Immanuel Kant: Urteile, Erkenntnis und Wissenschaft

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Immanuel Kants Erkenntnistheorie: Urteile und Wissen

Kants Projekt in der Kritik der reinen Vernunft

Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft untersucht, ob Mathematik, Physik und Metaphysik als Wissenschaften gelten können. Dazu analysiert Kant die grundlegenden Elemente des menschlichen Wissens und die Natur von Urteilen.

Ein Urteil ist eine Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat in der Form "S ist P".

Klassifikation von Urteilen

Kant unterscheidet zwei Hauptklassifikationen von Urteilen:

  1. Nach dem Verhältnis von Subjekt und Prädikat (analytisch oder synthetisch).
  2. Danach, wie sie sich auf die Erfahrung beziehen (a priori oder a posteriori).

Analytische Urteile

  • Sind Urteile, in denen das Prädikat bereits im Subjekt enthalten ist.
  • Sie sind rein formaler Natur und fügen keine neuen Erkenntnisse hinzu.
  • Beispiel: "Alle Junggesellen sind unverheiratet."
  • Analytische Urteile sind immer wahr, was durch den Grundsatz des Widerspruchs geregelt wird.
  • Keine Vorkenntnisse aus der Erfahrung sind erforderlich.
  • Sie drücken aus, was David Hume als "Beziehungen von Ideen" bezeichnete.

Synthetische Urteile

  • Sind Urteile, in denen das Prädikat nicht im Subjekt enthalten ist.
  • Beispiel: "Die Wand ist weiß."
  • Das Gegenteil ist daher denkbar.
  • Ihr Wahrheitsgehalt hängt von der Erfahrung ab.

A priori Urteile

  • Sind Urteile, die unabhängig von der Erfahrung gewonnen werden.
  • Ihr Wahrheitswert ist nicht von der Erfahrung abhängig und kann auch nicht durch sie widerlegt werden.
  • Sie sind also immer gültig, d.h. allgemeingültig und notwendig.
  • Beispiel: "3 + 4 = 7."

A posteriori Urteile

  • Sind Urteile, die aus der Erfahrung gewonnen werden.
  • Sie sind daher nicht allgemeingültig und notwendig.
  • Beispiel: "Hunde sind treu."

Vor Kant wurde die Urteils-Klassifikation nur in zwei Arten vorgenommen: analytische Urteile (die als a priori galten) und synthetische Urteile (die als a posteriori galten).

Erklärung der wissenschaftlichen Erkenntnis

Kants Frage nach dem Wissen

Kant begann seine Untersuchung mit der Frage: "Was kann ich wissen?"

Bevor diese Frage erörtert wird, muss zwischen verschiedenen Formen des Wissens unterschieden werden. Wissen im kantischen Sinne umfasst zwei Elemente: Begriffe und Anschauungen. Jedes Wissen hat die Struktur eines Urteils ("A ist B").

Formen des Wissens

  • Denken: Reines Denken, das nur Begriffe erfordert, aber keine Anschauung.
  • Wissen (Erkenntnis): Dies ist wahres und universelles Wissen.
  • Wissenschaft: Eine Wissenschaft muss zwei Bedingungen erfüllen:
    1. Sie muss unser Wissen erweitern (synthetische Urteile).
    2. Sie muss notwendige und allgemeingültige Erkenntnisse liefern (a priori Urteile).
    Deshalb müssen alle wissenschaftlichen Urteile synthetische Urteile a priori sein.

Ursprung der Erkenntnis: Empirismus vs. Rationalismus

Für Empiristen ist der Ursprung der Erkenntnis die Erfahrung. Erfahrung ist die Grenze des Wissens.

Für Rationalisten hingegen gibt es angeborene Ideen, und Wissen kann auch unabhängig von der Erfahrung erlangt werden, sogar über das hinaus, was die Erfahrung bieten kann.

Kants Synthese der Erkenntnis

Um diese beiden Denkrichtungen zu verbinden, sagt Kant, dass alles Wissen mit der Erfahrung beginnt, aber nicht alles Wissen aus ihr entspringt. Erfahrung ist demnach eine Synthese aus:

  1. Dem, was wir aus der Erfahrung wahrnehmen (das Gegebene, die Materie oder der Inhalt der Erkenntnis).
  2. Dem, was wir spontan beim Empfang von Sinneseindrücken hinzufügen (das Hinzugefügte, die Form der Erkenntnis).

Erkenntnis = Synthese von Elementen

Elemente der Erkenntnis

  • A posteriori (Materie/Inhalt der Erkenntnis): Dies ist das, was aus der Erfahrung kommt, das "Gegebene" (vom Objekt der Erkenntnis). Es ist der Ausgangspunkt des Wissens.
  • A priori (Form der Erkenntnis): Dies ist das, was unabhängig von der Erfahrung ist, das "Hinzugefügte" (vom erkennenden Subjekt). Es ist die Form des Wissens, die den "Rohstoff" des Wissens ordnet.

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