Imperialismus: Ursachen, Formen und Folgen
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Was ist Imperialismus?
Imperialismus ist definiert als die wirtschaftliche Ausbeutung und politische Kontrolle, die ein Staat über andere Gebiete oder Völker ausübt.
Etappen des Imperialismus
- Merkantilistischer Kolonialismus: Vom frühen 16. bis zum späten 18. Jahrhundert.
- Industrieller Kolonialismus: Vom frühen 19. Jahrhundert bis ca. 1870/1880.
- Hochimperialismus (Ära des Großkapitalismus): Von ca. 1870/1880 bis zum Zweiten Weltkrieg.
Ursachen des Imperialismus
- Wirtschaftlich: Bedarf an Rohstoffen, Ressourcen und neuen Märkten.
- Politisch: Nationalismus, Streben nach Macht und Prestige, strategische Vorteile.
- Ideologisch: Glaube an die Überlegenheit der eigenen Kultur ("Mission des weißen Mannes"), wissenschaftliches Interesse (Entdeckungen).
- Demografisch: Ventil für das hohe Bevölkerungswachstum in Europa (Auswanderung).
Verwaltung der Kolonien
Berliner Konferenz (1884-1885)
Die Ansprüche europäischer Mächte auf Kolonialgebiete wurden oft einseitig erhoben und durch Verträge mit einheimischen Herrschern ratifiziert. Deutschland zeigte, dass es möglich war, ein Territorium effektiv zu beanspruchen, ohne es vollständig militärisch zu besetzen. Dies beunruhigte die anderen Mächte. Angesichts der zunehmenden Konflikte wurde die Berliner Konferenz (1884-1885) einberufen, um Regeln für die Aufteilung Afrikas festzulegen.
Wettlauf um Afrika
Die Berliner Konferenz gab den Startschuss für einen noch erbitterteren Wettlauf der Mächte um Kolonialbesitz. Die Staaten standen sich aufgrund der zunehmenden Knappheit an noch nicht beanspruchtem Land und kollidierender Interessen feindselig gegenüber.
Die Kolonisation stieß auch auf den Widerstand der Einheimischen. Dieser Widerstand legte oft die Grundlagen für den aufkommenden Nationalstolz im 20. Jahrhundert und die politischen Bewegungen, die später zur Unabhängigkeit führen sollten.
Formen der Kolonialherrschaft
Kolonien
Gebiete, die direkt von Beamten regiert wurden, welche von der Kolonialmacht ernannt wurden. Die einheimischen Strukturen wurden weitgehend entmachtet.
Protektorate
Gebiete, in denen die einheimische Regierung für interne Aspekte zuständig blieb, jedoch unter der Aufsicht der Besatzungsmacht stand und dieser unterstellt war (Außenpolitik, Militär).
Überseegebiete (Frankreich)
Ein von Frankreich angewandtes System, bei dem Kolonien stärker in den französischen Staat integriert werden sollten.
Dominions (Großbritannien)
Ein britisches System (angewandt z.B. in Kanada, Australien, Neuseeland), das den Siedlerkolonien eine weitgehende Selbstverwaltung gewährte.
Konzessionen
Politisch abhängige Gebiete, in denen die einheimische Regierung fremden Mächten bestimmte wirtschaftliche Rechte (z.B. Handel, Bergbau) oder Pachtgebiete überließ.
Aufteilung Afrikas
Westküste
Hier existierten bereits seit Längerem einige europäische Handelsniederlassungen, die hauptsächlich Sklavenhandel betrieben, aber meist ohne direkte politische Kontrolle über das Hinterland.
Mittelmeerküste
Frankreich besaß Algerien als Siedlungskolonie und expandierte von dort aus nach Marokko und Tunesien. Die Eröffnung des Suezkanals 1869 erhöhte die strategische Bedeutung der Region (Ägypten geriet unter britischen Einfluss).
Südliches Afrika
Die Briten übernahmen 1815 die Kapkolonie, die im 17. Jahrhundert von niederländischen Siedlern (Buren) gegründet worden war. Konflikte zwischen Briten und Buren sowie mit afrikanischen Völkern (z.B. Zulu) prägten die Region.
Beschlüsse der Berliner Konferenz
- Freie Schifffahrt auf den Flüssen Kongo und Niger.
- Freihandel in Zentralafrika.
- Die Schaffung eines "Kongo-Freistaats" unter der persönlichen Herrschaft Leopolds II. von Belgien.
- Das Prinzip der effektiven Okkupation: Nur die tatsächliche Besetzung und Verwaltung eines Gebietes, nicht nur dessen Erkundung oder die Errichtung einzelner Stützpunkte, begründete einen gültigen Anspruch auf Souveränität.
Kolonialismus in Asien
Auf dem asiatischen Kontinent hatten viele Staaten eine stärkere politische Organisation als in Afrika. Dies ermöglichte es ihnen teilweise, den Kolonialmächten zu widerstehen, sich ihnen entgegenzustellen oder (wie im Fall von Japan) selbst zu einer imperialistischen Macht zu werden.
Großbritannien in Asien
Großbritannien kontrollierte wichtige Gebiete wie Indien (die "Perle des Empire", nach dem Sepoy-Aufstand 1857 direkt der Krone unterstellt), Burma, Malakka und Stützpunkte in China (z.B. Hongkong).
Auswirkungen auf indigene Völker
Soziale Hierarchie
In der neuen kolonialen Gesellschaft nahmen Europäer (Militärs, Verwaltungsbeamte, Siedler) die privilegierten Positionen ein.
Kollaboration
Eine kleine einheimische Elite kooperierte oft mit den Kolonisatoren, teilte die Macht auf untergeordneter Ebene, ahmte den europäischen Lebensstil nach und schickte ihre Kinder zum Studium in die Metropolen.
Unterdrückung
Die große Masse der einheimischen Bevölkerung besaß keine politischen oder sozialen Rechte und wurde wirtschaftlich ausgebeutet.
Folgen der Kolonialisierung
Geografische Veränderungen
Der Bau von Infrastruktur (Brücken, Straßen, Eisenbahnen) für den Abtransport von Rohstoffen, verbunden mit Abholzung und der Anlage von Plantagen, veränderte die Landschaften tiefgreifend.
Künstliche Grenzen & Instabilität
Die koloniale Aufteilung zog willkürliche Grenzen, die oft ethnische Gruppen und traditionelle Herrschaftsgebiete zerschnitten oder zusammenzwangen. Dies schuf Konfliktpotenzial und Instabilität, die oft bis heute nachwirken.
Wirtschaftliche Ausbeutung
Es entstand eine Dualwirtschaft: Eine traditionelle Subsistenzwirtschaft existierte neben einer modernen, exportorientierten Wirtschaft (Plantagen, Bergbau), die auf die Bedürfnisse der Metropole ausgerichtet war und oft auf Monokulturen basierte.
Demografische Veränderungen
Die Einführung westlicher Medizin senkte die Sterblichkeitsraten, was zusammen mit den veränderten Wirtschaftsstrukturen zu einem starken Bevölkerungswachstum und teilweise zum Zusammenbruch des traditionellen Gleichgewichts zwischen Bevölkerung und Ressourcen führte.
Sozialer Wandel
Traditionelle soziale Strukturen, Hierarchien und Lebensweisen wurden durch die von den Kolonisatoren aufgezwungenen neuen Modelle und Gesetze zerstört oder verändert.
Kultureller Wandel (Akkulturation)
Der Einfluss der westlichen Kultur (Sprache, Bildung, Religion, Werte) führte zum Phänomen der Akkulturation. Dies untergrub oder zerstörte die Identität indigener Kulturen, Traditionen und religiöser Überzeugungen.
Geografische Expansion
Zwischen dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert konzentrierten sich die kolonialen Rivalitäten hauptsächlich auf Afrika und Asien. Großbritannien und Frankreich errichteten die größten Imperien. Deutschland, Belgien und Italien, die zuvor keine bedeutenden Kolonialreiche besessen hatten, begannen ihre imperialistische Expansion ebenfalls in dieser Zeit, vor allem in Afrika.
Widerstand und Aufstände
Boxeraufstand (China, 1900)
Eine nationalistische Bewegung ("Boxer"), die sich gegen den wachsenden politischen und wirtschaftlichen Einfluss ausländischer Mächte in China richtete. Der Aufstand wurde von einer internationalen Allianz niedergeschlagen.
Zulukrieg (Südafrika, 1879)
Konflikt zwischen dem britischen Empire und dem Königreich der Zulu. Trotz anfänglicher Erfolge der Zulu wurden diese besiegt und ihr Land geriet unter britische Kontrolle.
Māori-Kriege (Neuseeland, ca. 1845-1872)
Serie von Konflikten zwischen den indigenen Māori und den britischen Siedlern bzw. der Kolonialregierung um Landrechte und Souveränität. Die Māori verloren große Teile ihres Landes.
Sepoy-Aufstand (Indien, 1857)
Ein großer Aufstand indischer Soldaten (Sepoys) in der Armee der Britischen Ostindien-Kompanie gegen die britische Herrschaft. Der Aufstand wurde niedergeschlagen und führte zur Auflösung der Kompanie und zur direkten Übernahme der Herrschaft durch die britische Krone.
Glossar
Tarif (Zoll)
Eine Abgabe auf importierte Waren. Dient als staatliche Einnahmequelle und/oder zum Schutz der heimischen Produktion vor ausländischer Konkurrenz.
Protektionismus
Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt, den heimischen Markt eines Landes vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, z.B. durch Zölle oder Einfuhrbeschränkungen.
Liberalismus (Wirtschaftsliberalismus)
Wirtschaftspolitik, die den freien internationalen Handel ohne Zölle oder andere staatliche Hemmnisse befürwortet, da dies als vorteilhaft für alle beteiligten Länder angesehen wird.
Akkulturation
Prozess der kulturellen Veränderung, der eintritt, wenn Gruppen mit unterschiedlichen Kulturen in direkten Kontakt treten, wobei eine Gruppe (oft die unterlegene) Kulturelemente der anderen übernimmt.
Protektorat (Modell)
Koloniales Herrschaftsmodell: Die Kolonialmacht kontrolliert Außenpolitik und Verteidigung, während eine einheimische Regierung (unter Aufsicht) für innere Angelegenheiten zuständig bleibt.
Kolonie (Modell)
Koloniales Herrschaftsmodell: Die Kolonialmacht verwaltet ein Gebiet direkt durch eigene Beamte und Institutionen; einheimische Herrschaftsstrukturen verlieren ihre Macht.