Indossament, Abtretung & Aval im Wechselrecht

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Abtretung vs. Indossament von Forderungen

Grundlegende Unterschiede

  • Abtretung (Zession): Übertragung einer Forderung durch Vertrag (z.B. § 398 BGB). Der neue Gläubiger (Zessionar) erwirbt die Forderung mit allen Nebenrechten, aber auch allen Einwendungen, die dem Schuldner gegen den alten Gläubiger (Zedent) zustanden.
  • Indossament: Übertragung eines Orderpapiers (z.B. Wechsel, Orderscheck) durch einen Vermerk auf dem Papier selbst. Es erleichtert die Übertragung und schützt den gutgläubigen Erwerber.

Autonomie und Abstraktion (beim Indossament)

  • Der Indossatar erwirbt das Recht aus dem Papier grundsätzlich unabhängig von der Gültigkeit des zugrundeliegenden Geschäfts (Abstraktion).
  • Ein gutgläubiger Erwerber ist vor persönlichen Einwendungen des Schuldners geschützt, die diesem gegen frühere Inhaber zustanden (Ausschluss persönlicher Einwendungen, Art. 17 WG).

Haftung bei Abtretung

  • Der Zedent (alter Gläubiger) haftet dem Zessionar (neuer Gläubiger) nur für den Bestand der Forderung (Veritätshaftung, § 404 BGB analog), nicht für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners (Bonität).
  • Der Schuldner kann dem Zessionar alle Einwendungen entgegenhalten, die er gegen den Zedenten hatte (§ 404 BGB).

Haftung bei Indossament

  • Der Indossant haftet dem Indossatar (und jedem späteren Inhaber) für die Annahme und Zahlung des Wechsels, sofern er die Haftung nicht ausgeschlossen hat (Art. 15 WG). Er haftet also auch für die Bonität.
  • Persönliche Einwendungen sind gegenüber dem gutgläubigen Indossatar ausgeschlossen (Art. 17 WG).

Sonderfälle bei Übertragungsvermerken

  • "Indossament" mit zivilrechtlicher Wirkung: Bestimmte Vermerke können trotz der Bezeichnung wie eine Abtretung wirken:
  • Rektaindossament: Ein Indossament mit dem Zusatz "nicht an Order" oder einem gleichbedeutenden Vermerk überträgt das Papier nur mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Abtretung (Art. 11 Abs. 2 WG).
  • Indossament nach Protest mangels Zahlung: Wirkt ebenfalls nur wie eine Abtretung (Art. 20 Abs. 1 WG).

Ort des Indossaments

  • Auf der Rückseite: Die bloße Unterschrift des Indossanten genügt (Blankoindossament).
  • Auf der Vorderseite: Erfordert neben der Unterschrift einen ausdrücklichen Indossamentsvermerk (z.B. "für mich an Order von X"). Eine bloße Unterschrift auf der Vorderseite gilt nicht als Indossament (könnte z.B. ein Aval sein).

Arten von Indossamenten

  • Blankoindossament: Nennt keinen Indossatar. Der Inhaber kann es weitergeben, selbst ausfüllen oder den Wechsel ohne weiteres Indossament übertragen (Art. 14 Abs. 2 WG).
  • Vollindossament: Benennt den Indossatar (z.B. "für mich an Order von Peter Müller").
  • Prokuraindossament (Inkassoindossament): Enthält einen Zusatz wie "Wert zum Einzug", "zum Inkasso" (Art. 18 WG). Überträgt nur die Befugnis, die Rechte aus dem Wechsel geltend zu machen, nicht das Eigentum am Papier. Der Indossatar kann nur Einwendungen geltend machen, die auch dem Indossanten zustünden.
  • Pfandindossament: Enthält einen Zusatz wie "Wert zur Sicherheit", "Wert zum Pfande" (Art. 19 WG). Überträgt das Papier zur Sicherung einer Forderung. Der Indossatar kann die Rechte aus dem Wechsel geltend machen, aber ein von ihm ausgestelltes Indossament gilt nur als Prokuraindossament. Einwendungen gegen den Indossanten sind nur bei Arglist des Indossatars möglich.

Aval (Wechselbürgschaft)

Konzept

  • Das Aval ist eine wechselrechtliche Sicherungsleistung, durch die sich eine Person (Avalgeber) verpflichtet, für die Erfüllung einer Wechselverbindlichkeit eines anderen (Avalnehmer oder Begünstigter) einzustehen (Art. 30-32 WG).
  • Es ähnelt der Bürgschaft im Zivilrecht, ist aber nicht akzessorisch, sondern eine eigenständige, abstrakte Wechselverbindlichkeit.

Beteiligte

  • Avalgeber: Derjenige, der die Bürgschaft leistet.
  • Avalnehmer (Begünstigter): Der Wechselschuldner, für dessen Verbindlichkeit gebürgt wird.

Aval vor Akzept

  • Ein Aval kann auch für den Bezogenen geleistet werden, bevor dieser den Wechsel akzeptiert hat.

Haftung des Avalgebers

  • Der Avalgeber haftet in derselben Weise wie derjenige, für den er gebürgt hat (Art. 32 Abs. 1 WG).
  • Seine Verpflichtung ist gültig, auch wenn die Verbindlichkeit, für die er gebürgt hat, aus einem anderen Grunde als wegen eines Formfehlers nichtig ist (Art. 32 Abs. 2 WG). Dies unterstreicht die Selbstständigkeit der Avalverpflichtung im Gegensatz zur Akzessorietät der BGB-Bürgschaft.
  • Der Avalgeber haftet selbstschuldnerisch und hat nicht die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB), die dem normalen Bürgen zusteht.

Blankoaval und Vollaval

  • Blankoaval: Ohne Angabe des Avalnehmers. Gilt im Zweifel für den Aussteller des Wechsels (Art. 31 Abs. 2 Satz 3 WG).
  • Vollaval: Benennt den Avalnehmer (z.B. "per Aval für Peter Müller").

Ort des Avals

  • Auf der Vorderseite: Die bloße Unterschrift auf der Vorderseite des Wechsels gilt als Aval, sofern es sich nicht um die Unterschrift des Ausstellers oder des Bezogenen handelt (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 WG).
  • Auf der Rückseite: Erfordert neben der Unterschrift einen Zusatz wie "als Bürge", "per Aval" oder einen gleichbedeutenden Vermerk.

Unterschied Aval (Wechselrecht) vs. Bürgschaft (BGB)

  • Aval: Selbstständige, abstrakte Verpflichtung aus dem Wechselrecht. Keine Akzessorietät. Keine Einrede der Vorausklage. Form: Vermerk auf dem Wechsel.
  • Bürgschaft (§ 765 ff. BGB): Akzessorische Verpflichtung, abhängig vom Bestand der Hauptschuld. Grundsätzlich Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB). Form: Schriftform (§ 766 BGB).

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