsfläche. Dadurch wird die Behandlung angenehmer und es können höhere Stromintensitäten ohne Verbrennungsgefahr eingesetzt werden, da sich der Strom besser verteilt.
13. Druckstrahlmassage unter Wasser
Merkmale
- Druck: 1 bis 2,5 Atmosphären.
- Wassertemperatur: ca. 38 °C.
- Anwendung: Findet in einem Hubbard-Tank oder einem Vierzellenbad statt. Der Wasserstrahl wird immer unter der Wasseroberfläche appliziert.
- Behandlungsrichtung: An den Extremitäten von distal nach proximal und am Rücken von kaudal nach kranial, um den venösen Rückfluss zu unterstützen.
- Lagerung: Der Patient sollte bequem und entspannt gelagert sein.
- Vorsicht: Knochenvorsprünge und oberflächlich liegende Gefäß-Nerven-Bündel sind zu meiden.
Wirkmechanismus
Die Kombination aus warmem Wasser (periphere Vasodilatation) und der mechanischen Wirkung des Wasserstrahls erzeugt eine beruhigende, schmerzlindernde und durchblutungsfördernde (Hyperämie) Wirkung.
14. Finnische Sauna: Wirkungen und Kontraindikationen
Wirkungen
- Erhöhung der Hauttemperatur und periphere Vasodilatation.
- Starkes Schwitzen zur Wärmeabgabe, was zur Ausscheidung von Giftstoffen, Abfallprodukten und Mineralsalzen führt.
- Fördert die Ablösung abgestorbener Hautzellen.
- Erhöht die Herzfrequenz.
- Verbessert die Sauerstoffversorgung der Lunge.
- Erregung des sympathischen Nervensystems.
Kontraindikationen
- Diabetes, Herzinsuffizienz, Arteriosklerose, akuter Herzinfarkt
- Augenkrankheiten
- Akute entzündliche Phasen
- Epilepsie, Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Nierenversagen
- Anämie, Ödeme
- Dekompensierte Hypertonie (Bluthochdruck) oder Hypotonie
15. Phasen der Übungsprogression im Wasser
- Übungen mit Auftriebsunterstützung: Die Gliedmaße wird aus der Tiefe in Richtung Wasseroberfläche bewegt.
- Übungen mit Auftriebsunterstützung und -eliminierung: Die Übung wird parallel zur Wasseroberfläche ausgeführt, sodass der Auftrieb die Bewegung kaum beeinflusst.
- Übungen gegen den Auftriebswiderstand: Die Gliedmaße wird von der Wasseroberfläche in die Tiefe bewegt. Die Intensität kann durch Hebelarme, Widerstandsgeräte und Geschwindigkeit gesteigert werden.
16. Gangschulung im Wasser
Die Gangschulung im Wasser kann frühzeitig begonnen werden, da der Auftrieb das Körpergewicht reduziert.
- Anfangs werden Gewichtsverlagerungs- und Gleichgewichtsübungen durchgeführt, oft mit Festhalten an Barren.
- Mit fortschreitender Heilung wird die Wassertiefe schrittweise verringert, um die Belastung zu erhöhen.
- Im Wasser werden Hüftbeugung, Kniebeugung und die Dorsalflexion des Fußes durch den Auftrieb unterstützt, was für die Wiedererlangung eines normalen Gangbildes entscheidend ist.
17. Arten von Mineralwässern nach Herkunft
Infiltrationswasser (aus dem Wasserkreislauf)
- Entsteht an Kontaktzonen zwischen durchlässigen und undurchlässigen Bodenschichten.
- Variable Schüttung (Fördermenge).
- Temperatur unter 30 °C.
- Meist erdalkalische Mineralisierung.
Tiefenwasser (vulkanischen Ursprungs)
- Konstante Schüttung.
- Hohe Temperatur.
- Hohe Mineralisierung.
18. Therapeutische Indikationen der Med. Hydrologie
- Chronische Erkrankungen (außer solche mit unbekannter Ursache).
- Prävention und allgemeine Stärkung des Körpers.
- Psychofunktionelle Störungen.
- Steigerung der Reaktionsfähigkeit des Organismus.